Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].herschwingen, und sprach gravitätisch: Breguet! Huitcents francs! Ein schlanker Engländer von den edelsten Zügen ward mir als der Minister Canning bezeichnet; ich halte dies aber nicht für richtig, da ich nicht finden kann, daß Canning in diesem Winter Paris besucht habe. Die herzoglichen soirees waren in der pariser haute volee als die angenehmsten gepriesen, weil die liebenswürdige Wirtin, unterstützt von dem Geiste und der Grazie ihrer Tochter, es verstand, jeden a son aise zu setzen. An den auf das Fest folgenden Tagen wurde im kleinsten Zirkel alles vorgefallene durchgesprochen, und gleichsam als Erholung von der Anstrengung noch einmal durchgenossen. Einmal war hiezu die Herzogin von Dino allein eingeladen, weil Talleyrand bei einem Minister dinirte. Es schlug sechs Uhr, sie kam nicht; wir warteten bis ein Viertel, halb, drei Viertel, als sie endlich geggen sieben Uhr ganz verstört und voller Entschuldigungen anlangte: das Diner des Ministers beginne um sieben; da habe der Fürst sie so lange mit Gesprächen aufgehalten, daß es nun auch fast sieben Uhr geworden sei "Il a voulu gagner son deiner!" sagte Giamboni ganz trocken; das heißt: der Fürst, obgleich er die Essenszeit der Herzogin kannte, hatte seine Nichte so lange zurückgehalten, um nicht von sechs bis sieben Uhr allein zu sein! So wenig der Fürst in Gesellschaft sprach, so lauschte ich doch auf jedes Wort, weil ich glaubte, bei einem solchen Manne die beste französische Aussprache zu finden. Dem war aber nicht so. Einst hörte ich ihn ganz deutlich "pa-encore" statt "pas encore" sagen, und fragte Giamboni darüber, der zwar immer einen italiänischen Accent behielt, herschwingen, und sprach gravitätisch: Bréguet! Huitcents francs! Ein schlanker Engländer von den edelsten Zügen ward mir als der Minister Canning bezeichnet; ich halte dies aber nicht für richtig, da ich nicht finden kann, daß Canning in diesem Winter Paris besucht habe. Die herzoglichen soirées waren in der pariser haute volée als die angenehmsten gepriesen, weil die liebenswürdige Wirtin, unterstützt von dem Geiste und der Grazie ihrer Tochter, es verstand, jeden à son aise zu setzen. An den auf das Fest folgenden Tagen wurde im kleinsten Zirkel alles vorgefallene durchgesprochen, und gleichsam als Erholung von der Anstrengung noch einmal durchgenossen. Einmal war hiezu die Herzogin von Dino allein eingeladen, weil Talleyrand bei einem Minister dinirte. Es schlug sechs Uhr, sie kam nicht; wir warteten bis ein Viertel, halb, drei Viertel, als sie endlich geggen sieben Uhr ganz verstört und voller Entschuldigungen anlangte: das Diner des Ministers beginne um sieben; da habe der Fürst sie so lange mit Gesprächen aufgehalten, daß es nun auch fast sieben Uhr geworden sei „Il a voulu gagner son dîner!“ sagte Giamboni ganz trocken; das heißt: der Fürst, obgleich er die Essenszeit der Herzogin kannte, hatte seine Nichte so lange zurückgehalten, um nicht von sechs bis sieben Uhr allein zu sein! So wenig der Fürst in Gesellschaft sprach, so lauschte ich doch auf jedes Wort, weil ich glaubte, bei einem solchen Manne die beste französische Aussprache zu finden. Dem war aber nicht so. Einst hörte ich ihn ganz deutlich „pa-encore“ statt „pas encore“ sagen, und fragte Giamboni darüber, der zwar immer einen italiänischen Accent behielt, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0504" n="496"/> herschwingen, und sprach gravitätisch: Bréguet! 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Es schlug sechs Uhr, sie kam nicht; wir warteten bis ein Viertel, halb, drei Viertel, als sie endlich geggen sieben Uhr ganz verstört und voller Entschuldigungen anlangte: das Diner des Ministers beginne um sieben; da habe der Fürst sie so lange mit Gesprächen aufgehalten, daß es nun auch fast sieben Uhr geworden sei „Il a voulu gagner son dîner!“ sagte Giamboni ganz trocken; das heißt: der Fürst, obgleich er die Essenszeit der Herzogin kannte, hatte seine Nichte so lange zurückgehalten, um nicht von sechs bis sieben Uhr allein zu sein! So wenig der Fürst in Gesellschaft sprach, so lauschte ich doch auf jedes Wort, weil ich glaubte, bei einem solchen Manne die beste französische Aussprache zu finden. Dem war aber nicht so. Einst hörte ich ihn ganz deutlich „pa-encore“ statt „pas encore“ sagen, und fragte Giamboni darüber, der zwar immer einen italiänischen Accent behielt, </p> </div> </body> </text> </TEI> [496/0504]
herschwingen, und sprach gravitätisch: Bréguet! Huitcents francs!
Ein schlanker Engländer von den edelsten Zügen ward mir als der Minister Canning bezeichnet; ich halte dies aber nicht für richtig, da ich nicht finden kann, daß Canning in diesem Winter Paris besucht habe.
Die herzoglichen soirées waren in der pariser haute volée als die angenehmsten gepriesen, weil die liebenswürdige Wirtin, unterstützt von dem Geiste und der Grazie ihrer Tochter, es verstand, jeden à son aise zu setzen.
An den auf das Fest folgenden Tagen wurde im kleinsten Zirkel alles vorgefallene durchgesprochen, und gleichsam als Erholung von der Anstrengung noch einmal durchgenossen. Einmal war hiezu die Herzogin von Dino allein eingeladen, weil Talleyrand bei einem Minister dinirte. Es schlug sechs Uhr, sie kam nicht; wir warteten bis ein Viertel, halb, drei Viertel, als sie endlich geggen sieben Uhr ganz verstört und voller Entschuldigungen anlangte: das Diner des Ministers beginne um sieben; da habe der Fürst sie so lange mit Gesprächen aufgehalten, daß es nun auch fast sieben Uhr geworden sei „Il a voulu gagner son dîner!“ sagte Giamboni ganz trocken; das heißt: der Fürst, obgleich er die Essenszeit der Herzogin kannte, hatte seine Nichte so lange zurückgehalten, um nicht von sechs bis sieben Uhr allein zu sein! So wenig der Fürst in Gesellschaft sprach, so lauschte ich doch auf jedes Wort, weil ich glaubte, bei einem solchen Manne die beste französische Aussprache zu finden. Dem war aber nicht so. Einst hörte ich ihn ganz deutlich „pa-encore“ statt „pas encore“ sagen, und fragte Giamboni darüber, der zwar immer einen italiänischen Accent behielt,
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Zitationshilfe: | Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871], S. 496. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_jugenderinnerungen02_1871/504>, abgerufen am 16.02.2025. |