Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]Secunde. 1794 wurde eine Feuerkugel gleichzeitig in Paris Secunde. 1794 wurde eine Feuerkugel gleichzeitig in Paris <TEI> <text> <body> <div xml:id="Ms_germ_fol_842" prev="#Ms_germ_fol_841"> <div type="session" n="53"> <p><pb facs="#f0353" n="336."/> Secunde. 1794 wurde eine Feuerkugel gleichzeitig in Paris<lb/> u. Dublin geſehen. Bisweilen haben ſie eine ſeltene <supplied reason="damage" resp="#BF">Ab-</supplied><lb/> lenkung u. die Maſſe ſcheint in der Atmoſphäre aufgehalt<lb/> zu werden. Ein Getöſe iſt ſtets damit verbunden, das<lb/> oft 15–18 Ml. weit zu hören iſt, u. obgleich ſie ſehr er-<lb/> hitzt herunterkom̃en, verſengen ſie nicht das Gras <gap reason="illegible" unit="words" quantity="1"/><lb/> entzünden Holz u. dgl. Es ſcheint überhaupt <choice><abbr>dß</abbr><expan resp="#BF">daß</expan></choice> nur die<lb/> Fläche verglaſet u. das Jñere nicht erhitzt wird, deñ <supplied reason="damage" resp="#BF">der</supplied><lb/> Chemiker <hi rendition="#aq"><persName resp="#BF" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118510185 http://d-nb.info/gnd/118510185">Berzelius</persName></hi> fand den Schwefelkies ganz unver<supplied reason="damage" resp="#BF">än-</supplied><lb/> dert. Es ereignete ſich der höchſt merkwürdige Umſtan<supplied reason="damage" resp="#BF">d</supplied><lb/> im Jahr 1810, daß ein Meteorſtein auf ein Schiff an der<lb/> Küſte Amerikas fiel, durch das Verdeck ſchlug, das Hol<supplied reason="damage" resp="#BF">z</supplied><lb/> aber nicht ſchwärzte, welches bei einer durch u. durch erhi<supplied reason="damage" resp="#BF">tzten</supplied><lb/> Kugel der Fall ſein würde. Bedenkt man daß im Ga<supplied reason="damage" resp="#BF">nzen</supplied><lb/> Meteorſteine <choice><abbr>ſelt</abbr><expan resp="#BF">ſelten</expan></choice> vom Him̃el fallen u. erwägt man <supplied reason="damage" resp="#BF">die</supplied><lb/> Größe des atlant. Ozeans u. den Punkt auf <choice><abbr>demſelb</abbr><expan resp="#BF">demſelben</expan></choice> <supplied reason="damage" resp="#BF">den</supplied><lb/> ein Schiff bildet, ſo iſt dies gewiß die auffallendſte Erſ<gap reason="lost"/><lb/> das Phänomen iſt von den Jahreszeiten ganz unabh<supplied reason="damage" resp="#BF">än-</supplied><lb/> gig, hat nichts mit den Soñenflecke zu thun u. dgl. <choice><abbr>H.</abbr><expan resp="#BF">Herr</expan></choice><lb/><hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-117045535 http://d-nb.info/gnd/117045535">Schreiber</persName></hi> hat berechnet daß bereits 100000 Steinfälle ſta<supplied reason="damage" resp="#BF">tt</supplied><lb/> gefunden, was freilich zu beſtim̃en höchſt ſonderbar iſt.<lb/> Für die Urſache dieſer Erſch. hat man drei Hypoth<supplied reason="damage" resp="#BF">e-</supplied><lb/> ſen <choice><abbr>angenom̃</abbr><expan resp="#BF">angenom̃en</expan></choice> 1. Sie ſollen ſich in der obern Atmoſ<supplied reason="damage" resp="#BF">phäre</supplied><lb/> ſelbſt bilden, indem das Hydrogen im Stande iſt ſelbſt <supplied reason="damage" resp="#BF">Me-</supplied><lb/> talle aufzulöſen, die ſich <choice><abbr>dort</abbr><expan