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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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Da Knol nicht antwortete, sagte der Vater:
lies weiter. Mit schwächerer Stimme las Walt.

Bei einem brennenden Theater¬
vorhang
.

Neue erfreuliche Spiele zeigtest du sonst, stiegst
du langsam hinauf. Jzt verschlingt dich schnell
die hungrige Flamme, und verworren, unseelig
und dampfend erscheint die Bühne der Freude.
Leise steige und falle der Vorhang der Liebe, aber
nie sink' er als feurige Asche auf immer darnieder.
Die nächste Sonne.

Hinter den Sonnen ruhen Sonnen im lezten
Blau, ihr fremder Strahl fliegt seit Jahrtausen¬
den auf dem Wege zur kleinen Erde, aber er
kommt nicht an. O du sanfter, naher Gott,
kaum thut ja der Menschengeist sein kleines, jun¬
ges Aug auf, so strahlst du schon hinein, o Sonne
der Sonnen und Geister!

Der Tod eines Bettlers.

Einst schlief ein alter Bettler neben einem ar¬
men Mann und stöhnte sehr im Schlaf. Da rief
der Arme laut, um den Greis aus einem bösen
Traum aufzuwecken, damit den matten Busen

Da Knol nicht antwortete, ſagte der Vater:
lies weiter. Mit ſchwaͤcherer Stimme las Walt.

Bei einem brennenden Theater¬
vorhang
.

Neue erfreuliche Spiele zeigteſt du ſonſt, ſtiegſt
du langſam hinauf. Jzt verſchlingt dich ſchnell
die hungrige Flamme, und verworren, unſeelig
und dampfend erſcheint die Buͤhne der Freude.
Leiſe ſteige und falle der Vorhang der Liebe, aber
nie ſink' er als feurige Aſche auf immer darnieder.
Die naͤchſte Sonne.

Hinter den Sonnen ruhen Sonnen im lezten
Blau, ihr fremder Strahl fliegt ſeit Jahrtauſen¬
den auf dem Wege zur kleinen Erde, aber er
kommt nicht an. O du ſanfter, naher Gott,
kaum thut ja der Menſchengeiſt ſein kleines, jun¬
ges Aug auf, ſo ſtrahlſt du ſchon hinein, o Sonne
der Sonnen und Geiſter!

Der Tod eines Bettlers.

Einſt ſchlief ein alter Bettler neben einem ar¬
men Mann und ſtoͤhnte ſehr im Schlaf. Da rief
der Arme laut, um den Greis aus einem boͤſen
Traum aufzuwecken, damit den matten Buſen

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[108/0118] Da Knol nicht antwortete, ſagte der Vater: lies weiter. Mit ſchwaͤcherer Stimme las Walt. Bei einem brennenden Theater¬ vorhang. Neue erfreuliche Spiele zeigteſt du ſonſt, ſtiegſt du langſam hinauf. Jzt verſchlingt dich ſchnell die hungrige Flamme, und verworren, unſeelig und dampfend erſcheint die Buͤhne der Freude. Leiſe ſteige und falle der Vorhang der Liebe, aber nie ſink' er als feurige Aſche auf immer darnieder. Die naͤchſte Sonne. Hinter den Sonnen ruhen Sonnen im lezten Blau, ihr fremder Strahl fliegt ſeit Jahrtauſen¬ den auf dem Wege zur kleinen Erde, aber er kommt nicht an. O du ſanfter, naher Gott, kaum thut ja der Menſchengeiſt ſein kleines, jun¬ ges Aug auf, ſo ſtrahlſt du ſchon hinein, o Sonne der Sonnen und Geiſter! Der Tod eines Bettlers. Einſt ſchlief ein alter Bettler neben einem ar¬ men Mann und ſtoͤhnte ſehr im Schlaf. Da rief der Arme laut, um den Greis aus einem boͤſen Traum aufzuwecken, damit den matten Buſen

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/118>, abgerufen am 24.11.2024.