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Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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wie Löwen, Hyänen, Bären pp., von den Vögeln fand man nur sehr
wenige, weil diese bei der allgemeinen Zerstörung sich am besten
retten konten.

Die Masse der umgekommenen Thiere ist ungeheuer, in Frankreich,
in der Limagne finden sich Hügel von vielen 100 Fus Höhe, die aus
nichts als aus den Tuben einer Libelle bestehn, andre aus den
Früchten der Chara, auch Hierogoniten genant. Dagegen giebt es andre
Gegenden, denen die Formazion, worin die Versteinerungen sich finden,
gänzlich mangelt: so: ein Theil von Nordwest-amerika, der neuerdings vom
Captain Franklin untersucht ist, so die skandinavische Halbinsel,
so ein grosser von mir beschriebener Strich des südlichen Amerika
zwischen den Mündungen des Orenoco und dem Amazonenstrom: hier
überall fehlen die Flözgebirge, und mithin die organischen Spuren:
vielleicht ist dies einer spätern Erkältung der Erdoberfläche zuzuschrei-
ben. Menschenknochen, wie schon oben bemerkt wurde, findet man
nirgends, obgleich man öfter in den Irthum geraten ist. Schon der alte
Scheuchzer beschrieb einen: homo diluvii testis: man fand aber
nachher, dass es ein Wels sei (Silurus glanis) und Cuvier erkan-
te es für einen gigantischen Salamander. Auch die Menschenknochen,
welche ich aus den mexikanischen Seeen mitgebracht, sind aus
späterer Zeit. In der Guadeloupe fand man Menschengerippe ver-

wie Löwen, Hyänen, Bären pp., von den Vögeln fand man nur sehr
wenige, weil diese bei der allgemeinen Zerstörung sich am besten
retten konten.

Die Masse der umgekommenen Thiere ist ungeheuer, in Frankreich,
in der Limagne finden sich Hügel von vielen 100 Fus Höhe, die aus
nichts als aus den Tuben einer Libelle bestehn, andre aus den
Früchten der Chara, auch Hierogoniten genant. Dagegen giebt es andre
Gegenden, denen die Formazion, worin die Versteinerungen sich finden,
gänzlich mangelt: so: ein Theil von Nordwest-amerika, der neuerdings vom
Captain Franklin untersucht ist, so die skandinavische Halbinsel,
so ein grosser von mir beschriebener Strich des südlichen Amerika
zwischen den Mündungen des Orenoco und dem Amazonenstrom: hier
überall fehlen die Flözgebirge, und mithin die organischen Spuren:
vielleicht ist dies einer spätern Erkältung der Erdoberfläche zuzuschrei-
ben. Menschenknochen, wie schon oben bemerkt wurde, findet man
nirgends, obgleich man öfter in den Irthum geraten ist. Schon der alte
Scheuchzer beschrieb einen: homo diluvii testis: man fand aber
nachher, dass es ein Wels sei (Silurus glanis) und Cuvier erkan-
te es für einen gigantischen Salamander. Auch die Menschenknochen,
welche ich aus den mexikanischen Seeen mitgebracht, sind aus
späterer Zeit. In der Guadeloupe fand man Menschengerippe ver-

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[216r/0435] wie Löwen, Hyänen, Bären pp, von den Vögeln fand man nur sehr wenige, weil diese bei der allgemeinen Zerstörung sich am besten retten konten. Die Masse der umgekommenen Thiere ist ungeheuer, in Frankreich, in der Limagne finden sich Hügel von vielen 100 Fus Höhe, die aus nichts als aus den Tuben einer Libelle bestehn, andre aus den Früchten der Chara, auch Hierogoniten genant. Dagegen giebt es andre Gegenden, denen die Formazion, worin die Versteinerungen sich finden, gänzlich mangelt: so: ein Theil von Nordwest-amerika, der neuerdings vom Captain Franklin untersucht ist, so die skandinavische Halbinsel, so ein grosser von mir beschriebener Strich des südlichen Amerika zwischen den Mündungen des Orenoco und dem Amazonenstrom: hier überall fehlen die Flözgebirge, und mithin die organischen Spuren: vielleicht ist dies einer spätern Erkältung der Erdoberfläche zuzuschrei- ben. Menschenknochen, wie schon oben bemerkt wurde, findet man nirgends, obgleich man öfter in den Irthum geraten ist. Schon der alte Scheuchzer beschrieb einen: homo diluvii testis: man fand aber nachher, dass es ein Wels sei (Silurus glanis) und Cuvier erkan- te es für einen gigantischen Salamander. Auch die Menschenknochen, welche ich aus den mexikanischen Seeen mitgebracht, sind aus späterer Zeit. In der Guadeloupe fand man Menschengerippe ver-

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Zitationshilfe: Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 216r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/435>, abgerufen am 22.11.2024.