Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

werden. Die Alten unterschieden die Völker in Einge-
boren u. Eingewanderte. Nehmen wir Nord-Afrika
so kamen zu den ursprüngl. Lybiern, Phönizier d.
Griechen. Vor Einwanderung der Saracenen war
daselbst schon die caucasische Race. Die Hycksos
ein Arabischer Stamm in Egypten, die Perser etc.
Dieser Contrast zwischen schwarzen u. weißen
Menschen bildet einen sichtbaren Abklang in der My-
thologie Egyptens. Ferner brachte den Zug der
Vandalle weiße Menschen dahin, dieeren Nachkommen
auf dem Atlas unter dem Namen Kabilen noch ex[isti-]
ren. Wenn Herodot u. die übrigen Alten nicht
Die Alten verachteten alle Barbaren, daher
fehlte ihren gänzlich die Kenntniß ihrer Sprachen.
Untersuchungen über die Menschenracen anstellte
u. diese erst der neuere Zeit angehört; so sagt
doch Seneca in seinem Agricola auf das deutlichste
daß die Erscheinung der versch. Gestalt der Menschen
entweder Folge der Abstammung oder des Klima i[st.]
Die Jdee, daß alle Menschen von einem Paare ab-
stammen ist Folge des Christenthums, welche zur Ver-
mischung der Racen so viel beitrug, zu der
mildern Behandlung der Sclaven etc. Als man A-
merika entdeckte fand sich kein Hirtenvolk da
selbst weil die wiederkäuenden Thiere nicht da[zu]
benutzt wurden. Jn China eben@mäßig bei dem
hohen Betriebe des Ackerbaues, ist so alles Hir-
tenleben vertilgt, daß keine thierische Milch ge-
nossen wird. Daß ein großes Verkehr zwischen
dem westl. Amerika u. östl. Asien statt gefund[en]
beweiset auch diese Aehnlichkeit, daß die Urein-
wohnen noch jetzt bei Millionen Rindvieh einen
großen Abscheu vor Milch äußern. Als dies
Land entdeckt wurde so entstand die Frage
ob die Einwohnen auch Menschen wären? u. eine
Päbstl. Bulle drückte bestimmt die Einheit des
Menschengeschlechtes aus. Die dennoch entstehende
Sclaverei der Caraiben u. Neger mußte man
dem Bedürfniß der Jndustrie zuschreiben, u. dem
Landbesitz den die Geistlichkeit selbst hatte.

Wir können jetzt zwei Fragen aufstellen
1., welche Verschiedenheit haben die verschieden[en]
Racen u. 2., wie haben sie sich vertheilt

und

werden. Die Alten unterſchieden die Völker in Einge-
boren u. Eingewanderte. Nehmen wir Nord-Afrika
ſo kamen zu den urſprüngl. Lybiern, Phönizier d.
Griechen. Vor Einwanderung der Saracenen war
daſelbſt ſchon die caucaſiſche Raçe. Die Hycksos
ein Arabiſcher Stam̃ in Egypten, die Perſer etc.
Dieſer Contraſt zwiſchen ſchwarzen u. weißen
Menſchen bildet einen ſichtbaren Abklang in der My-
thologie Egyptens. Ferner brachte den Zug der
Vandalle weiße Menſchen dahin, dieeren Nachkom̃en
auf dem Atlas unter dem Namen Kabilen noch ex[iſti-]
ren. Weñ Herodot u. die übrigen Alten nicht
Die Alten verachteten alle Barbaren, daher
fehlte ihren gänzlich die Keñtniß ihrer Sprachen.
Unterſuchungen über die Menſchenraçen anſtellte
u. dieſe erſt der neuere Zeit angehört; ſo ſagt
doch Seneca in ſeinem Agricola auf das deutlichſte
daß die Erſcheinung der verſch. Geſtalt der Menſchen
entweder Folge der Abſtam̃ung oder des Klima i[ſt.]
Die Jdee, daß alle Menſchen von einem Paare ab-
ſtam̃en iſt Folge des Chriſtenthums, welche zur Ver-
miſchung der Raçen ſo viel beitrug, zu der
mildern Behandlung der Sclaven etc. Als man A-
merika entdeckte fand ſich kein Hirtenvolk da
ſelbſt weil die wiederkäuenden Thiere nicht da[zu]
benutzt wurden. Jn China ebenmäßig bei dem
hohen Betriebe des Ackerbaues, iſt ſo alles Hir-
tenleben vertilgt, daß keine thieriſche Milch ge-
noſſen wird. Daß ein großes Verkehr zwiſchen
dem weſtl. Amerika u. öſtl. Aſien ſtatt gefund[en]
beweiſet auch dieſe Aehnlichkeit, daß die Urein-
wohnen noch jetzt bei Millionen Rindvieh einen
großen Abſcheu vor Milch äußern. Als dies
Land entdeckt wurde ſo entſtand die Frage
ob die Einwohnen auch Menſchen wären? u. eine
Päbſtl. Bulle drückte beſtim̃t die Einheit des
Menſchengeſchlechtes aus. Die deñoch entſtehende
Sclaverei der Caraiben u. Neger mußte man
dem Bedürfniß der Jnduſtrie zuſchreiben, u. dem
Landbeſitz den die Geiſtlichkeit ſelbſt hatte.

