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Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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den können? Diese Frage läst sich mit so grosser mathemati-
scher Sicherheit beantworten, als nur irgend eine. Man macht
sich auf der Erde gewöhnlich zu grosse Vorstellungen von der
Ausdehnung der Städte: denn wenn man auch für London 5 englische
Meilen in die Länge und 3 in die Breite annimt, so ist der Flä-
chenraum noch nicht 1 geogr. Quadratmeile, sondern nur 7/10. Berlin
ist fast um die Hälfte kleiner; man würde indessen doch noch
auf dem Monde einen Raum von den Gens-d'armes-Thürmen
bis zur Königlichen Bibliothek als einen sichtbaren Punkt unter-
scheiden. Trozdem sind manche Astronomen auf wunderliche
Phantasien gekommen. Schröter selbst wolte auf dem Monde
die Pracht der bebauten Felder wahrgenommen, und im Marius
eine Selenitenwohnung von 80 Fus Höhe (!!) gesehn haben.
(Gruithusen?)
Neuerlich sind diese Träume im südlichen Deutschland noch
weiter ausgeführt worden. Man sah Chausseen, auf denen die
Mondbewohner sich begegneten, Palmenwälder und baumartige
Farrenkräuter, einen im Viereck gebauten Sternentempel, ja
es wurde die Frage ventilirt, ob Brunnenkresse im Monde

ein Gegenstand sein, damit wir ihn auf dem Monde unterschei-
den können? Diese Frage läst sich mit so grosser mathemati-
scher Sicherheit beantworten, als nur irgend eine. Man macht
sich auf der Erde gewöhnlich zu grosse Vorstellungen von der
Ausdehnung der Städte: denn wenn man auch für London 5 englische
Meilen in die Länge und 3 in die Breite annimt, so ist der Flä-
chenraum noch nicht 1 geogr. Quadratmeile, sondern nur 7/10. Berlin
ist fast um die Hälfte kleiner; man würde indessen doch noch
auf dem Monde einen Raum von den Gens-d’armes-Thürmen
bis zur Königlichen Bibliothek als einen sichtbaren Punkt unter-
scheiden. Trozdem sind manche Astronomen auf wunderliche
Phantasien gekommen. Schröter selbst wolte auf dem Monde
die Pracht der bebauten Felder wahrgenommen, und im Marius
eine Selenitenwohnung von 80 Fus Höhe (!!) gesehn haben.
(Gruithusen?)
Neuerlich sind diese Träume im südlichen Deutschland noch
weiter ausgeführt worden. Man sah Chausseen, auf denen die
Mondbewohner sich begegneten, Palmenwälder und baumartige
Farrenkräuter, einen im Viereck gebauten Sternentempel, ja
es wurde die Frage ventilirt, ob Brunnenkresse im Monde

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 119v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/242>, abgerufen am 21.11.2024.