resp="#BF">dorten</expan></choice> zuſam̃enballen. Be<supplied reason="damage" resp="#BF">denkt</supplied><lb/> man aber, daß die Luft oben ſo düñ iſt, daß ſie einen B<supplied reason="damage" resp="#BF">a-</supplied><lb/> rometerdruck von <choice><abbr>wenig</abbr><expan resp="#BF">wenigen</expan></choice> <choice><abbr>Lini</abbr><expan resp="#BF">Linien</expan></choice> nur übt, ſo würden alle <gap reason="lost"/><supplied reason="damage" resp="#BF">-</supplied><lb/> baren Theile der obern Luftſchicht zuſam̃en, doch nicht <add place="superlinear"><metamark/>ſo ſchwer ſein als </add>Steine v<supplied reason="damage" resp="#BF">on</supplied><lb/> 7 Fuß Durchmeſſer. Dazu kom̃t die Schnelligkeit die hori<supplied reason="damage" resp="#BF">zon-</supplied><lb/> tal geht u. nicht Folge des Falls ſein kañ. 2., Sollen Mon<supplied reason="damage" resp="#BF">d-</supplied><lb/> vulkane ſie herſchleudern. Dies hat <hi rendition="#aq"><persName resp="#BF" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118726536 http://d-nb.info/gnd/118726536">Laplace</persName></hi> u. <hi rendition="#aq"><persName resp="#BF" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-11858975X http://d-nb.info/gnd/11858975X">Olbers</persName></hi> nicht b<supplied reason="damage" resp="#BF">e-</supplied><lb/> hauptet, obwohl ſie unterſucht, ob ſie wohl daher <choice><abbr>kom̃</abbr><expan resp="#BF">kom̃en</expan></choice> köñte<supplied reason="damage" resp="#BF">n.</supplied><lb/> Hiernach würde Steine, weñ ſie mit einer Wurfkraft von 7500<supplied reason="damage" resp="#BF">′</supplied><lb/> in einer Sec. geſchleudert würden |: 4 mal ſtärker als Pulver<gap reason="lost"/><lb/> in 2½ Tage auf die Erde kom̃en. Die Tranſlation des Monde<supplied reason="damage" resp="#BF">s</supplied><lb/> würde veranlaſſen, daß ſich dieſe Steine in <choice><abbr>Erdſatellit</abbr><expan resp="#BF">Erdſatelliten</expan></choice> ve<supplied reason="damage" resp="#BF">r-</supplied><lb/> wandelten. Die früheſte Meinung in dieſer Art iſt 1660 aufgeſtellt, wo ein Mönch d<supplied reason="damage" resp="#BF">urch</supplied><lb/> einen Meteorſtein in Jtalien getödtet wurde u. von dem man behauptete, er ſei aus dem M<supplied reason="damage" resp="#BF">ond</supplied><lb/> gekom̃. 3., Die beſte u. neueſte Hypotheſe iſt, daß Meteorſteine aus den Welträumen<lb/> ſelbſt kom̃en, daß dieſe kleinen Maſſen, die im Verhältniß <choice><abbr>zwiſch</abbr><expan resp="#BF">zwiſchen</expan></choice> andern Weltkörpern, a<supplied reason="damage" resp="#BF">ls</supplied><lb/> eigne Weltkörper zu betrachten ſind, durch Perturbation auf einen oder den ander<supplied reason="damage" resp="#BF">n</supplied><lb/> Planeten fallen, u. die durch das <choice><abbr>Zerplatz</abbr><expan resp="#BF">Zerplatzen</expan></choice> eines größern Körpers <choice><abbr>entſtand</abbr><expan resp="#BF">entſtanden</expan></choice> ſein köñen<supplied reason="damage" resp="#BF">.</supplied><lb/><hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118568698 http://d-nb.info/gnd/118568698">Lagrange</persName></hi> hat hierüber u. über d. Wurfkraft ein tiefſiñiges <hi rendition="#aq">Memoire</hi> herausgegeben.</p> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [336./0353]
