Parthey, Gustav: Jugenderinnerungen. Bd. 2. Berlin, [1871].mit glänzend rothem Gesichte und vollen Pausbacken hereintrat. Reinhart haßte die Pfaffen aus voller Seele, und als einer der Genossen im Scherze sagte: das ist recht ein Gesicht zum ohrfeigen! so war Reinhart frech genug aufzustehn, und dem ihm ganz unbekannten Manne eine Ohrfeige zu geben. Daß eine so unerhörte That nicht ungestraft hingehn werde, war vorauszusehn. Der Beleidigte wählte aber nicht den Weg des Prozesses, sondern ließ dem Thäter auflauern, um ihn aus der Welt zu schaffen. Reinharts Glück wollte, daß mehrere Mordversuche mislangen. Nur durch eine langdauernde Entfernung von Rom und durch ein namhaftes Sühnegeld konnte er diese für ihn sehr wenig ehrenvolle Geschichte beilegen. Durch eine stillschweigende Uebereinkunft hatten die drei bedeutendsten Landschafter jener Zeit, Rhoden, Reinhart und Koch das Gebiet ihrer künstlerischen und Jagdexcursionen nach den Orten getheilt, aus denen sie ihre Frauen genommen. Rhoden beutete Albano und das Albaner Gebirge aus, Koch studirte in Olevano und Subiaco, Reinhart hauste in dem romantischen Tivoli. Die Umwohner von Tivoli hatten einen besonders wilden Karakter, und da Reinhart als gewaltiger Jäger immer mit der Flinte im Arm die Berge durchstreifte, so gerieth er durch sein rauhes Wesen in manche Kollisionen, wo es galt, einen verzweifelten Muth zu zeigen. Das Jagdrecht war damals auf die einzelnen Dorffluren beschränkt, und jede Uebertretung ward als Jagdfrevel angesehn. Reinhart zog einst mit zwei Gesellen aus, und schoß in einer strittigen Gegend ein Rebhuhn. Die Einwohner des nächsten Ortes kamen ihnen bewaffnet nach, und verlangten die Herausgabe der mit glänzend rothem Gesichte und vollen Pausbacken hereintrat. Reinhart haßte die Pfaffen aus voller Seele, und als einer der Genossen im Scherze sagte: das ist recht ein Gesicht zum ohrfeigen! so war Reinhart frech genug aufzustehn, und dem ihm ganz unbekannten Manne eine Ohrfeige zu geben. Daß eine so unerhörte That nicht ungestraft hingehn werde, war vorauszusehn. Der Beleidigte wählte aber nicht den Weg des Prozesses, sondern ließ dem Thäter auflauern, um ihn aus der Welt zu schaffen. Reinharts Glück wollte, daß mehrere Mordversuche mislangen. Nur durch eine langdauernde Entfernung von Rom und durch ein namhaftes Sühnegeld konnte er diese für ihn sehr wenig ehrenvolle Geschichte beilegen. Durch eine stillschweigende Uebereinkunft hatten die drei bedeutendsten Landschafter jener Zeit, Rhoden, Reinhart und Koch das Gebiet ihrer künstlerischen und Jagdexcursionen nach den Orten getheilt, aus denen sie ihre Frauen genommen. Rhoden beutete Albano und das Albaner Gebirge aus, Koch studirte in Olevano und Subiaco, Reinhart hauste in dem romantischen Tivoli. Die Umwohner von Tivoli hatten einen besonders wilden Karakter, und da Reinhart als gewaltiger Jäger immer mit der Flinte im Arm die Berge durchstreifte, so gerieth er durch sein rauhes Wesen in manche Kollisionen, wo es galt, einen verzweifelten Muth zu zeigen. Das Jagdrecht war damals auf die einzelnen Dorffluren beschränkt, und jede Uebertretung ward als Jagdfrevel angesehn. Reinhart zog einst mit zwei Gesellen aus, und schoß in einer strittigen Gegend ein Rebhuhn. Die Einwohner des nächsten Ortes kamen ihnen bewaffnet nach, und verlangten die Herausgabe der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0076" n="68"/> mit glänzend rothem Gesichte und vollen Pausbacken hereintrat. Reinhart haßte die Pfaffen aus voller Seele, und als einer der Genossen im Scherze sagte: