Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].wurde, war kaum zu vermeiden. So setzte Ludwig uns eines Tages Cahors vor, und Fritz hatte von dem schweren französischen Weine viel genossen. Wir gingen ganz wohlgemuth an dem lauen Sommerabend den weiten Weg nach der Blumenstraße und kamen ziemlich ernüchtert an. Die Aeltern waren noch auf, schickten uns indessen "wegen unserer gläsernen Augen" gleich zu Bette. Ich schlief bald ein, hörte jedoch in der Nacht, wie Fritz durch gewaltsame antiperistaltische Bewegungen des Magens sich des zu viel genossenen Weines entledigte. Die besorgte Mutter kam mit Licht aus dem Nebenzimmer, und erschrak heftig, als sie das ganze Bett dunkelroth überströmt sah, weil sie glaubte, Fritz sei von einem Blutsturz befallen. Sie ließ gleich Kamillenthee machen, und brachte ihm selbst eine Tasse. Ich danke, ich danke, Frau Hofräthin, lallte Fritz, zwischen Tod und Leben schwankend. Ei was, rief sie sehr erzürnt, du hättest danken sollen, als man dir den schweren Cahors anbot. Nach diesem tragikomischen Vorfalle dauerte es einige Zeit, bis wir die erneuerte Einladung des allzu mittheilsamen Freundes annehmen durften. Ludwigs Natur war edel, großmüthig, freigebig, aus seinen schönen braunen Augen blickte Geist und Wohlwollen. Am liebsten unterhielten wir uns von den Reisen nach fernen Ländern, die wir in reiferen Jahren machen wollten. Das Hauptziel unserer Wünsche war Italien, für das wir mit gleicher Begeisterung schwärmten. Ein großes Vergnügen gewährte es uns, für Paul, der nur knapp von seinen Privatstunden lebte, aus unserem Taschengelde etwas nützliches, z. B. ein paar Stiefeln, eine Halsbinde oder dergleichen anzuschaffen. Ludwig war unerschöpf- wurde, war kaum zu vermeiden. So setzte Ludwig uns eines Tages Cahors vor, und Fritz hatte von dem schweren französischen Weine viel genossen. Wir gingen ganz wohlgemuth an dem lauen Sommerabend den weiten Weg nach der Blumenstraße und kamen ziemlich ernüchtert an. Die Aeltern waren noch auf, schickten uns indessen „wegen unserer gläsernen Augen“ gleich zu Bette. Ich schlief bald ein, hörte jedoch in der Nacht, wie Fritz durch gewaltsame antiperistaltische Bewegungen des Magens sich des zu viel genossenen Weines entledigte. Die besorgte Mutter kam mit Licht aus dem Nebenzimmer, und erschrak heftig, als sie das ganze Bett dunkelroth überströmt sah, weil sie glaubte, Fritz sei von einem Blutsturz befallen. Sie ließ gleich Kamillenthee machen, und brachte ihm selbst eine Tasse. Ich danke, ich danke, Frau Hofräthin, lallte Fritz, zwischen Tod und Leben schwankend. Ei was, rief sie sehr erzürnt, du hättest danken sollen, als man dir den schweren Cahors anbot. Nach diesem tragikomischen Vorfalle dauerte es einige Zeit, bis wir die erneuerte Einladung des allzu mittheilsamen Freundes annehmen durften. Ludwigs Natur war edel, großmüthig, freigebig, aus seinen schönen braunen Augen blickte Geist und Wohlwollen. Am liebsten unterhielten wir uns von den Reisen nach fernen Ländern, die wir in reiferen Jahren machen wollten. Das Hauptziel unserer Wünsche war Italien, für das wir mit gleicher Begeisterung schwärmten. Ein großes Vergnügen gewährte es uns, für Paul, der nur knapp von seinen Privatstunden lebte, aus unserem Taschengelde etwas nützliches, z. B. ein paar Stiefeln, eine Halsbinde oder dergleichen anzuschaffen. Ludwig war unerschöpf- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0164" n="156"/> wurde, war kaum zu vermeiden. So setzte Ludwig uns eines Tages Cahors vor, und Fritz hatte von dem schweren französischen Weine viel genossen. Wir gingen ganz wohlgemuth an dem lauen Sommerabend den weiten Weg nach der Blumenstraße und kamen ziemlich ernüchtert an. Die Aeltern waren noch auf, schickten uns indessen „wegen unserer gläsernen Augen“ gleich zu Bette. Ich schlief bald ein, hörte jedoch in der Nacht, wie Fritz durch gewaltsame antiperistaltische Bewegungen des Magens sich des zu viel genossenen Weines entledigte. Die besorgte Mutter kam mit Licht aus dem Nebenzimmer, und erschrak heftig, als sie das ganze Bett dunkelroth überströmt sah, weil sie glaubte, Fritz sei von einem Blutsturz befallen. Sie ließ gleich Kamillenthee machen, und brachte ihm selbst eine Tasse. Ich danke, ich danke, Frau Hofräthin, lallte Fritz, zwischen Tod und Leben schwankend. Ei was, rief sie sehr erzürnt, du hättest danken sollen, als man dir den schweren Cahors anbot. Nach diesem tragikomischen Vorfalle dauerte es einige Zeit, bis wir die erneuerte Einladung des allzu mittheilsamen Freundes annehmen durften. </p><lb/> <p>Ludwigs Natur war edel, großmüthig, freigebig, aus seinen schönen braunen Augen blickte Geist und Wohlwollen. Am liebsten unterhielten wir uns von den Reisen nach fernen Ländern, die wir in reiferen Jahren machen wollten. 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wurde, war kaum zu vermeiden. So setzte Ludwig uns eines Tages Cahors vor, und Fritz hatte von dem schweren französischen Weine viel genossen. Wir gingen ganz wohlgemuth an dem lauen Sommerabend den weiten Weg nach der Blumenstraße und kamen ziemlich ernüchtert an. Die Aeltern waren noch auf, schickten uns indessen „wegen unserer gläsernen Augen“ gleich zu Bette. Ich schlief bald ein, hörte jedoch in der Nacht, wie Fritz durch gewaltsame antiperistaltische Bewegungen des Magens sich des zu viel genossenen Weines entledigte. Die besorgte Mutter kam mit Licht aus dem Nebenzimmer, und erschrak heftig, als sie das ganze Bett dunkelroth überströmt sah, weil sie glaubte, Fritz sei von einem Blutsturz befallen. Sie ließ gleich Kamillenthee machen, und brachte ihm selbst eine Tasse. Ich danke, ich danke, Frau Hofräthin, lallte Fritz, zwischen Tod und Leben schwankend. Ei was, rief sie sehr erzürnt, du hättest danken sollen, als man dir den schweren Cahors anbot. Nach diesem tragikomischen Vorfalle dauerte es einige Zeit, bis wir die erneuerte Einladung des allzu mittheilsamen Freundes annehmen durften.
Ludwigs Natur war edel, großmüthig, freigebig, aus seinen schönen braunen Augen blickte Geist und Wohlwollen. Am liebsten unterhielten wir uns von den Reisen nach fernen Ländern, die wir in reiferen Jahren machen wollten. Das Hauptziel unserer Wünsche war Italien, für das wir mit gleicher Begeisterung schwärmten. Ein großes Vergnügen gewährte es uns, für Paul, der nur knapp von seinen Privatstunden lebte, aus unserem Taschengelde etwas nützliches, z. B. ein paar Stiefeln, eine Halsbinde oder dergleichen anzuschaffen. Ludwig war unerschöpf-
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