Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

sehr unbesorgt, wie jeder Reisende, über ein zu¬
fälliges fünftes Ohr:

Andächtiger Mitbruder und Zwilling! Es
giebt Deutsche. Für sie schreibe dergleichen.
Jene fassen es nicht ganz, sondern rezensieren es,
besonders exzellenten Spas. Sie wollen der poe¬
tischen Schönheitslinie ein Linienblatt unterlegen;
dabei soll der Autor noch nebenher ein Amt ha¬
ben, was aber so schlimm ist als wenn eine
Schwangere die Pocken zugleich hat. Die Kunst
sei ihr Weg und Ziel zugleich. Durch den jüdi¬
schen Tempel durfte man nach Lightfoote nicht
gehen, um blos nach einem andern Orte zu ge¬
langen; so ist auch ein bloßer Durchgang durch
den Musentempel verboten. Man darf nicht
den Parnas passieren, um in ein fettes Thal zu
laufen. -- Verdammt! Lass' mich anders an¬
fangen! zanke nicht! Trinke! -- Jezt:
Walt!

Ich habe nämlich auf meinen Flötenreisen
ein satirisches Werk in den Druck gegeben als
Manuskripte, die grönländischen Pro¬
zesse
in zwei Bänden anno 1783 bei Voß und

ſehr unbeſorgt, wie jeder Reiſende, uͤber ein zu¬
faͤlliges fuͤnftes Ohr:

Andaͤchtiger Mitbruder und Zwilling! Es
giebt Deutſche. Fuͤr ſie ſchreibe dergleichen.
Jene faſſen es nicht ganz, ſondern rezenſieren es,
beſonders exzellenten Spas. Sie wollen der poe¬
tiſchen Schoͤnheitslinie ein Linienblatt unterlegen;
dabei ſoll der Autor noch nebenher ein Amt ha¬
ben, was aber ſo ſchlimm iſt als wenn eine
Schwangere die Pocken zugleich hat. Die Kunſt
ſei ihr Weg und Ziel zugleich. Durch den juͤdi¬
ſchen Tempel durfte man nach Lightfoote nicht
gehen, um blos nach einem andern Orte zu ge¬
langen; ſo iſt auch ein bloßer Durchgang durch
den Muſentempel verboten. Man darf nicht
den Parnas paſſieren, um in ein fettes Thal zu
laufen. — Verdammt! Laſſ' mich anders an¬
fangen! zanke nicht! Trinke! — Jezt:
Walt!

Ich habe naͤmlich auf meinen Floͤtenreiſen
ein ſatiriſches Werk in den Druck gegeben als
Manuſkripte, die groͤnlaͤndiſchen Pro¬
zeſſe
in zwei Baͤnden anno 1783 bei Voß und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0177" n="167"/>
&#x017F;ehr unbe&#x017F;orgt, wie jeder Rei&#x017F;ende, u&#x0364;ber ein zu¬<lb/>
fa&#x0364;lliges fu&#x0364;nftes Ohr:</p><lb/>
        <p>Anda&#x0364;chtiger Mitbruder und Zwilling! Es<lb/>
giebt Deut&#x017F;che. Fu&#x0364;r &#x017F;ie &#x017F;chreibe dergleichen.<lb/>
Jene fa&#x017F;&#x017F;en es nicht ganz, &#x017F;ondern rezen&#x017F;ieren es,<lb/>
be&#x017F;onders exzellenten Spas. Sie wollen der poe¬<lb/>
ti&#x017F;chen Scho&#x0364;nheitslinie ein Linienblatt unterlegen;<lb/>
dabei &#x017F;oll der Autor noch nebenher ein Amt ha¬<lb/>
ben, was aber &#x017F;o &#x017F;chlimm i&#x017F;t als wenn eine<lb/>
Schwangere die Pocken zugleich hat. Die Kun&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ei ihr Weg und Ziel zugleich. Durch den ju&#x0364;di¬<lb/>
&#x017F;chen Tempel durfte man nach Lightfoote nicht<lb/>
gehen, um blos nach einem andern Orte zu ge¬<lb/>
langen; &#x017F;o i&#x017F;t auch ein bloßer Durchgang durch<lb/>
den Mu&#x017F;entempel verboten. Man darf nicht<lb/>
den Parnas pa&#x017F;&#x017F;ieren, um in ein fettes Thal zu<lb/>
laufen. &#x2014; Verdammt! La&#x017F;&#x017F;' mich anders an¬<lb/>
fangen! zanke nicht! Trinke! &#x2014; Jezt:<lb/><hi rendition="#c">Walt!</hi></p><lb/>
        <p>Ich habe na&#x0364;mlich auf meinen Flo&#x0364;tenrei&#x017F;en<lb/>
ein &#x017F;atiri&#x017F;ches Werk in den Druck gegeben als<lb/>
Manu&#x017F;kripte, <hi rendition="#g">die gro&#x0364;nla&#x0364;ndi&#x017F;chen Pro¬<lb/>
ze&#x017F;&#x017F;e</hi> in zwei Ba&#x0364;nden <hi rendition="#aq">anno</hi> 1783 bei Voß und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0177] ſehr unbeſorgt, wie jeder Reiſende, uͤber ein zu¬ faͤlliges fuͤnftes Ohr: Andaͤchtiger Mitbruder und Zwilling! Es giebt Deutſche. Fuͤr ſie ſchreibe dergleichen. Jene faſſen es nicht ganz, ſondern rezenſieren es, beſonders exzellenten Spas. Sie wollen der poe¬ tiſchen Schoͤnheitslinie ein Linienblatt unterlegen; dabei ſoll der Autor noch nebenher ein Amt ha¬ ben, was aber ſo ſchlimm iſt als wenn eine Schwangere die Pocken zugleich hat. Die Kunſt ſei ihr Weg und Ziel zugleich. Durch den juͤdi¬ ſchen Tempel durfte man nach Lightfoote nicht gehen, um blos nach einem andern Orte zu ge¬ langen; ſo iſt auch ein bloßer Durchgang durch den Muſentempel verboten. Man darf nicht den Parnas paſſieren, um in ein fettes Thal zu laufen. — Verdammt! Laſſ' mich anders an¬ fangen! zanke nicht! Trinke! — Jezt: Walt! Ich habe naͤmlich auf meinen Floͤtenreiſen ein ſatiriſches Werk in den Druck gegeben als Manuſkripte, die groͤnlaͤndiſchen Pro¬ zeſſe in zwei Baͤnden anno 1783 bei Voß und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/177
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/177>, abgerufen am 26.11.2024.