Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].malern gesichert. Sein Vater Karl Ernst Christoph Heß, ein ausgezeichneter Kupferstecher, war von Düsseldorf mit seiner Familie nach München übergesiedelt. Er erlebte die Freude, alle seine drei Söhne als tüchtige Maler aufwachsen zu sehn. Peter, der älteste, zeigte Vorliebe für Pferde und Schlachten; Heinrich, der zweite, malte schon früh Muttergottesbildchen; Franz, der dritte, liebte Landschaften mit weidenden Heerden. Als nun alle drei neben dem Vater zu Ruf und Ansehn gelangten, so unterschied der münchner Volkswitz die vier Mitglieder dieser Künstlerfamilie als Kupferheß, Pferdeheß, Madonnenheß und Viehheß. Durch Fries gelangten wir in die königliche Bildergalerie, die sich, wenn ich mich recht erinnre, in einigen Sälen der Residenz befand, und nicht für jedermann zugänglich war. Hier entzückte mich vor allem eine Madonna von Francesco Francia; sie hing aber so hoch, daß man, um sie zu sehn, eine Stehleiter hinaufklettern mußte. Die gewaltigen Bilder von Rubens, die wunderbar fein ausgeführten Schlachtstücke von Fesele, einige fromme Kirchenbilder von Henri van Bles sind mir besonders im Gedächtniß geblieben, und heimeln mich jedesmal an, so oft ich sie jetzt unter der Bildermasse der Pinakothek wiedersehe. In dem Lustschlosse Schleisheim hatte man 42 Bildersäle zu durchwandern; wir machten dahin eine sehr fröhliche Fahrt zusammen mit Fries und Heß. Hier gewährte die Begleitung dieser beiden Künstler mir den grösten Vortheil. Ich glaubte mich am besten zu belehren, wenn ich bei Divergenz ihrer Ansichten die Gründe beider Theile abwog, und mir ein eignes Urtheil zu bilden suchte. Ich hatte dabei den Vorzug, an die dresdner Gralerie anknüpfen zu können, welche den Freunden unbekannt war. malern gesichert. Sein Vater Karl Ernst Christoph Heß, ein ausgezeichneter Kupferstecher, war von Düsseldorf mit seiner Familie nach München übergesiedelt. Er erlebte die Freude, alle seine drei Söhne als tüchtige Maler aufwachsen zu sehn. Peter, der älteste, zeigte Vorliebe für Pferde und Schlachten; Heinrich, der zweite, malte schon früh Muttergottesbildchen; Franz, der dritte, liebte Landschaften mit weidenden Heerden. Als nun alle drei neben dem Vater zu Ruf und Ansehn gelangten, so unterschied der münchner Volkswitz die vier Mitglieder dieser Künstlerfamilie als Kupferheß, Pferdeheß, Madonnenheß und Viehheß. Durch Fries gelangten wir in die königliche Bildergalerie, die sich, wenn ich mich recht erinnre, in einigen Sälen der Residenz befand, und nicht für jedermann zugänglich war. Hier entzückte mich vor allem eine Madonna von Francesco Francia; sie hing aber so hoch, daß man, um sie zu sehn, eine Stehleiter hinaufklettern mußte. Die gewaltigen Bilder von Rubens, die wunderbar fein ausgeführten Schlachtstücke von Féselé, einige fromme Kirchenbilder von Henri van Bles sind mir besonders im Gedächtniß geblieben, und heimeln mich jedesmal an, so oft ich sie jetzt unter der Bildermasse der Pinakothek wiedersehe. In dem Lustschlosse Schleisheim hatte man 42 Bildersäle zu durchwandern; wir machten dahin eine sehr fröhliche Fahrt zusammen mit Fries und Heß. Hier gewährte die Begleitung dieser beiden Künstler mir den grösten Vortheil. Ich glaubte mich am besten zu belehren, wenn ich bei Divergenz ihrer Ansichten die Gründe beider Theile abwog, und mir ein eignes Urtheil zu bilden suchte. Ich hatte dabei den Vorzug, an die dresdner Gralerie anknüpfen zu können, welche den Freunden unbekannt war. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0358" n="350"/> malern gesichert. Sein Vater Karl Ernst Christoph Heß, ein ausgezeichneter Kupferstecher, war von Düsseldorf mit seiner Familie nach München übergesiedelt. Er erlebte die Freude, alle seine drei Söhne als tüchtige Maler aufwachsen zu sehn. Peter, der älteste, zeigte Vorliebe für Pferde und Schlachten; Heinrich, der zweite, malte schon früh Muttergottesbildchen; Franz, der dritte, liebte Landschaften mit weidenden Heerden. Als nun alle drei neben dem Vater zu Ruf und Ansehn gelangten, so unterschied der münchner Volkswitz die vier Mitglieder dieser Künstlerfamilie als Kupferheß, Pferdeheß, Madonnenheß und Viehheß. </p><lb/> <p>Durch Fries gelangten wir in die königliche Bildergalerie, die sich, wenn ich mich recht erinnre, in einigen Sälen der Residenz befand, und nicht für jedermann zugänglich war. Hier entzückte mich vor allem eine Madonna von Francesco Francia; sie hing aber so hoch, daß man, um sie zu sehn, eine Stehleiter hinaufklettern mußte. Die gewaltigen Bilder von Rubens, die wunderbar fein ausgeführten Schlachtstücke von Féselé, einige fromme Kirchenbilder von Henri van Bles sind mir besonders im Gedächtniß geblieben, und heimeln mich jedesmal an, so oft ich sie jetzt unter der Bildermasse der Pinakothek wiedersehe. </p><lb/> <p>In dem Lustschlosse Schleisheim hatte man 42 Bildersäle zu durchwandern; wir machten dahin eine sehr fröhliche Fahrt zusammen mit Fries und Heß. Hier gewährte die Begleitung dieser beiden Künstler mir den grösten Vortheil. Ich glaubte mich am besten zu belehren, wenn ich bei Divergenz ihrer Ansichten die Gründe beider Theile abwog, und mir ein eignes Urtheil zu bilden suchte. Ich hatte dabei den Vorzug, an die dresdner Gralerie anknüpfen zu können, welche den Freunden unbekannt war. </p> </div> </body> </text> </TEI> [350/0358]
malern gesichert. Sein Vater Karl Ernst Christoph Heß, ein ausgezeichneter Kupferstecher, war von Düsseldorf mit seiner Familie nach München übergesiedelt. Er erlebte die Freude, alle seine drei Söhne als tüchtige Maler aufwachsen zu sehn. Peter, der älteste, zeigte Vorliebe für Pferde und Schlachten; Heinrich, der zweite, malte schon früh Muttergottesbildchen; Franz, der dritte, liebte Landschaften mit weidenden Heerden. Als nun alle drei neben dem Vater zu Ruf und Ansehn gelangten, so unterschied der münchner Volkswitz die vier Mitglieder dieser Künstlerfamilie als Kupferheß, Pferdeheß, Madonnenheß und Viehheß.
Durch Fries gelangten wir in die königliche Bildergalerie, die sich, wenn ich mich recht erinnre, in einigen Sälen der Residenz befand, und nicht für jedermann zugänglich war. Hier entzückte mich vor allem eine Madonna von Francesco Francia; sie hing aber so hoch, daß man, um sie zu sehn, eine Stehleiter hinaufklettern mußte. Die gewaltigen Bilder von Rubens, die wunderbar fein ausgeführten Schlachtstücke von Féselé, einige fromme Kirchenbilder von Henri van Bles sind mir besonders im Gedächtniß geblieben, und heimeln mich jedesmal an, so oft ich sie jetzt unter der Bildermasse der Pinakothek wiedersehe.
In dem Lustschlosse Schleisheim hatte man 42 Bildersäle zu durchwandern; wir machten dahin eine sehr fröhliche Fahrt zusammen mit Fries und Heß. Hier gewährte die Begleitung dieser beiden Künstler mir den grösten Vortheil. Ich glaubte mich am besten zu belehren, wenn ich bei Divergenz ihrer Ansichten die Gründe beider Theile abwog, und mir ein eignes Urtheil zu bilden suchte. Ich hatte dabei den Vorzug, an die dresdner Gralerie anknüpfen zu können, welche den Freunden unbekannt war.
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