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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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"In meinen Nebenstunden, versezte Knol,
las ich alle mögliche auftreibliche Aktenstücke und
wurde vielleicht das, was ich bin. Ueberspannte
Floskeln hingegen greifen zulezt in dem Geschäfts¬
stil Plaz und vergiften ihn ganz; ein Gericht wei¬
set dergleichen dann zurück als inept. -- Natür¬
lich denn und verzeihlich daher, (fieng Schoma¬
ker als Selbstkrumschließer an) daß ich aus Un¬
kunde der Rechtskunde, diese mit der Poesie ver¬
einbaren wollen; aber ganz wahrscheinlich deshalb,
daß H. Harnisch, seinem alleinigen Fache heißer
sich weihend, nun ganz vom poetischen absteht:
nicht gewis, gewis H. Notar?"

Da fuhr und schnaubte der bisher sanfte
Mensch -- den Abfall des sonst lobenden Lehrers
für eine Hofmännerei ansehend, die gleich einem
Balbiermesser sich vor- und rükwärts beugt,
obgleich Schomaker blos nicht fähig war, so auf
der Stelle, in der Schnelle, einem ThronDiener
gegenüber, und bei der Liebe für den Schüler im
Herzen sogleich das Jus auszufinden, sondern
immer zu leicht fürchtete, unter der Hand gegen
seinen Fürsten zu rebellieren, indes er sonst bei dem

Flegeljahre I. Bd. 8

„In meinen Nebenſtunden, verſezte Knol,
las ich alle moͤgliche auftreibliche Aktenſtuͤcke und
wurde vielleicht das, was ich bin. Ueberſpannte
Floskeln hingegen greifen zulezt in dem Geſchaͤfts¬
ſtil Plaz und vergiften ihn ganz; ein Gericht wei¬
ſet dergleichen dann zuruͤck als inept. — Natuͤr¬
lich denn und verzeihlich daher, (fieng Schoma¬
ker als Selbſtkrumſchließer an) daß ich aus Un¬
kunde der Rechtskunde, dieſe mit der Poeſie ver¬
einbaren wollen; aber ganz wahrſcheinlich deshalb,
daß H. Harniſch, ſeinem alleinigen Fache heißer
ſich weihend, nun ganz vom poetiſchen abſteht:
nicht gewis, gewis H. Notar?“

Da fuhr und ſchnaubte der bisher ſanfte
Menſch — den Abfall des ſonſt lobenden Lehrers
fuͤr eine Hofmaͤnnerei anſehend, die gleich einem
Balbiermeſſer ſich vor- und ruͤkwaͤrts beugt,
obgleich Schomaker blos nicht faͤhig war, ſo auf
der Stelle, in der Schnelle, einem ThronDiener
gegenuͤber, und bei der Liebe fuͤr den Schuͤler im
Herzen ſogleich das Jus auszufinden, ſondern
immer zu leicht fuͤrchtete, unter der Hand gegen
ſeinen Fuͤrſten zu rebellieren, indes er ſonſt bei dem

Flegeljahre I. Bd. 8
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[113/0123] „In meinen Nebenſtunden, verſezte Knol, las ich alle moͤgliche auftreibliche Aktenſtuͤcke und wurde vielleicht das, was ich bin. Ueberſpannte Floskeln hingegen greifen zulezt in dem Geſchaͤfts¬ ſtil Plaz und vergiften ihn ganz; ein Gericht wei¬ ſet dergleichen dann zuruͤck als inept. — Natuͤr¬ lich denn und verzeihlich daher, (fieng Schoma¬ ker als Selbſtkrumſchließer an) daß ich aus Un¬ kunde der Rechtskunde, dieſe mit der Poeſie ver¬ einbaren wollen; aber ganz wahrſcheinlich deshalb, daß H. Harniſch, ſeinem alleinigen Fache heißer ſich weihend, nun ganz vom poetiſchen abſteht: nicht gewis, gewis H. Notar?“ Da fuhr und ſchnaubte der bisher ſanfte Menſch — den Abfall des ſonſt lobenden Lehrers fuͤr eine Hofmaͤnnerei anſehend, die gleich einem Balbiermeſſer ſich vor- und ruͤkwaͤrts beugt, obgleich Schomaker blos nicht faͤhig war, ſo auf der Stelle, in der Schnelle, einem ThronDiener gegenuͤber, und bei der Liebe fuͤr den Schuͤler im Herzen ſogleich das Jus auszufinden, ſondern immer zu leicht fuͤrchtete, unter der Hand gegen ſeinen Fuͤrſten zu rebellieren, indes er ſonſt bei dem Flegeljahre I. Bd. 8

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/123>, abgerufen am 21.11.2024.