Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 1. Berlin, [1871].neten sich in dem s. g. Stelzenkrug am Alexanderplatze (Streckfuß Berlin seit 600 Jahren, 4, 48), doch habe ich nicht unterlassen wollen, auch die Tradition der Brüderstraße hier aufzuzeichnen. Nicolai hatte sein neues Haus im Jahre 1787 mit allem Luxus der damaligen Zeit eingerichtet. In den noch vorhandenen Rechnungen finden sich Möbel, die wir kaum dem Namen nach kennen: Etageren, Bergeren, Torcheren, Gueridons u. a. Nicolai machte es nun zum Sitze der ausgedehntesten Gastfreundschaft. Da sein Ruf sich durch ganz Deutschland verbreitete, so reiste nicht leicht ein fremder Gelehrter durch Berlin, ohne Nicolai zu besuchen. Einige ließen sich bei ihm persönlich melden, andre begnügten sich, um die kostbare Zeit des vielbeschäftigten Mannes nicht zu sehr in Anspruch zu nehmen, ihre Karten in der Buchhandlung, welche zu ebner Erde eingerichtet war, abzugeben. Ein Gehülfe der Buchhandlung hatte das Nebenamt, darüber ordentliche Listen anzufertigen, welche Freitags dem Principale vorgelegt wurden; er strich diejenigen Personen an, die am Sonnabende eingeladen werden sollten, und fast alle Sonntage versammelte ein glänzender Mittagstisch die alten und neuen Gäste. Waren fremde Dichter zu bewirthen, so wurden von den Berlinern Ramler, Göckingk, die Karschin zugezogen; für die Philosophen war Moses Mendelssohn eine anziehende Persönlichkeit; die Pädagogen schaarten sich um Gedike und v. Rochow, die Bibliophilen um Biester und Oelrichs; für die Theologen hatten Teller, Zollikofer, Zöllner einzustehn; für die Mediziner Theden und Selle; die Aesthetiker waren durch Engel repräsentirt, die Juristen durch Suarez und Klein; von den Musikern wurden Fasch und Zelter auf- neten sich in dem s. g. Stelzenkrug am Alexanderplatze (Streckfuß Berlin seit 600 Jahren, 4, 48), doch habe ich nicht unterlassen wollen, auch die Tradition der Brüderstraße hier aufzuzeichnen. Nicolai hatte sein neues Haus im Jahre 1787 mit allem Luxus der damaligen Zeit eingerichtet. In den noch vorhandenen Rechnungen finden sich Möbel, die wir kaum dem Namen nach kennen: Etageren, Bergeren, Torcheren, Gueridons u. a. Nicolai machte es nun zum Sitze der ausgedehntesten Gastfreundschaft. Da sein Ruf sich durch ganz Deutschland verbreitete, so reiste nicht leicht ein fremder Gelehrter durch Berlin, ohne Nicolai zu besuchen. Einige ließen sich bei ihm persönlich melden, andre begnügten sich, um die kostbare Zeit des vielbeschäftigten Mannes nicht zu sehr in Anspruch zu nehmen, ihre Karten in der Buchhandlung, welche zu ebner Erde eingerichtet war, abzugeben. Ein Gehülfe der Buchhandlung hatte das Nebenamt, darüber ordentliche Listen anzufertigen, welche Freitags dem Principale vorgelegt wurden; er strich diejenigen Personen an, die am Sonnabende eingeladen werden sollten, und fast alle Sonntage versammelte ein glänzender Mittagstisch die alten und neuen Gäste. Waren fremde Dichter zu bewirthen, so wurden von den Berlinern Ramler, Göckingk, die Karschin zugezogen; für die Philosophen war Moses Mendelssohn eine anziehende Persönlichkeit; die Pädagogen schaarten sich um Gedike und v. Rochow, die Bibliophilen um Biester und Oelrichs; für die Theologen hatten Teller, Zollikofer, Zöllner einzustehn; für die Mediziner Theden und Selle; die Aesthetiker waren durch Engel repräsentirt, die Juristen durch Suarez und Klein; von den Musikern wurden Fasch und Zelter auf- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0048" n="36"/> neten