Das Feuer-anmachen und Kochen hat auf den hohen Bergen eine eigne Schwierigkeit. Ich habe mich viel damit beschäftigt, aber nur eine unvolkomne Methode anwenden können. Wasser, welches am Meere, also unter 28" Barometerhöhe siedet, brabei 80° R. siedet, braucht dazu auf hohen Bergen nur 62° R. In den Fällen, wo ich unterüber der Schneegränze in grossen Höhlen Feuer anzünden lies, war dies immer mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Die Flamme hält nicht zusammen, sondern läuft gleichsam auf der Erde fort. Merkwürdig ist es, dass Marco Polo dasselbe auf einem hohen Bergrükken zwischen der grossen und kleinen Bucharei bemerkte; und als eine Folge des mangelnden Luftdrukkes angiebt. Die- selben Erscheinungen findet man bei der Flamme im luftverdün- ten Raum unter der Luftpumpe.
Die regelmässigen Störungen des Luftozeans, welche man auch Oszillazionen genant hat, bestehn in einer stündlichen Ebbe und Flut, die sich am Barometer äussert. Unter den Tropen sind sie so regelmässig, dass man bis auf 1/4 Stunde genau die Zeit danach bestimmen kann. Das Barometer steht am höchsten um 9 Uhr früh, sinkt von da an, und erreicht seinen niedrigsten Stand um 4 Uhr Abend: dann steigt es, und steht
Das Feuer-anmachen und Kochen hat auf den hohen Bergen eine eigne Schwierigkeit. Ich habe mich viel damit beschäftigt, aber nur eine unvolkomne Methode anwenden können. Wasser, welches am Meere, also unter 28″ Barometerhöhe siedet, brabei 80° R. siedet, braucht dazu auf hohen Bergen nur 62° R. In den Fällen, wo ich unterüber der Schneegränze in grossen Höhlen Feuer anzünden lies, war dies immer mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Die Flam̃e hält nicht zusammen, sondern läuft gleichsam auf der Erde fort. Merkwürdig ist es, dass Marco Polo dasselbe auf einem hohen Bergrükken zwischen der grossen und kleinen Bucharei bemerkte; und als eine Folge des mangelnden Luftdrukkes angiebt. Die- selben Erscheinungen findet man bei der Flam̃e im luftverdün- ten Raum unter der Luftpumpe.
Die regelmässigen Störungen des Luftozeans, welche man auch Oszillazionen genant hat, bestehn in einer stündlichen Ebbe und Flut, die sich am Barometer äussert. Unter den Tropen sind sie so regelmässig, dass man bis auf ¼ Stunde genau die Zeit danach bestimmen kann. Das Barometer steht am höchsten um 9 Uhr früh, sinkt von da an, und erreicht seinen niedrigsten Stand um 4 Uhr Abend: dann steigt es, und steht
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Das Feuer-anmachen und Kochen hat auf den hohen Bergen eine
eigne Schwierigkeit. Ich habe mich viel damit beschäftigt, aber nur
eine unvolkomne Methode anwenden können. Wasser, welches am
Meere, also unter 28″ Barometerhöhe bei 80° R. siedet,
braucht dazu auf hohen Bergen nur 62° R. In den Fällen, wo ich
über der Schneegränze in grossen Höhlen Feuer anzünden lies,
war dies immer mit vielen Schwierigkeiten verbunden. Die Flam̃e
hält nicht zusammen, sondern läuft gleichsam auf der Erde fort.
Merkwürdig ist es, dass Marco Polo dasselbe auf einem hohen
Bergrükken zwischen der grossen und kleinen Bucharei bemerkte;
und als eine Folge des mangelnden Luftdrukkes angiebt. Die-
selben Erscheinungen findet man bei der Flam̃e im luftverdün-
ten Raum unter der Luftpumpe.
Die regelmässigen Störungen des Luftozeans, welche man auch
Oszillazionen genant hat, bestehn in einer stündlichen Ebbe und
Flut, die sich am Barometer äussert. Unter den Tropen sind
sie so regelmässig, dass man bis auf ¼ Stunde genau die
Zeit danach bestimmen kann. Das Barometer steht am
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Parthey, Gustav: Alexander von Humboldt[:] Vorlesungen über physikalische Geographie. Novmbr. 1827 bis April,[!] 1828. Nachgeschrieben von G. Partheÿ. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 268r. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/parthey_msgermqu1711_1828/539>, abgerufen am 22.11.2024.
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