Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].Von diesen 18 Kampfgenossen sind mir folgende im Gedächtnisse geblieben: von Dechen. Er widmete sich als Student mit ungewöhnlichem Eifer der Mineralogie und dem Bergbau. Im Verein mit seinem Freunde von Oeynbausen lieferte er später die erste vollständige geognostische Karte von Deutschland und den angränzenden Ländern, die bei ihrem Erscheinen von allen Facbgenossen mit ungetheiltem Beifall begrüßt ward. In der bergmännischen Verwaltung stieg er von Stufe zu Stufe, ward zuletzt Oberberghauptmann der ganzen Rheinprovinz, und lebt jetzt (1868) als hochgeachteter Emeritus in Bonn. Grasnick. In ihm hielten die Neigungen zur Theologie und zur Musik sich immerfort die Wagschale, ohne daß die eine oder die andre das Uebergewicht gewinnen konnte. Er war von Natur sehr empfindlich; dies hatte Paul ihm bald abgemerkt, und wurde daher nicht müde, ihn durch alle Arten von Spottgedichten zu necken, was zu den heitersten Vorkomnissen Veranlassung gab. Grasnick hatte eine solche Angst vor dem Abiturientenexamen, daß er das ganze Conversationslexikon, damals erst 6 oder 8 Kleinoctavbände, auf dem Regal unter seinem Platze verbarg, um nöthigen Falles daraus schöpfen zu können. Durch den Tod seiner Aeltern in den frühen Besitz eines ausreichenden Vermögens gesetzt, lebte er ganz seinen Liebhabereien, ohne einem bestimmten Berufe sich zu widmen. Bald schaffte er theologische Bücher an, und hielt irgendwo eine sorgfältig ausgearbeitete Gastpredigt, bald kaufte er seltne Musikalien, und freute sich, daß kein andrer sie besaß als er, bald füllte er seine Zimmer mit künstlichen Uhren und anderen theuern Unnützigkeiten. Zum Hei- Von diesen 18 Kampfgenossen sind mir folgende im Gedächtnisse geblieben: von Dechen. Er widmete sich als Student mit ungewöhnlichem Eifer der Mineralogie und dem Bergbau. Im Verein mit seinem Freunde von Oeynbausen lieferte er später die erste vollständige geognostische Karte von Deutschland und den angränzenden Ländern, die bei ihrem Erscheinen von allen Facbgenossen mit ungetheiltem Beifall begrüßt ward. In der bergmännischen Verwaltung stieg er von Stufe zu Stufe, ward zuletzt Oberberghauptmann der ganzen Rheinprovinz, und lebt jetzt (1868) als hochgeachteter Emeritus in Bonn. Grasnick. In ihm hielten die Neigungen zur Theologie und zur Musik sich immerfort die Wagschale, ohne daß die eine oder die andre das Uebergewicht gewinnen konnte. Er war von Natur sehr empfindlich; dies hatte Paul ihm bald abgemerkt, und wurde daher nicht müde, ihn durch alle Arten von Spottgedichten zu necken, was zu den heitersten Vorkomnissen Veranlassung gab. Grasnick hatte eine solche Angst vor dem Abiturientenexamen, daß er das ganze Conversationslexikon, damals erst 6 oder 8 Kleinoctavbände, auf dem Regal unter seinem Platze verbarg, um nöthigen Falles daraus schöpfen zu können. Durch den Tod seiner Aeltern in den frühen Besitz eines ausreichenden Vermögens gesetzt, lebte er ganz seinen Liebhabereien, ohne einem bestimmten Berufe sich zu widmen. Bald schaffte er theologische Bücher an, und hielt irgendwo eine sorgfältig ausgearbeitete Gastpredigt, bald kaufte er seltne Musikalien, und freute sich, daß kein andrer sie besaß als er, bald füllte er seine Zimmer mit künstlichen Uhren und anderen theuern Unnützigkeiten. Zum Hei- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p> <pb facs="#f0212" n="204"/> </p><lb/> <p>Von diesen 18 Kampfgenossen sind mir folgende im Gedächtnisse geblieben: </p><lb/> <p>von Dechen. Er widmete sich als Student mit ungewöhnlichem Eifer der Mineralogie und dem Bergbau. 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Grasnick hatte eine solche Angst vor dem Abiturientenexamen, daß er das ganze Conversationslexikon, damals erst 6 oder 8 Kleinoctavbände, auf dem Regal unter seinem Platze verbarg, um nöthigen Falles daraus schöpfen zu können. Durch den Tod seiner Aeltern in den frühen Besitz eines ausreichenden Vermögens gesetzt, lebte er ganz seinen Liebhabereien, ohne einem bestimmten Berufe sich zu widmen. Bald schaffte er theologische Bücher an, und hielt irgendwo eine sorgfältig ausgearbeitete Gastpredigt, bald kaufte er seltne Musikalien, und freute sich, daß kein andrer sie besaß als er, bald füllte er seine Zimmer mit künstlichen Uhren und anderen theuern Unnützigkeiten. Zum Hei- </p> </div> </body> </text> </TEI> [204/0212]
Von diesen 18 Kampfgenossen sind mir folgende im Gedächtnisse geblieben:
von Dechen. Er widmete sich als Student mit ungewöhnlichem Eifer der Mineralogie und dem Bergbau. Im Verein mit seinem Freunde von Oeynbausen lieferte er später die erste vollständige geognostische Karte von Deutschland und den angränzenden Ländern, die bei ihrem Erscheinen von allen Facbgenossen mit ungetheiltem Beifall begrüßt ward. In der bergmännischen Verwaltung stieg er von Stufe zu Stufe, ward zuletzt Oberberghauptmann der ganzen Rheinprovinz, und lebt jetzt (1868) als hochgeachteter Emeritus in Bonn.
Grasnick. In ihm hielten die Neigungen zur Theologie und zur Musik sich immerfort die Wagschale, ohne daß die eine oder die andre das Uebergewicht gewinnen konnte. Er war von Natur sehr empfindlich; dies hatte Paul ihm bald abgemerkt, und wurde daher nicht müde, ihn durch alle Arten von Spottgedichten zu necken, was zu den heitersten Vorkomnissen Veranlassung gab. Grasnick hatte eine solche Angst vor dem Abiturientenexamen, daß er das ganze Conversationslexikon, damals erst 6 oder 8 Kleinoctavbände, auf dem Regal unter seinem Platze verbarg, um nöthigen Falles daraus schöpfen zu können. Durch den Tod seiner Aeltern in den frühen Besitz eines ausreichenden Vermögens gesetzt, lebte er ganz seinen Liebhabereien, ohne einem bestimmten Berufe sich zu widmen. Bald schaffte er theologische Bücher an, und hielt irgendwo eine sorgfältig ausgearbeitete Gastpredigt, bald kaufte er seltne Musikalien, und freute sich, daß kein andrer sie besaß als er, bald füllte er seine Zimmer mit künstlichen Uhren und anderen theuern Unnützigkeiten. Zum Hei-
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