das ist recht ein Gesicht zum ohrfeigen! so war Reinhart frech genug aufzustehn, und dem ihm ganz unbekannten Manne eine Ohrfeige zu geben. Daß eine so unerhörte That nicht ungestraft hingehn werde, war vorauszusehn. Der Beleidigte wählte aber nicht den Weg des Prozesses, sondern ließ dem Thäter auflauern, um ihn aus der Welt zu schaffen. Reinharts Glück wollte, daß mehrere Mordversuche mislangen. Nur durch eine langdauernde Entfernung von Rom und durch ein namhaftes Sühnegeld konnte er diese für ihn sehr wenig ehrenvolle Geschichte beilegen. </p><lb/> <p>Durch eine stillschweigende Uebereinkunft hatten die drei bedeutendsten Landschafter jener Zeit, Rhoden, Reinhart und Koch das Gebiet ihrer künstlerischen und Jagdexcursionen nach den Orten getheilt, aus denen sie ihre Frauen genommen. Rhoden beutete Albano und das Albaner Gebirge aus, Koch studirte in Olevano und Subiaco, Reinhart hauste in dem romantischen Tivoli. Die Umwohner von Tivoli hatten einen besonders wilden Karakter, und da Reinhart als gewaltiger Jäger immer mit der Flinte im Arm die Berge durchstreifte, so gerieth er durch sein rauhes Wesen in manche Kollisionen, wo es galt, einen verzweifelten Muth zu zeigen. Das Jagdrecht war damals auf die einzelnen Dorffluren beschränkt, und jede Uebertretung ward als Jagdfrevel angesehn. Reinhart zog einst mit zwei Gesellen aus, und schoß in einer strittigen Gegend ein Rebhuhn. Die Einwohner des nächsten Ortes kamen ihnen bewaffnet nach, und verlangten die Herausgabe der </p> </div> </body> </text> </TEI> [68/0076]
mit glänzend rothem Gesichte und vollen Pausbacken hereintrat. Reinhart haßte die Pfaffen aus voller Seele, und als einer der Genossen im Scherze sagte: das ist recht ein Gesicht zum ohrfeigen! so war Reinhart frech genug aufzustehn, und dem ihm ganz unbekannten Manne eine Ohrfeige zu geben. Daß eine so unerhörte That nicht ungestraft hingehn werde, war vorauszusehn. Der Beleidigte wählte aber nicht den Weg des Prozesses, sondern ließ dem Thäter auflauern, um ihn aus der Welt zu schaffen. Reinharts Glück wollte, daß mehrere Mordversuche mislangen. Nur durch eine langdauernde Entfernung von Rom und durch ein namhaftes Sühnegeld konnte er diese für ihn sehr wenig ehrenvolle Geschichte beilegen.
Durch eine stillschweigende Uebereinkunft hatten die drei bedeutendsten Landschafter jener Zeit, Rhoden, Reinhart und Koch das Gebiet ihrer künstlerischen und Jagdexcursionen nach den Orten getheilt, aus denen sie ihre Frauen genommen. Rhoden beutete Albano und das Albaner Gebirge aus, Koch studirte in Olevano und Subiaco, Reinhart hauste in dem romantischen Tivoli. Die Umwohner von Tivoli hatten einen besonders wilden Karakter, und da Reinhart als gewaltiger Jäger immer mit der Flinte im Arm die Berge durchstreifte, so gerieth er durch sein rauhes Wesen in manche Kollisionen, wo es galt, einen verzweifelten Muth zu zeigen. Das Jagdrecht war damals auf die einzelnen Dorffluren beschränkt, und jede Uebertretung ward als Jagdfrevel angesehn. Reinhart zog einst mit zwei Gesellen aus, und schoß in einer strittigen Gegend ein Rebhuhn. Die Einwohner des nächsten Ortes kamen ihnen bewaffnet nach, und verlangten die Herausgabe der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wolfgang Virmond: Bereitstellung der Texttranskription.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2014-01-07T13:04:32Z)
Staatsbibliothek zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellung der Bilddigitalisate (Sign. Av 4887-1)
(2014-01-07T13:04:32Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |