Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].freundliche Erwiederung, "daß der Herr Studiosus kein Altbair sein!" München war im Jahre 1820 unter der Regierung König Maximilians I. eine alte, winklig gebaute, häsliche Stadt mit ein paar verzopften Kirchen, wenig öffentlichen Gebäuden und fast gar keinen bedeutenden Privathäusern. Es fehlten die ganze Ludwigstraße, die Auerkirche, die Karlsvorstadt, kurz alle jene Theile, die während der Regierung König Ludwigs I. wie durch Zauberei entstanden sind. Nur die Glyptothek war von außen vollendet, und erregte als ein Gebäude ohne Fenster die gerechte Verwunderung der Altbaiern. Mit einiger Mühe erfragten wir die Wohnung des Malers Ernst Fries, an den sein Vater mir ein ansehnliches Packet verschiedener englischer Bleistifte mitgegeben. Wir fanden einen schlanken, bildschönen jungen Mann mit befehlenden Augen, dem wir gar nicht genug von seinen lieben Angehörigen in der Heimath erzählen konnten. Er arbeitete gerade an vier großen, auf Stein gezeichneten Ansichten von Heidelberg, die seinen Namen als Landschafter zuerst bekannt machten. Durch ihn wurden wir in den sehr beschränkten münchener Künstlerkreis eingeführt, der den ersten Versuch machte, sich ein eignes Lokal einzurichten. Mit besonderer Vorliebe hielt ich mich zu einem sinnigen jungen Maler, Heinrich Heß, der sich mit antiker Frömmigkeit der religiösen Kunst widmete. Im folgenden Winter schlossen wir in Rom noch engere Freundschaft. Durch seine Ausschmückung der Allerheiligen-Kapelle und durch die großen Fresken in der Bonifacius-Basilika hat er seinem Namen, als Heinrich von Heß, für alle Zeiten einen ehrenvollen Platz unter den Kirchen- freundliche Erwiederung, „daß der Herr Studiosus kein Altbair sein!“ München war im Jahre 1820 unter der Regierung König Maximilians I. eine alte, winklig gebaute, häsliche Stadt mit ein paar verzopften Kirchen, wenig öffentlichen Gebäuden und fast gar keinen bedeutenden Privathäusern. Es fehlten die ganze Ludwigstraße, die Auerkirche, die Karlsvorstadt, kurz alle jene Theile, die während der Regierung König Ludwigs I. wie durch Zauberei entstanden sind. Nur die Glyptothek war von außen vollendet, und erregte als ein Gebäude ohne Fenster die gerechte Verwunderung der Altbaiern. Mit einiger Mühe erfragten wir die Wohnung des Malers Ernst Fries, an den sein Vater mir ein ansehnliches Packet verschiedener englischer Bleistifte mitgegeben. Wir fanden einen schlanken, bildschönen jungen Mann mit befehlenden Augen, dem wir gar nicht genug von seinen lieben Angehörigen in der Heimath erzählen konnten. Er arbeitete gerade an vier großen, auf Stein gezeichneten Ansichten von Heidelberg, die seinen Namen als Landschafter zuerst bekannt machten. Durch ihn wurden wir in den sehr beschränkten münchener Künstlerkreis eingeführt, der den ersten Versuch machte, sich ein eignes Lokal einzurichten. Mit besonderer Vorliebe hielt ich mich zu einem sinnigen jungen Maler, Heinrich Heß, der sich mit antiker Frömmigkeit der religiösen Kunst widmete. Im folgenden Winter schlossen wir in Rom noch engere Freundschaft. Durch seine Ausschmückung der Allerheiligen-Kapelle und durch die großen Fresken in der Bonifacius-Basilika hat er seinem Namen, als Heinrich von Heß, für alle Zeiten einen ehrenvollen Platz unter den Kirchen- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0357" n="349"/> freundliche Erwiederung, „daß der Herr Studiosus kein Altbair sein!“ </p><lb/> <p>München war im Jahre 1820 unter der Regierung König Maximilians I. eine alte, winklig gebaute, häsliche Stadt mit ein paar verzopften Kirchen, wenig öffentlichen Gebäuden und fast gar keinen bedeutenden Privathäusern. Es fehlten die ganze Ludwigstraße, die Auerkirche, die Karlsvorstadt, kurz alle jene Theile, die während der Regierung König Ludwigs I. wie durch Zauberei entstanden sind. 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Durch seine Ausschmückung der Allerheiligen-Kapelle und durch die großen Fresken in der Bonifacius-Basilika hat er seinem Namen, als Heinrich von Heß, für alle Zeiten einen ehrenvollen Platz unter den Kirchen- </p> </div> </body> </text> </TEI> [349/0357]
freundliche Erwiederung, „daß der Herr Studiosus kein Altbair sein!“
München war im Jahre 1820 unter der Regierung König Maximilians I. eine alte, winklig gebaute, häsliche Stadt mit ein paar verzopften Kirchen, wenig öffentlichen Gebäuden und fast gar keinen bedeutenden Privathäusern. Es fehlten die ganze Ludwigstraße, die Auerkirche, die Karlsvorstadt, kurz alle jene Theile, die während der Regierung König Ludwigs I. wie durch Zauberei entstanden sind. Nur die Glyptothek war von außen vollendet, und erregte als ein Gebäude ohne Fenster die gerechte Verwunderung der Altbaiern.
Mit einiger Mühe erfragten wir die Wohnung des Malers Ernst Fries, an den sein Vater mir ein ansehnliches Packet verschiedener englischer Bleistifte mitgegeben. Wir fanden einen schlanken, bildschönen jungen Mann mit befehlenden Augen, dem wir gar nicht genug von seinen lieben Angehörigen in der Heimath erzählen konnten. Er arbeitete gerade an vier großen, auf Stein gezeichneten Ansichten von Heidelberg, die seinen Namen als Landschafter zuerst bekannt machten. Durch ihn wurden wir in den sehr beschränkten münchener Künstlerkreis eingeführt, der den ersten Versuch machte, sich ein eignes Lokal einzurichten. Mit besonderer Vorliebe hielt ich mich zu einem sinnigen jungen Maler, Heinrich Heß, der sich mit antiker Frömmigkeit der religiösen Kunst widmete. Im folgenden Winter schlossen wir in Rom noch engere Freundschaft. Durch seine Ausschmückung der Allerheiligen-Kapelle und durch die großen Fresken in der Bonifacius-Basilika hat er seinem Namen, als Heinrich von Heß, für alle Zeiten einen ehrenvollen Platz unter den Kirchen-
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