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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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nichts, als daß sie nie gesehen hatten, wie ämsig
preussische Kavalleristen auf dem rechten Bügel
aufsizen lernen, um gesattelt zu seyn, falls ein¬
mal der linke entzweigeschossen wird.

Auf dem Sattel hatte nun Walt als Selbst-
Quartiermeister das Seinige zu thun, alles zu
sezen -- sich gerade und sattelfest --, auszubrei¬
ten -- die Finger in die Zügel, die Rokschösse
über den Pferderüken --, einzuschichten -- die
Stiefel in die Steigeisen --; und anzufangen --
den Abschied und Ausritt.

An leztern wollte der gesezte Schimmel nicht
gerne gehen. Walts delikates Rükwärtsschnalzen
mit der Gerte war dem Gaule so viel, als wixe
man ihn mit einem PferdeHaar. Ein Paar
mütterliche Handschläge auf den Nacken nahm
er für Streicheln. Endlich kehrte der Gerichts¬
mann eine Heugabel um, und gab ihm mit dem
Stiel auf den Hinterbacken einen schwachen Rit¬
terschlag, um damit seinen Sohn, als Reiter
aus dem Dorfe in die Welt zu schicken, sowohl
in die gelehrte als schöne. Das war dem Thier
ein Wink, bis an den Bach vorzuschreiten; hier

nichts, als daß ſie nie geſehen hatten, wie aͤmſig
preuſſiſche Kavalleriſten auf dem rechten Buͤgel
aufſizen lernen, um geſattelt zu ſeyn, falls ein¬
mal der linke entzweigeſchoſſen wird.

Auf dem Sattel hatte nun Walt als Selbſt-
Quartiermeiſter das Seinige zu thun, alles zu
ſezen — ſich gerade und ſattelfeſt —, auszubrei¬
ten — die Finger in die Zuͤgel, die Rokſchoͤſſe
uͤber den Pferderuͤken —, einzuſchichten — die
Stiefel in die Steigeiſen —; und anzufangen —
den Abſchied und Ausritt.

An leztern wollte der geſezte Schimmel nicht
gerne gehen. Walts delikates Ruͤkwaͤrtsſchnalzen
mit der Gerte war dem Gaule ſo viel, als wixe
man ihn mit einem PferdeHaar. Ein Paar
muͤtterliche Handſchlaͤge auf den Nacken nahm
er fuͤr Streicheln. Endlich kehrte der Gerichts¬
mann eine Heugabel um, und gab ihm mit dem
Stiel auf den Hinterbacken einen ſchwachen Rit¬
terſchlag, um damit ſeinen Sohn, als Reiter
aus dem Dorfe in die Welt zu ſchicken, ſowohl
in die gelehrte als ſchoͤne. Das war dem Thier
ein Wink, bis an den Bach vorzuſchreiten; hier

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[130/0140] nichts, als daß ſie nie geſehen hatten, wie aͤmſig preuſſiſche Kavalleriſten auf dem rechten Buͤgel aufſizen lernen, um geſattelt zu ſeyn, falls ein¬ mal der linke entzweigeſchoſſen wird. Auf dem Sattel hatte nun Walt als Selbſt- Quartiermeiſter das Seinige zu thun, alles zu ſezen — ſich gerade und ſattelfeſt —, auszubrei¬ ten — die Finger in die Zuͤgel, die Rokſchoͤſſe uͤber den Pferderuͤken —, einzuſchichten — die Stiefel in die Steigeiſen —; und anzufangen — den Abſchied und Ausritt. An leztern wollte der geſezte Schimmel nicht gerne gehen. Walts delikates Ruͤkwaͤrtsſchnalzen mit der Gerte war dem Gaule ſo viel, als wixe man ihn mit einem PferdeHaar. Ein Paar muͤtterliche Handſchlaͤge auf den Nacken nahm er fuͤr Streicheln. Endlich kehrte der Gerichts¬ mann eine Heugabel um, und gab ihm mit dem Stiel auf den Hinterbacken einen ſchwachen Rit¬ terſchlag, um damit ſeinen Sohn, als Reiter aus dem Dorfe in die Welt zu ſchicken, ſowohl in die gelehrte als ſchoͤne. Das war dem Thier ein Wink, bis an den Bach vorzuſchreiten; hier

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/140>, abgerufen am 21.11.2024.