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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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"-- Falls ers aber -- fuhr er fort -- recht
macht, anfangs schlechte, zweideutige Prozesse
mit Freuden annimmt, weil große Advokaten sie
von der Hand weisen, leztere häufig konsultiert,
sich windet und bükt und dreht" --

"So kann er ein rechtes Wasser auf desjenigen
Mühle werden, der sein Vater ist, ja eine ganze
Mühlwelle; er kann ihm ja nach Gelegenheit von
Zeit zu Zeit ein beträchtliches Stük Geld zufertigen"
-- sagte der Vater --

"O meine Eltern, wenn ich das einmal könn¬
te!" sagte leise Walt entzükt.

"O Gott, steh' mir bei, sagte Lukas zornig,
wer denn sonst? Etwan dein Spizbube, dein Land¬
läufer und Queerpfeifer, der Vult? --

Dieser schwur auf seinem Baume, vor einem
solchen Vater sich ewig zu verkappen.

"Falls nun -- fuhr Knol lauter und unwillig
über das Stören fort -- der junge Anfänger kein
eingebildeter Narr oder Neuling ist, sondern ein
Mensch, der blos im juristischen Fache lebt und
webt, wie hier sein vernünftiger Vater, der viel¬
leicht mehr vom Jus versteht. . . . .

„— Falls ers aber — fuhr er fort — recht
macht, anfangs ſchlechte, zweideutige Prozeſſe
mit Freuden annimmt, weil große Advokaten ſie
von der Hand weiſen, leztere haͤufig konſultiert,
ſich windet und buͤkt und dreht“ —

„So kann er ein rechtes Waſſer auf desjenigen
Muͤhle werden, der ſein Vater iſt, ja eine ganze
Muͤhlwelle; er kann ihm ja nach Gelegenheit von
Zeit zu Zeit ein betraͤchtliches Stuͤk Geld zufertigen“
— ſagte der Vater —

„O meine Eltern, wenn ich das einmal koͤnn¬
te!“ ſagte leiſe Walt entzuͤkt.

„O Gott, ſteh' mir bei, ſagte Lukas zornig,
wer denn ſonſt? Etwan dein Spizbube, dein Land¬
laͤufer und Queerpfeifer, der Vult? —

Dieſer ſchwur auf ſeinem Baume, vor einem
ſolchen Vater ſich ewig zu verkappen.

„Falls nun — fuhr Knol lauter und unwillig
uͤber das Stoͤren fort — der junge Anfaͤnger kein
eingebildeter Narr oder Neuling iſt, ſondern ein
Menſch, der blos im juriſtiſchen Fache lebt und
webt, wie hier ſein vernuͤnftiger Vater, der viel¬
leicht mehr vom Jus verſteht. . . . .

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[99/0109] „— Falls ers aber — fuhr er fort — recht macht, anfangs ſchlechte, zweideutige Prozeſſe mit Freuden annimmt, weil große Advokaten ſie von der Hand weiſen, leztere haͤufig konſultiert, ſich windet und buͤkt und dreht“ — „So kann er ein rechtes Waſſer auf desjenigen Muͤhle werden, der ſein Vater iſt, ja eine ganze Muͤhlwelle; er kann ihm ja nach Gelegenheit von Zeit zu Zeit ein betraͤchtliches Stuͤk Geld zufertigen“ — ſagte der Vater — „O meine Eltern, wenn ich das einmal koͤnn¬ te!“ ſagte leiſe Walt entzuͤkt. „O Gott, ſteh' mir bei, ſagte Lukas zornig, wer denn ſonſt? Etwan dein Spizbube, dein Land¬ laͤufer und Queerpfeifer, der Vult? — Dieſer ſchwur auf ſeinem Baume, vor einem ſolchen Vater ſich ewig zu verkappen. „Falls nun — fuhr Knol lauter und unwillig uͤber das Stoͤren fort — der junge Anfaͤnger kein eingebildeter Narr oder Neuling iſt, ſondern ein Menſch, der blos im juriſtiſchen Fache lebt und webt, wie hier ſein vernuͤnftiger Vater, der viel¬ leicht mehr vom Jus verſteht. . . . .

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/109>, abgerufen am 21.11.2024.