Wir köñen jetzt zwei Fragen aufſtellen
1., welche Verſchiedenheit haben die verſchieden[en]
Raçen u. 2., wie haben ſie ſich vertheilt

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div xml:id="Ms_germ_fol_842" prev="#Ms_germ_fol_841">
        <div type="session" n="60">
          <p><pb facs="#f0397" n="380."/>
werden. Die Alten unter&#x017F;chieden die Völker in Einge-<lb/>
boren u. Eingewanderte. Nehmen wir Nord-Afrika<lb/>
&#x017F;o kamen zu den ur&#x017F;prüngl. Lybiern, Phönizier d.<lb/>
Griechen. Vor Einwanderung der Saracenen <unclear reason="illegible" resp="#textloop">war</unclear><lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;chon die cauca&#x017F;i&#x017F;che Raçe. Die <hi rendition="#aq">Hycksos</hi><lb/>
ein Arabi&#x017F;cher Stam&#x0303; in Egypten, die Per&#x017F;er <choice><orig><hi rendition="#aq">p</hi>.</orig><reg resp="#BF"><hi rendition="#aq">etc</hi>.</reg></choice><lb/>
Die&#x017F;er Contra&#x017F;t zwi&#x017F;chen &#x017F;chwarzen u. weißen<lb/>
Men&#x017F;chen bildet einen &#x017F;ichtbaren Abklang in der My-<lb/>
thologie Egyptens. Ferner brachte den Zug der<lb/><hi rendition="#aq">Vandalle</hi> weiße Men&#x017F;chen dahin, d<subst><del rendition="#ow"><unclear reason="covered" cert="high" resp="#BF">ie</unclear></del><add place="across">er</add></subst>en Nachkom&#x0303;en<lb/>
auf dem Atlas unter dem Namen <hi rendition="#aq">Kabilen</hi> noch <unclear reason="illegible" cert="high" resp="#BF">ex<supplied reason="damage" resp="#BF">i&#x017F;ti-</supplied></unclear><lb/>
ren. Wen&#x0303; <hi rendition="#aq"><persName resp="#BF" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118549855 http://d-nb.info/gnd/118549855">Herodot</persName></hi> u. die übrigen Alten nicht<lb/><note place="left">Die Alten verachteten alle Barbaren, daher<lb/>
fehlte ihren gänzlich die Ken&#x0303;tniß ihrer Sprachen.<lb/></note>Unter&#x017F;uchungen über die Men&#x017F;chenraçen an&#x017F;tellte<lb/>
u. die&#x017F;e er&#x017F;t der neuere Zeit angehört; &#x017F;o &#x017F;agt<lb/>
doch <hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118613200 http://d-nb.info/gnd/118613200">Seneca</persName></hi> in &#x017F;einem <hi rendition="#aq">Agricola</hi> auf das deutlich&#x017F;te<lb/>
daß die Er&#x017F;cheinung der ver&#x017F;ch. Ge&#x017F;talt der Men&#x017F;chen<lb/>
entweder Folge der Ab&#x017F;tam&#x0303;ung oder des Klima i<supplied reason="damage" resp="#BF">&#x017F;t.</supplied><lb/>
Die Jdee, daß alle Men&#x017F;chen von einem Paare ab-<lb/>
&#x017F;tam&#x0303;en i&#x017F;t Folge des Chri&#x017F;tenthums, welche zur Ver-<lb/>
mi&#x017F;chung der Raçen &#x017F;o viel beitrug, zu der<lb/>
mildern Behandlung der Sclaven <choice><orig><hi rendition="#aq">p</hi></orig><reg resp="#BF"><hi rendition="#aq">etc</hi>.</reg></choice> Als man A-<lb/>
merika entdeckte fand &#x017F;ich kein Hirtenvolk da<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t weil die wiederkäuenden Thiere nicht da<supplied reason="damage" resp="#BF">zu</supplied><lb/>
benutzt wurden. Jn China eben<subst><del rendition="#ow">&#xFFFC;</del><add place="across">m</add></subst>äßig bei dem<lb/>
hohen Betriebe des Ackerbaues, i&#x017F;t &#x017F;o alles Hir-<lb/>
tenleben vertilgt, daß keine thieri&#x017F;che Milch ge-<lb/>
no&#x017F;&#x017F;en wird. Daß ein großes Verkehr zwi&#x017F;chen<lb/>
dem we&#x017F;tl. Amerika u. ö&#x017F;tl. A&#x017F;ien &#x017F;tatt gefund<supplied reason="damage" resp="#BF">en</supplied><lb/>
bewei&#x017F;et auch die&#x017F;e Aehnlichkeit, daß die Urein-<lb/>
