Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].lichen begeisterten Brief, worin er seinen patriotischen Entschluß lobte, und ihn zur That aufforderte. Diesen Brief hatte Theodor bei seiner Anwesenheit in unserm Hause meinem Vater gelassen, er war oft vorgelesen und gelobt worden, ein oder der andre Hausfreund hatte ihn auch wohl geliehen, um ihn in weiteren Kreisen mitzutheilen. Er ging von Hand zu Hand, und war nach einiger Zeit spurlos verschwunden. Die deutsche Gesinnung des alten Kömer konnte in dem Napoleonisch gesinnten Dresden nicht unbekannt geblieben sein, und machte seine dortige dienstliche Stellung als Oberappellationsrath zu einer sehr gespannten. Eine Veränderung seiner Lage mußte ihm wünschenswerth erscheinen, und Preußen konnte es als eine Pflicht der Dankbarkeit betrachten, die Hingebung des Sohnes in dem Vater zu ehren und anzuerkennen. Körner vertauschte den sächsischen Dienst mit dem preussischen, und trat mit dem Titel eines Staatsrathes in das Kultusministerium von Altenstein. Wie sehr erfreute es uns, als Dr. Kohlrausch, der mit dem Titel eines Geheimen Medizinalrathes in demselben Ministerium arbeitete, einige Kunde von den darüber angeknüpften Unterhandlungen brachte, aber wer beschreibt unsern Schmerz, als aus Dresden die Nachricht einlief, Emma Körner sei von den Masern ergriffen, und nach kurzer Krankheit hingerafft worden. Es gab ein trauriges Wiedersehn, als von der Körnerschen Familie nur noch drei Mitglieder nach Berlin zurückkehrten. Das männlich schöne Gesicht des alten Staatsrathes war tief gefurcht, und glich einer im Schmerze erstarrten tragischen Maske, die Staatsräthin schien um 20 Jahre gealtert, wir sahen sie seitdem nie anders als in schwarzen Kleidern. Der lichen begeisterten Brief, worin er seinen patriotischen Entschluß lobte, und ihn zur That aufforderte. Diesen Brief hatte Theodor bei seiner Anwesenheit in unserm Hause meinem Vater gelassen, er war oft vorgelesen und gelobt worden, ein oder der andre Hausfreund hatte ihn auch wohl geliehen, um ihn in weiteren Kreisen mitzutheilen. Er ging von Hand zu Hand, und war nach einiger Zeit spurlos verschwunden. Die deutsche Gesinnung des alten Kömer konnte in dem Napoléonisch gesinnten Dresden nicht unbekannt geblieben sein, und machte seine dortige dienstliche Stellung als Oberappellationsrath zu einer sehr gespannten. Eine Veränderung seiner Lage mußte ihm wünschenswerth erscheinen, und Preußen konnte es als eine Pflicht der Dankbarkeit betrachten, die Hingebung des Sohnes in dem Vater zu ehren und anzuerkennen. Körner vertauschte den sächsischen Dienst mit dem preussischen, und trat mit dem Titel eines Staatsrathes in das Kultusministerium von Altenstein. Wie sehr erfreute es uns, als Dr. Kohlrausch, der mit dem Titel eines Geheimen Medizinalrathes in demselben Ministerium arbeitete, einige Kunde von den darüber angeknüpften Unterhandlungen brachte, aber wer beschreibt unsern Schmerz, als aus Dresden die Nachricht einlief, Emma Körner sei von den Masern ergriffen, und nach kurzer Krankheit hingerafft worden. Es gab ein trauriges Wiedersehn, als von der Körnerschen Familie nur noch drei Mitglieder nach Berlin zurückkehrten. Das männlich schöne Gesicht des alten Staatsrathes war tief gefurcht, und glich einer im Schmerze erstarrten tragischen Maske, die Staatsräthin schien um 20 Jahre gealtert, wir sahen sie seitdem nie anders als in schwarzen Kleidern. Der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0063" n="55"/> lichen