Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].übrigen aber für ihr ganzes Leben stählt. Kaum herangewachsen erhielt Schlosser eine Lehrerstelle in Frankfurt a. M., wo er mehrere Jahre verblieb, und darauf unter sehr vortheilhaften Bedingungen an das Gymnasium in Jever berufen ward. Er folgte unbedenklich, und glaubte nun in seiner Vaterstadt einen festen Wohnsitz zu haben. Allein er hielt es nicht lange aus; er konnte nicht ohne Natur leben; selbst der Anblick des unendlichen Meeres war nicht im Stande, seine Sehnsucht nach den bewaldeten Höhen des Taunus zu überwinden. Ohne irgend eine bestimmte Aussicht auf Fortkommen legte er seine Stelle in Jever nieder, und kehrte nach Frankfurt zurück. Bei dieser Erzählung fühlte ich mich im innersten getroffen: ich lebte jetzt in der schönen heidelberger Natur wie in einem seligen Traume hin, und dachte nun plötzlich mit Schrecken an die Zeit, wo ich nach der berliner Wüstenei würde heimkehren müssen. Schlosser blieb nicht lange ohne Beschäftigung. Er erhielt zuerst die Stelle als Stadtbibliothekar in Frankfurt, dann als Professor der Geschichte und als Bibliothekar in Heidelberg. Hiemit waren seine Wünsche erfüllt. Aus seinem wohnlichen Hause nicht weit vom Klingethor genoß er einer herzerhebenden Aussicht auf die grünen Berge, und konnte mit ein paar Schritten das schattige Waldesdunkel erreichen. Er hatte schon in der Jugend das Licht des einen Auges verloren, aber das andre war durch eine ausgleichende Güte der Natur desto stärker geworden, und erlaubte ihm eine ununterbrochene angestrengte Arbeit. Wenn er um die Mittagszeit an seinem Schreibtische saß, so deckte die Magd hinter seinem Stuhle den Tisch und trug die Speisen auf. Dann drehte er sich mit dem Stuhle übrigen aber für ihr ganzes Leben stählt. Kaum herangewachsen erhielt Schlosser eine Lehrerstelle in Frankfurt a. M., wo er mehrere Jahre verblieb, und darauf unter sehr vortheilhaften Bedingungen an das Gymnasium in Jever berufen ward. Er folgte unbedenklich, und glaubte nun in seiner Vaterstadt einen festen Wohnsitz zu haben. Allein er hielt es nicht lange aus; er konnte nicht ohne Natur leben; selbst der Anblick des unendlichen Meeres war nicht im Stande, seine Sehnsucht nach den bewaldeten Höhen des Taunus zu überwinden. Ohne irgend eine bestimmte Aussicht auf Fortkommen legte er seine Stelle in Jever nieder, und kehrte nach Frankfurt zurück. Bei dieser Erzählung fühlte ich mich im innersten getroffen: ich lebte jetzt in der schönen heidelberger Natur wie in einem seligen Traume hin, und dachte nun plötzlich mit Schrecken an die Zeit, wo ich nach der berliner Wüstenei würde heimkehren müssen. Schlosser blieb nicht lange ohne Beschäftigung. Er erhielt zuerst die Stelle als Stadtbibliothekar in Frankfurt, dann als Professor der Geschichte und als Bibliothekar in Heidelberg. Hiemit waren seine Wünsche erfüllt. Aus seinem wohnlichen Hause nicht weit vom Klingethor genoß er einer herzerhebenden Aussicht auf die grünen Berge, und konnte mit ein paar Schritten das schattige Waldesdunkel erreichen. Er hatte schon in der Jugend das Licht des einen Auges verloren, aber das andre war durch eine ausgleichende Güte der Natur desto stärker geworden, und erlaubte ihm eine ununterbrochene angestrengte Arbeit. Wenn er um die Mittagszeit an seinem Schreibtische saß, so deckte die Magd hinter seinem Stuhle den Tisch und trug die Speisen auf. Dann drehte er sich mit dem Stuhle <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0337" n="329"/> übrigen aber für ihr ganzes Leben stählt. Kaum herangewachsen erhielt Schlosser eine Lehrerstelle in Frankfurt a. M., wo er mehrere Jahre verblieb, und darauf unter sehr vortheilhaften Bedingungen an das Gymnasium in Jever berufen ward. Er folgte unbedenklich, und glaubte nun in seiner Vaterstadt einen festen Wohnsitz zu haben. Allein er hielt es nicht lange aus; er konnte nicht ohne Natur leben; selbst der Anblick des unendlichen Meeres war nicht im Stande, seine Sehnsucht nach den bewaldeten Höhen des Taunus zu überwinden. Ohne irgend eine bestimmte Aussicht auf Fortkommen legte er seine Stelle in Jever nieder, und kehrte nach Frankfurt zurück. Bei dieser Erzählung fühlte ich mich im innersten getroffen: ich lebte jetzt in der schönen heidelberger Natur wie in einem seligen Traume hin, und dachte nun plötzlich mit Schrecken an die Zeit, wo ich nach der berliner Wüstenei würde heimkehren müssen. Schlosser blieb nicht lange ohne Beschäftigung. Er erhielt zuerst die Stelle als Stadtbibliothekar in Frankfurt, dann als Professor der Geschichte und als Bibliothekar in Heidelberg. Hiemit waren seine Wünsche erfüllt. 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übrigen aber für ihr ganzes Leben stählt. Kaum herangewachsen erhielt Schlosser eine Lehrerstelle in Frankfurt a. M., wo er mehrere Jahre verblieb, und darauf unter sehr vortheilhaften Bedingungen an das Gymnasium in Jever berufen ward. Er folgte unbedenklich, und glaubte nun in seiner Vaterstadt einen festen Wohnsitz zu haben. Allein er hielt es nicht lange aus; er konnte nicht ohne Natur leben; selbst der Anblick des unendlichen Meeres war nicht im Stande, seine Sehnsucht nach den bewaldeten Höhen des Taunus zu überwinden. Ohne irgend eine bestimmte Aussicht auf Fortkommen legte er seine Stelle in Jever nieder, und kehrte nach Frankfurt zurück. Bei dieser Erzählung fühlte ich mich im innersten getroffen: ich lebte jetzt in der schönen heidelberger Natur wie in einem seligen Traume hin, und dachte nun plötzlich mit Schrecken an die Zeit, wo ich nach der berliner Wüstenei würde heimkehren müssen. Schlosser blieb nicht lange ohne Beschäftigung. Er erhielt zuerst die Stelle als Stadtbibliothekar in Frankfurt, dann als Professor der Geschichte und als Bibliothekar in Heidelberg. Hiemit waren seine Wünsche erfüllt. Aus seinem wohnlichen Hause nicht weit vom Klingethor genoß er einer herzerhebenden Aussicht auf die grünen Berge, und konnte mit ein paar Schritten das schattige Waldesdunkel erreichen.
Er hatte schon in der Jugend das Licht des einen Auges verloren, aber das andre war durch eine ausgleichende Güte der Natur desto stärker geworden, und erlaubte ihm eine ununterbrochene angestrengte Arbeit. Wenn er um die Mittagszeit an seinem Schreibtische saß, so deckte die Magd hinter seinem Stuhle den Tisch und trug die Speisen auf. Dann drehte er sich mit dem Stuhle
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