wohnen noch jetzt bei Millionen Rindvieh einen<lb/>
großen Ab&#x017F;cheu vor Milch äußern. Als dies<lb/>
Land entdeckt wurde &#x017F;o ent&#x017F;tand die Frage<lb/>
ob die Einwohnen auch Men&#x017F;chen wären? u. eine<lb/>
Päb&#x017F;tl. Bulle drückte be&#x017F;tim&#x0303;t die Einheit des<lb/>
Men&#x017F;chenge&#x017F;chlechtes aus. Die den&#x0303;och ent&#x017F;tehende<lb/>
Sclaverei der <hi rendition="#aq">Caraiben</hi> u. Neger mußte man<lb/>
dem Bedürfniß der Jndu&#x017F;trie zu&#x017F;chreiben, u. dem<lb/>
Landbe&#x017F;itz den die Gei&#x017F;tlichkeit &#x017F;elb&#x017F;t hatte.</p><lb/>
          <p>Wir kön&#x0303;en jetzt zwei Fragen auf&#x017F;tellen<lb/>
1., welche Ver&#x017F;chiedenheit haben die ver&#x017F;chieden<supplied reason="damage" resp="#BF">en</supplied><lb/>
Raçen u. 2., wie haben &#x017F;ie &#x017F;ich vertheilt<lb/>
<fw type="catch" place="bottom">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[380./0397] werden. Die Alten unterſchieden die Völker in Einge- boren u. Eingewanderte. Nehmen wir Nord-Afrika ſo kamen zu den urſprüngl. Lybiern, Phönizier d. Griechen. Vor Einwanderung der Saracenen war daſelbſt ſchon die caucaſiſche Raçe. Die Hycksos ein Arabiſcher Stam̃ in Egypten, die Perſer p. Dieſer Contraſt zwiſchen ſchwarzen u. weißen Menſchen bildet einen ſichtbaren Abklang in der My- thologie Egyptens. Ferner brachte den Zug der Vandalle weiße Menſchen dahin, deren Nachkom̃en auf dem Atlas unter dem Namen Kabilen noch exiſti- ren. Weñ Herodot u. die übrigen Alten nicht Unterſuchungen über die Menſchenraçen anſtellte u. dieſe erſt der neuere Zeit angehört; ſo ſagt doch Seneca in ſeinem Agricola auf das deutlichſte daß die Erſcheinung der verſch. Geſtalt der Menſchen entweder Folge der Abſtam̃ung oder des Klima iſt. Die Jdee, daß alle Menſchen von einem Paare ab- ſtam̃en iſt Folge des Chriſtenthums, welche zur Ver- miſchung der Raçen ſo viel beitrug, zu der mildern Behandlung der Sclaven p Als man A- merika entdeckte fand ſich kein Hirtenvolk da ſelbſt weil die wiederkäuenden Thiere nicht dazu benutzt wurden. Jn China ebenmäßig bei dem hohen Betriebe des Ackerbaues, iſt ſo alles Hir- tenleben vertilgt, daß keine thieriſche Milch ge- noſſen wird. Daß ein großes Verkehr zwiſchen dem weſtl. Amerika u. öſtl. Aſien ſtatt gefunden beweiſet auch dieſe Aehnlichkeit, daß die Urein- wohnen noch jetzt bei Millionen Rindvieh einen großen Abſcheu vor Milch äußern. Als dies Land entdeckt wurde ſo entſtand die Frage ob die Einwohnen auch Menſchen wären? u. eine Päbſtl. Bulle drückte beſtim̃t die Einheit des Menſchengeſchlechtes aus. Die deñoch entſtehende Sclaverei der Caraiben u. Neger mußte man dem Bedürfniß der Jnduſtrie zuſchreiben, u. dem Landbeſitz den die Geiſtlichkeit ſelbſt hatte. Die Alten verachteten alle Barbaren, daher fehlte ihren gänzlich die Keñtniß ihrer Sprachen. Wir köñen jetzt zwei Fragen aufſtellen 1., welche Verſchiedenheit haben die verſchiedenen Raçen u. 2., wie haben ſie ſich vertheilt und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/397
Zitationshilfe: Patzig, Gotthilf: Vorträge über physische Geographie des Freiherrn Alexander von Humbold: gehalten im großen Hörsaale des Universitäts-Gebäudes zu Berlin im Wintersemester 1827/28 vom 3ten Novbr. 1827. bis 26 April 1828. Aus schriftlichen Notizen nach jedem Vortrage zusammengestellt vom Rechnungsrath Gotthilf Friedrich Patzig. Berlin, 1827/28. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 380.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/patzig_msgermfol841842_1828/397>, abgerufen am 22.11.2024.