Secunde. 1794 wurde eine Feuerkugel gleichzeitig in Paris
u. Dublin geſehen. Bisweilen haben ſie eine ſeltene Ab-
lenkung u. die Maſſe ſcheint in der Atmoſphäre aufgehalt
zu werden. Ein Getöſe iſt ſtets damit verbunden, das
oft 15–18 Ml. weit zu hören iſt, u. obgleich ſie ſehr er-
hitzt herunterkom̃en, verſengen ſie nicht das Gras _
entzünden Holz u. dgl. Es ſcheint überhaupt dß nur die
Fläche verglaſet u. das Jñere nicht erhitzt wird, deñ der
Chemiker Berzelius fand den Schwefelkies ganz unverän-
dert. Es ereignete ſich der höchſt merkwürdige Umſtand
im Jahr 1810, daß ein Meteorſtein auf ein Schiff an der
Küſte Amerikas fiel, durch das Verdeck ſchlug, das Holz
aber nicht ſchwärzte, welches bei einer durch u. durch erhitzten
Kugel der Fall ſein würde. Bedenkt man daß im Ganzen
Meteorſteine ſelt vom Him̃el fallen u. erwägt man die
Größe des atlant. Ozeans u. den Punkt auf demſelb den
ein Schiff bildet, ſo iſt dies gewiß die auffallendſte Erſ_
das Phänomen iſt von den Jahreszeiten ganz unabhän-
gig, hat nichts mit den Soñenflecke zu thun u. dgl. H.
Schreiber hat berechnet daß bereits 100000 Steinfälle ſtatt
gefunden, was freilich zu beſtim̃en höchſt ſonderbar iſt.
Für die Urſache dieſer Erſch. hat man drei Hypothe-
ſen angenom̃ 1. Sie ſollen ſich in der obern Atmoſphäre
ſelbſt bilden, indem das Hydrogen im Stande iſt ſelbſt Me-
talle aufzulöſen, die ſich dort zuſam̃enballen. Bedenkt
man aber, daß die Luft oben ſo düñ iſt, daß ſie einen Ba-
rometerdruck von wenig Lini nur übt, ſo würden alle _ -
baren Theile der obern Luftſchicht zuſam̃en, doch nicht ſo ſchwer ſein als Steine von
7 Fuß Durchmeſſer. Dazu kom̃t die Schnelligkeit die horizon-
tal geht u. nicht Folge des Falls ſein kañ. 2., Sollen Mond-
vulkane ſie herſchleudern. Dies hat Laplace u. Olbers nicht be-
hauptet, obwohl ſie unterſucht, ob ſie wohl daher kom̃ köñten.
Hiernach würde Steine, weñ ſie mit einer Wurfkraft von 7500′
in einer Sec. geſchleudert würden |: 4 mal ſtärker als Pulver_
in 2½ Tage auf die Erde kom̃en. Die Tranſlation des Mondes
würde veranlaſſen, daß ſich dieſe Steine in Erdſatellit ver-
wandelten. Die früheſte Meinung in dieſer Art iſt 1660 aufgeſtellt, wo ein Mönch durch
einen Meteorſtein in Jtalien getödtet wurde u. von dem man behauptete, er ſei aus dem Mond
gekom̃. 3., Die beſte u. neueſte Hypotheſe iſt, daß Meteorſteine aus den Welträumen
ſelbſt kom̃en, daß dieſe kleinen Maſſen, die im Verhältniß zwiſch andern Weltkörpern, als
eigne Weltkörper zu betrachten ſind, durch Perturbation auf einen oder den andern
Planeten fallen, u. die durch das Zerplatz eines größern Körpers entſtand ſein köñen.
Lagrange hat hierüber u. über d. Wurfkraft ein tiefſiñiges Memoire herausgegeben.
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Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Humboldt-Universität zu Berlin: Projektträger
Hidden Kosmos: Reconstructing A. v. Humboldt’s »Kosmos-Lectures« (Leitung Prof. Dr. Christian Kassung): Finanzierung der Bild- und Volltextdigitalisierung
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung
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