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Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].

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zuführen, den zweiten erläuterte Lavater in seiner Physiognomik. Allein von einer geistreichen Wahrnehmung bis zu einer wissenschaftlichen Begründung ist ein weiter Weg; vieles kann im allgemeinen seine Wahrheit behalten, wenn auch im einzelnen manche Anomalien auftauchen. Dies ist besonders bei Lavaters Physiognomik der Fall; man wird bei jedem Menschen angeben können, ob er ein gutes, ein böses, ein indifferentes oder irgend ein anderes Gesicht habe, ohne deshalb mit Sicherheit auf den Karakter schließen zu können. Indessen gilt doch hier immer der Fundamentalsatz, daß in der Regel das Antlitz der Spiegel der Seele sei.

Die Beziehung zwischen dem im Gehirne weilenden Geiste und der Schädelbildung gehört in ein ähnliches Gebiet, erfordert aber viel subtilere Untersuchungen, deshalb blieb die Gallsche Schädellehre eine noch viel mehr bestrittene Doctrin als die Lavatersche Physiognomik. Von vielen kompetenten Aerzten habe ich mir sagen lassen, daß Gall durch seine anatomischen Untersuchungen des Gehirnes sich ein unbestrittenes Verdienst erworben, von seinen phrenologischen Behauptungen und von der reellen Bedeutung der Gehirnknollen wollte keiner etwas wissen.

Mein Grosvater Nicolai hatte Gall bei seiner Anwesenheit in Berlin mit vieler Freundschaft aufgenommen; er hatte ihm einen Saal eingeräumt, um vor einem gewählten Publikum Vorträge über Phrenologie zu halten; ich bewahre noch einen Gallschen Schädel von Gyps mit der Aufschrift aller 35 Seelenorgane; er hatte vielleicht bei jenen Vorträgen als Erläuterung gedient. Seine allgemeinen Sätze behauptete Gall mit vieler Zuversicht, aber im einzelnen machte er gewaltige Fehlgriffe. Nachdem er

zuführen, den zweiten erläuterte Lavater in seiner Physiognomik. Allein von einer geistreichen Wahrnehmung bis zu einer wissenschaftlichen Begründung ist ein weiter Weg; vieles kann im allgemeinen seine Wahrheit behalten, wenn auch im einzelnen manche Anomalien auftauchen. Dies ist besonders bei Lavaters Physiognomik der Fall; man wird bei jedem Menschen angeben können, ob er ein gutes, ein böses, ein indifferentes oder irgend ein anderes Gesicht habe, ohne deshalb mit Sicherheit auf den Karakter schließen zu können. Indessen gilt doch hier immer der Fundamentalsatz, daß in der Regel das Antlitz der Spiegel der Seele sei.

Die Beziehung zwischen dem im Gehirne weilenden Geiste und der Schädelbildung gehört in ein ähnliches Gebiet, erfordert aber viel subtilere Untersuchungen, deshalb blieb die Gallsche Schädellehre eine noch viel mehr bestrittene Doctrin als die Lavatersche Physiognomik. Von vielen kompetenten Aerzten habe ich mir sagen lassen, daß Gall durch seine anatomischen Untersuchungen des Gehirnes sich ein unbestrittenes Verdienst erworben, von seinen phrenologischen Behauptungen und von der reellen Bedeutung der Gehirnknollen wollte keiner etwas wissen.

Mein Grosvater Nicolai hatte Gall bei seiner Anwesenheit in Berlin mit vieler Freundschaft aufgenommen; er hatte ihm einen Saal eingeräumt, um vor einem gewählten Publikum Vorträge über Phrenologie zu halten; ich bewahre noch einen Gallschen Schädel von Gyps mit der Aufschrift aller 35 Seelenorgane; er hatte vielleicht bei jenen Vorträgen als Erläuterung gedient. Seine allgemeinen Sätze behauptete Gall mit vieler Zuversicht, aber im einzelnen machte er gewaltige Fehlgriffe. Nachdem er

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[422/0430] zuführen, den zweiten erläuterte Lavater in seiner Physiognomik. Allein von einer geistreichen Wahrnehmung bis zu einer wissenschaftlichen Begründung ist ein weiter Weg; vieles kann im allgemeinen seine Wahrheit behalten, wenn auch im einzelnen manche Anomalien auftauchen. Dies ist besonders bei Lavaters Physiognomik der Fall; man wird bei jedem Menschen angeben können, ob er ein gutes, ein böses, ein indifferentes oder irgend ein anderes Gesicht habe, ohne deshalb mit Sicherheit auf den Karakter schließen zu können. Indessen gilt doch hier immer der Fundamentalsatz, daß in der Regel das Antlitz der Spiegel der Seele sei. Die Beziehung zwischen dem im Gehirne weilenden Geiste und der Schädelbildung gehört in ein ähnliches Gebiet, erfordert aber viel subtilere Untersuchungen, deshalb blieb die Gallsche Schädellehre eine noch viel mehr bestrittene Doctrin als die Lavatersche Physiognomik. Von vielen kompetenten Aerzten habe ich mir sagen lassen, daß Gall durch seine anatomischen Untersuchungen des Gehirnes sich ein unbestrittenes Verdienst erworben, von seinen phrenologischen Behauptungen und von der reellen Bedeutung der Gehirnknollen wollte keiner etwas wissen. Mein Grosvater Nicolai hatte Gall bei seiner Anwesenheit in Berlin mit vieler Freundschaft aufgenommen; er hatte ihm einen Saal eingeräumt, um vor einem gewählten Publikum Vorträge über Phrenologie zu halten; ich bewahre noch einen Gallschen Schädel von Gyps mit der Aufschrift aller 35 Seelenorgane; er hatte vielleicht bei jenen Vorträgen als Erläuterung gedient. Seine allgemeinen Sätze behauptete Gall mit vieler Zuversicht, aber im einzelnen machte er gewaltige Fehlgriffe. Nachdem er

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/430>, abgerufen am 24.11.2024.