begeisterten Brief, worin er seinen patriotischen Entschluß lobte, und ihn zur That aufforderte. Diesen Brief hatte Theodor bei seiner Anwesenheit in unserm Hause meinem Vater gelassen, er war oft vorgelesen und gelobt worden, ein oder der andre Hausfreund hatte ihn auch wohl geliehen, um ihn in weiteren Kreisen mitzutheilen. Er ging von Hand zu Hand, und war nach einiger Zeit spurlos verschwunden. Die deutsche Gesinnung des alten Kömer konnte in dem Napoléonisch gesinnten Dresden nicht unbekannt geblieben sein, und machte seine dortige dienstliche Stellung als Oberappellationsrath zu einer sehr gespannten. Eine Veränderung seiner Lage mußte ihm wünschenswerth erscheinen, und Preußen konnte es als eine Pflicht der Dankbarkeit betrachten, die Hingebung des Sohnes in dem Vater zu ehren und anzuerkennen. Körner vertauschte den sächsischen Dienst mit dem preussischen, und trat mit dem Titel eines Staatsrathes in das Kultusministerium von Altenstein. </p><lb/> <p>Wie sehr erfreute es uns, als Dr. Kohlrausch, der mit dem Titel eines Geheimen Medizinalrathes in demselben Ministerium arbeitete, einige Kunde von den darüber angeknüpften Unterhandlungen brachte, aber wer beschreibt unsern Schmerz, als aus Dresden die Nachricht einlief, Emma Körner sei von den Masern ergriffen, und nach kurzer Krankheit hingerafft worden. Es gab ein trauriges Wiedersehn, als von der Körnerschen Familie nur noch drei Mitglieder nach Berlin zurückkehrten. Das männlich schöne Gesicht des alten Staatsrathes war tief gefurcht, und glich einer im Schmerze erstarrten tragischen Maske, die Staatsräthin schien um 20 Jahre gealtert, wir sahen sie seitdem nie anders als in schwarzen Kleidern. Der </p> </div> </body> </text> </TEI> [55/0063]
lichen begeisterten Brief, worin er seinen patriotischen Entschluß lobte, und ihn zur That aufforderte. Diesen Brief hatte Theodor bei seiner Anwesenheit in unserm Hause meinem Vater gelassen, er war oft vorgelesen und gelobt worden, ein oder der andre Hausfreund hatte ihn auch wohl geliehen, um ihn in weiteren Kreisen mitzutheilen. Er ging von Hand zu Hand, und war nach einiger Zeit spurlos verschwunden. Die deutsche Gesinnung des alten Kömer konnte in dem Napoléonisch gesinnten Dresden nicht unbekannt geblieben sein, und machte seine dortige dienstliche Stellung als Oberappellationsrath zu einer sehr gespannten. Eine Veränderung seiner Lage mußte ihm wünschenswerth erscheinen, und Preußen konnte es als eine Pflicht der Dankbarkeit betrachten, die Hingebung des Sohnes in dem Vater zu ehren und anzuerkennen. Körner vertauschte den sächsischen Dienst mit dem preussischen, und trat mit dem Titel eines Staatsrathes in das Kultusministerium von Altenstein.
Wie sehr erfreute es uns, als Dr. Kohlrausch, der mit dem Titel eines Geheimen Medizinalrathes in demselben Ministerium arbeitete, einige Kunde von den darüber angeknüpften Unterhandlungen brachte, aber wer beschreibt unsern Schmerz, als aus Dresden die Nachricht einlief, Emma Körner sei von den Masern ergriffen, und nach kurzer Krankheit hingerafft worden. Es gab ein trauriges Wiedersehn, als von der Körnerschen Familie nur noch drei Mitglieder nach Berlin zurückkehrten. Das männlich schöne Gesicht des alten Staatsrathes war tief gefurcht, und glich einer im Schmerze erstarrten tragischen Maske, die Staatsräthin schien um 20 Jahre gealtert, wir sahen sie seitdem nie anders als in schwarzen Kleidern. Der
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