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Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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sind sie verschieden, wie Säugethier u.
Vogel, Palme u. Fisch. Alle bisherigen
Definitionen zwischen Thier u. Pflanzen, können
durch häufige Ausnahmen widerlegt
werden. Die älteste Definition des Thie-
res, enthielt die willkührliche Bewegung
desselben. Es giebt aber Thiere auch ohne
Bewegung, so wie Pfl. mit Bewegung
wie Zb. das Hedycorum gerans, wo die
stipulae willkührlich sich auch im finstern
bewegen, nachdem die Drehung der Blätte[r]
längst aufgehört hat. Eine andere Defini-
tion ist die, daß die Genitalien bei den
Thieren permanent bleiben, bei den Pflanzen
aber abfallen. Dies ist eine eben so unglückl.
Definition. Jch kann bei den Pflanzen die Ge-
schlechtstheile als getrennt ansehen, u. es giebt
Hemmen mit Staubfäden, auch nicht. So lange
das Ganze lebt, lebt auch dies Jndividuum
u. nicht länger. Eben so ist es mit der
Definiton aus der Chemie hergeleitet,
daß die Thiere Stickstoff erzeugen u.
Pflanzen nicht. Die Nahrung ist zwar
bei beiden verschieden, aber die Perspira-
tion ganz gleich u. ähnlich. Hier findet
aber ein merkwürdiger Unterschied bei
höhern Thier- u. Pflanzenordnungen statt
u. ein Gegensatz des Verkehrs mit der
Atmosphäre. Pflanzen zersetzen u. ver-
mindern die Kohlensäure, die Thiere
grade hervorbringen.

Betrachten wir die Gesammtmasse des
org. Stoffes, so sehen wie eine größere
Masse Vegetabilien als thierische Körper.
Man erstaunt, wenn man Zb. auf Ceylon

auf

ſind ſie verſchieden, wie Säugethier u.
Vogel, Palme u. Fiſch. Alle bisherigen
Definitionen zwiſchen Thier u. Pflanzen, köñen
durch häufige Ausnahmen widerlegt
werden. Die älteſte Definition des Thie-
res, enthielt die willkührliche Bewegung
deſſelben. Es giebt aber Thiere auch ohne
Bewegung, ſo wie Pfl. mit Bewegung
wie Zb. das Hedycorum gerans, wo die
ſtipulae willkührlich ſich auch im finſtern
bewegen, nachdem die Drehung der Blätte[r]
längſt aufgehört hat. Eine andere Defini-
tion iſt die, daß die Genitalien bei den
Thieren permanent bleiben, bei den Pflanzen
aber abfallen. Dies iſt eine eben ſo unglückl.
Definition. Jch kañ bei den Pflanzen die Ge-
ſchlechtstheile als getreñt anſehen, u. es giebt
Hem̃en mit Staubfäden, auch nicht. So lange
das Ganze lebt, lebt auch dies Jndividuum
u. nicht länger. Eben ſo iſt es mit der
Definiton aus der Chemie hergeleitet,
daß die Thiere Stickſtoff erzeugen u.
Pflanzen nicht. Die Nahrung iſt zwar
bei beiden verſchieden, aber die Perſpira-
tion ganz gleich u. ähnlich. Hier findet
aber ein merkwürdiger Unterſchied bei
höhern Thier- u. Pflanzenordnungen ſtatt
u. ein Gegenſatz des Verkehrs mit der
Atmoſphäre. Pflanzen zerſetzen u. ver-
mindern die Kohlenſäure, die Thiere
grade hervorbringen.

Betrachten wir die Geſam̃tmaſſe des
org. Stoffes, ſo ſehen wie eine größere
Maſſe Vegetabilien als thieriſche Körper.
Man erſtaunt, weñ man Zb. auf Ceylon

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[342./0359] ſind ſie verſchieden, wie Säugethier u. Vogel, Palme u. Fiſch. Alle bisherigen Definition zwiſchen Thier u. Pflanzen, köñen durch häufige Ausnahmen widerlegt werden. Die älteſte Definition des Thie- res, enthielt die willkührliche Bewegung deſſelben. Es giebt aber Thiere auch ohne Bewegung, ſo wie Pfl. mit Bewegung wie Zb. das Hedycorum gerans, wo die ſtipulae willkührlich ſich auch im finſtern bewegen, nachdem die Drehung der Blätter längſt aufgehört hat. Eine andere Defini- tion iſt die, daß die Genitalien bei den Thieren permanent bleiben, bei den Pflanzen aber abfallen. Dies iſt eine eben ſo unglückl. Definition. Jch kañ bei den Pflanz die Ge- ſchlechtstheile als getreñt anſehen, u. es giebt Hem̃en mit Staubfäden, auch nicht. So lange das Ganze lebt, lebt auch dies Jndividuum u. nicht länger. Eben ſo iſt es mit der Definiton aus der Chemie hergeleitet, daß die Thiere Stickſtoff erzeug u. Pflanzen nicht. Die Nahrung iſt zwar bei beiden verſchieden, aber die Perſpira- tion ganz gleich u. ähnlich. Hier findet aber ein merkwürdiger Unterſchied bei höhern Thier- u. Pflanzenordnung ſtatt u. ein Gegenſatz des Verkehrs mit der Atmoſphäre. Pflanz zerſetzen u. ver- mindern die Kohlenſäure, die Thiere grade hervorbringen. Betrachten wir die Geſam̃tmaſſe des org. Stoffes, ſo ſehen wie eine größere Maſſe Vegetabili als thieriſche Körper. Man erſtaunt, weñ man Zb. auf Ceylon auf

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Zitationshilfe: Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 342.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/359>, abgerufen am 22.11.2024.