sich in dem s. g. Stelzenkrug am Alexanderplatze (Streckfuß Berlin seit 600 Jahren, 4, 48), doch habe ich nicht unterlassen wollen, auch die Tradition der Brüderstraße hier aufzuzeichnen. </p><lb/> <p>Nicolai hatte sein neues Haus im Jahre 1787 mit allem Luxus der damaligen Zeit eingerichtet. In den noch vorhandenen Rechnungen finden sich Möbel, die wir kaum dem Namen nach kennen: Etageren, Bergeren, Torcheren, Gueridons u. a. Nicolai machte es nun zum Sitze der ausgedehntesten Gastfreundschaft. Da sein Ruf sich durch ganz Deutschland verbreitete, so reiste nicht leicht ein fremder Gelehrter durch Berlin, ohne Nicolai zu besuchen. Einige ließen sich bei ihm persönlich melden, andre begnügten sich, um die kostbare Zeit des vielbeschäftigten Mannes nicht zu sehr in Anspruch zu nehmen, ihre Karten in der Buchhandlung, welche zu ebner Erde eingerichtet war, abzugeben. Ein Gehülfe der Buchhandlung hatte das Nebenamt, darüber ordentliche Listen anzufertigen, welche Freitags dem Principale vorgelegt wurden; er strich diejenigen Personen an, die am Sonnabende eingeladen werden sollten, und fast alle Sonntage versammelte ein glänzender Mittagstisch die alten und neuen Gäste. Waren fremde Dichter zu bewirthen, so wurden von den Berlinern Ramler, Göckingk, die Karschin zugezogen; für die Philosophen war Moses Mendelssohn eine anziehende Persönlichkeit; die Pädagogen schaarten sich um Gedike und v. Rochow, die Bibliophilen um Biester und Oelrichs; für die Theologen hatten Teller, Zollikofer, Zöllner einzustehn; für die Mediziner Theden und Selle; die Aesthetiker waren durch Engel repräsentirt, die Juristen durch Suarez und Klein; von den Musikern wurden Fasch und Zelter auf- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [36/0048]
neten sich in dem s. g. Stelzenkrug am Alexanderplatze (Streckfuß Berlin seit 600 Jahren, 4, 48), doch habe ich nicht unterlassen wollen, auch die Tradition der Brüderstraße hier aufzuzeichnen.
Nicolai hatte sein neues Haus im Jahre 1787 mit allem Luxus der damaligen Zeit eingerichtet. In den noch vorhandenen Rechnungen finden sich Möbel, die wir kaum dem Namen nach kennen: Etageren, Bergeren, Torcheren, Gueridons u. a. Nicolai machte es nun zum Sitze der ausgedehntesten Gastfreundschaft. Da sein Ruf sich durch ganz Deutschland verbreitete, so reiste nicht leicht ein fremder Gelehrter durch Berlin, ohne Nicolai zu besuchen. Einige ließen sich bei ihm persönlich melden, andre begnügten sich, um die kostbare Zeit des vielbeschäftigten Mannes nicht zu sehr in Anspruch zu nehmen, ihre Karten in der Buchhandlung, welche zu ebner Erde eingerichtet war, abzugeben. Ein Gehülfe der Buchhandlung hatte das Nebenamt, darüber ordentliche Listen anzufertigen, welche Freitags dem Principale vorgelegt wurden; er strich diejenigen Personen an, die am Sonnabende eingeladen werden sollten, und fast alle Sonntage versammelte ein glänzender Mittagstisch die alten und neuen Gäste. Waren fremde Dichter zu bewirthen, so wurden von den Berlinern Ramler, Göckingk, die Karschin zugezogen; für die Philosophen war Moses Mendelssohn eine anziehende Persönlichkeit; die Pädagogen schaarten sich um Gedike und v. Rochow, die Bibliophilen um Biester und Oelrichs; für die Theologen hatten Teller, Zollikofer, Zöllner einzustehn; für die Mediziner Theden und Selle; die Aesthetiker waren durch Engel repräsentirt, die Juristen durch Suarez und Klein; von den Musikern wurden Fasch und Zelter auf-
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