"Indes jeder Mensch, fuhr jener fort -- sei billig; denn ich darf nicht übersehen, daß es mit Büchern ist wie mit Pökelfleisch, von wel¬ chem Hurham darthat, daß es zwar durch mäs¬ siges Salz sich lange halte, aber auch durch zu vieles sogleich faule und stincke -- Notarius, ich machte das Buch zu gut, mithin zu schlecht." --
"Du wimmelst von Einfällen, (versezte Walt); scherzhaft zu reden, hast du so vie¬ le Windungen und Köpfe wie die lernäische Schlange."
"Ich bin nicht ohne Wiz -- erwiederte Vult in vergeblicher Absicht, daß der Bruder lache -- aber du reissest mich aus dem Zusammenhang. -- Was kann ich nun dabei machen? Ich allein Nichts; aber mit dir viel, nämlich ein Werk; Ein Paar Zwillinge müssen, als ihr eigenes Widerspiel, zusammen einen Einling, Ein Buch zeugen, einen treflichen Doppel-Roman. Ich lache darinn, du weinst dabei oder fliegst doch -- Du bist der Evangelist, ich das Vieh dar¬ hinter -- jeder hebt den andern -- alle Par¬
leicht gar einer hoffenden, nicht frei war.)
„Indes jeder Menſch, fuhr jener fort — ſei billig; denn ich darf nicht uͤberſehen, daß es mit Buͤchern iſt wie mit Poͤkelfleiſch, von wel¬ chem Hurham darthat, daß es zwar durch maͤſ¬ ſiges Salz ſich lange halte, aber auch durch zu vieles ſogleich faule und ſtincke — Notarius, ich machte das Buch zu gut, mithin zu ſchlecht.“ —
„Du wimmelſt von Einfaͤllen, (verſezte Walt); ſcherzhaft zu reden, haſt du ſo vie¬ le Windungen und Koͤpfe wie die lernaͤiſche Schlange.“
„Ich bin nicht ohne Wiz — erwiederte Vult in vergeblicher Abſicht, daß der Bruder lache — aber du reiſſeſt mich aus dem Zuſammenhang. — Was kann ich nun dabei machen? Ich allein Nichts; aber mit dir viel, naͤmlich ein Werk; Ein Paar Zwillinge muͤſſen, als ihr eigenes Widerſpiel, zuſammen einen Einling, Ein Buch zeugen, einen treflichen Doppel-Roman. Ich lache darinn, du weinſt dabei oder fliegſt doch — Du biſt der Evangeliſt, ich das Vieh dar¬ hinter — jeder hebt den andern — alle Par¬
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leicht gar einer hoffenden, nicht frei war.)
„Indes jeder Menſch, fuhr jener fort — ſei
billig; denn ich darf nicht uͤberſehen, daß es
mit Buͤchern iſt wie mit Poͤkelfleiſch, von wel¬
chem Hurham darthat, daß es zwar durch maͤſ¬
ſiges Salz ſich lange halte, aber auch durch zu
vieles ſogleich faule und ſtincke — Notarius, ich
machte das Buch zu gut, mithin zu ſchlecht.“ —
„Du wimmelſt von Einfaͤllen, (verſezte
Walt); ſcherzhaft zu reden, haſt du ſo vie¬
le Windungen und Koͤpfe wie die lernaͤiſche
Schlange.“
„Ich bin nicht ohne Wiz — erwiederte Vult
in vergeblicher Abſicht, daß der Bruder lache —
aber du reiſſeſt mich aus dem Zuſammenhang. —
Was kann ich nun dabei machen? Ich allein
Nichts; aber mit dir viel, naͤmlich ein Werk;
Ein Paar Zwillinge muͤſſen, als ihr eigenes
Widerſpiel, zuſammen einen Einling, Ein Buch
zeugen, einen treflichen Doppel-Roman. Ich
lache darinn, du weinſt dabei oder fliegſt doch
— Du biſt der Evangeliſt, ich das Vieh dar¬
hinter — jeder hebt den andern — alle Par¬
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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/180>, abgerufen am 18.07.2024.
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