Die Definizion des Erdbebens ist: Erschütterung der festen und flüssigen Theile der Erdoberfläche durch eine unterirdische Ur- sache. Diese Ursach kennen wir nicht, wir können nur durch Analogie schliessen, von welcher Art sie sein könne. Dass sie sehr tief liegen müsse, läst sich daraus beweisen, dass mit den Landstrekken zugleich das Meer bewegt wird, wo es 6-7000 Fus Tiefe hat. Ich selbst erlebte 2 sehr heftige in der Südsee, und hatte Gelegenheit, die Erscheinung zu beobachten: es ist, als ob das Schiff barrirt, d. h. auf eine Sandbank gerathen wäre, eine solche Erschütterung geht durch alle Planken und Bal- ken desselben. In den meisten Gegenden schreibt man das Erdbeben lokalen Ursachen zu: bei vielen Städten, die dem- selben ausgesezt sind, schiebt man die Schuld auf einen nahegelegenen Berg: allein dies ist durchaus nicht richtig. Ein eben so verbreitetes Vorurtheil ist es, dass ein gewis- ser Zustand der Athmosphäre ihm vorangehe, dass das Barometer sehr tief stehe, dass der Horizont mit röth- lichen Dünsten bedekt sei pp.: alles dies ist vollkommen falsch.
Von den Erdbeben.
Die Definizion des Erdbebens ist: Erschütterung der festen und flüssigen Theile der Erdoberfläche durch eine unterirdische Ur- sache. Diese Ursach kennen wir nicht, wir können nur durch Analogie schliessen, von welcher Art sie sein könne. Dass sie sehr tief liegen müsse, läst sich daraus beweisen, dass mit den Landstrekken zugleich das Meer bewegt wird, wo es 6–7000 Fus Tiefe hat. Ich selbst erlebte 2 sehr heftige in der Südsee, und hatte Gelegenheit, die Erscheinung zu beobachten: es ist, als ob das Schiff barrirt, d. h. auf eine Sandbank gerathen wäre, eine solche Erschütterung geht durch alle Planken und Bal- ken desselben. In den meisten Gegenden schreibt man das Erdbeben lokalen Ursachen zu: bei vielen Städten, die dem- selben ausgesezt sind, schiebt man die Schuld auf einen nahegelegenen Berg: allein dies ist durchaus nicht richtig. Ein eben so verbreitetes Vorurtheil ist es, dass ein gewis- ser Zustand der Athmosphäre ihm vorangehe, dass das Barometer sehr tief stehe, dass der Horizont mit röth- lichen Dünsten bedekt sei pp.: alles dies ist vollkommen falsch.
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Von den Erdbeben.
Die Definizion des Erdbebens ist: Erschütterung der festen und
flüssigen Theile der Erdoberfläche durch eine unterirdische Ur-
sache. Diese Ursach kennen wir nicht, wir können nur durch
Analogie schliessen, von welcher Art sie sein könne. Dass sie
sehr tief liegen müsse, läst sich daraus beweisen, dass mit den
Landstrekken zugleich das Meer bewegt wird, wo es 6–7000 Fus
Tiefe hat. Ich selbst erlebte 2 sehr heftige in der Südsee, und
hatte Gelegenheit, die Erscheinung zu beobachten: es ist, als
ob das Schiff barrirt, d. h. auf eine Sandbank gerathen wäre,
eine solche Erschütterung geht durch alle Planken und Bal-
ken desselben. In den meisten Gegenden schreibt man das
Erdbeben lokalen Ursachen zu: bei vielen Städten, die dem-
selben ausgesezt sind, schiebt man die Schuld auf einen
nahegelegenen Berg: allein dies ist durchaus nicht richtig.
Ein eben so verbreitetes Vorurtheil ist es, dass ein gewis-
ser Zustand der Athmosphäre ihm vorangehe, dass das
Barometer sehr tief stehe, dass der Horizont mit röth-
lichen Dünsten bedekt sei pp: alles dies ist vollkommen falsch.
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Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 181v. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/366>, abgerufen am 24.11.2024.
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