Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

me nur vermochte -- ich bekomme hier eine
chambre garnie, und wünsche dem Hrn. Hof¬
agenten mich zu zeigen." -- Man wies ihn an
die Glasthüre der Schreibstube. Der Agent --
mehr Seide im Schlafrock tragend als die Ge¬
richtsmännin im Sonntagspuz -- schrieb den
Brief-Perioden gar aus und empfieng mit ei¬
nem Apfel-rothen und runden Gesichte den
Miethsmann.

Der Notarius gedachte wahrscheinlich, mit
seinem Rosgeruch und seiner Spiesgerte zu im¬
ponieren als Reiter, aber für den Agenten --
den wöchentlichen Lieferanten der grösten Leute
und den jährlichen Gläubiger derselben -- war
ein Schock berittener Notarien von keiner sonder¬
lichen Importanz.

Er rief ganz kurz einem Laden-Pagen her¬
risch zu, den Herrn anzuweisen. Der Page rief
wieder auf der ersten Treppe ein bildschönes net¬
tes, sehr verdrüsliches Mädgen heraus, damit
sie den Herrn mit der Spiesgerte bis zur vierten
brächte. Die Treppen waren breit und glänzend,
die Geländer figurierte Eisen-Guirlanden, alles

me nur vermochte — ich bekomme hier eine
chambre garnie, und wuͤnſche dem Hrn. Hof¬
agenten mich zu zeigen.“ — Man wies ihn an
die Glasthuͤre der Schreibſtube. Der Agent —
mehr Seide im Schlafrock tragend als die Ge¬
richtsmaͤnnin im Sonntagspuz — ſchrieb den
Brief-Perioden gar aus und empfieng mit ei¬
nem Apfel-rothen und runden Geſichte den
Miethsmann.

Der Notarius gedachte wahrſcheinlich, mit
ſeinem Rosgeruch und ſeiner Spiesgerte zu im¬
ponieren als Reiter, aber fuͤr den Agenten —
den woͤchentlichen Lieferanten der groͤſten Leute
und den jaͤhrlichen Glaͤubiger derſelben — war
ein Schock berittener Notarien von keiner ſonder¬
lichen Importanz.

Er rief ganz kurz einem Laden-Pagen her¬
riſch zu, den Herrn anzuweiſen. Der Page rief
wieder auf der erſten Treppe ein bildſchoͤnes net¬
tes, ſehr verdruͤsliches Maͤdgen heraus, damit
ſie den Herrn mit der Spiesgerte bis zur vierten
braͤchte. Die Treppen waren breit und glaͤnzend,
die Gelaͤnder figurierte Eiſen-Guirlanden, alles

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0196" n="186"/>
me nur vermochte &#x2014; ich bekomme hier eine<lb/><hi rendition="#aq">chambre garnie</hi>, und wu&#x0364;n&#x017F;che dem Hrn. Hof¬<lb/>
agenten mich zu zeigen.&#x201C; &#x2014; Man wies ihn an<lb/>
die Glasthu&#x0364;re der Schreib&#x017F;tube. Der Agent &#x2014;<lb/>
mehr Seide im Schlafrock tragend als die Ge¬<lb/>
richtsma&#x0364;nnin im Sonntagspuz &#x2014; &#x017F;chrieb den<lb/>
Brief-Perioden gar aus und empfieng mit ei¬<lb/>
nem Apfel-rothen und runden Ge&#x017F;ichte den<lb/>
Miethsmann.</p><lb/>
        <p>Der Notarius gedachte wahr&#x017F;cheinlich, mit<lb/>
&#x017F;einem Rosgeruch und &#x017F;einer Spiesgerte zu im¬<lb/>
ponieren als Reiter, aber fu&#x0364;r den Agenten &#x2014;<lb/>
den wo&#x0364;chentlichen Lieferanten der gro&#x0364;&#x017F;ten Leute<lb/>
und den ja&#x0364;hrlichen Gla&#x0364;ubiger der&#x017F;elben &#x2014; war<lb/>
ein Schock berittener Notarien von keiner &#x017F;onder¬<lb/>
lichen Importanz.</p><lb/>
        <p>Er rief ganz kurz einem Laden-Pagen her¬<lb/>
ri&#x017F;ch zu, den Herrn anzuwei&#x017F;en. Der Page rief<lb/>
wieder auf der er&#x017F;ten Treppe ein bild&#x017F;cho&#x0364;nes net¬<lb/>
tes, &#x017F;ehr verdru&#x0364;sliches Ma&#x0364;dgen heraus, damit<lb/>
&#x017F;ie den Herrn mit der Spiesgerte bis zur vierten<lb/>
bra&#x0364;chte. Die Treppen waren breit und gla&#x0364;nzend,<lb/>
die Gela&#x0364;nder figurierte Ei&#x017F;en-Guirlanden, alles<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186/0196] me nur vermochte — ich bekomme hier eine chambre garnie, und wuͤnſche dem Hrn. Hof¬ agenten mich zu zeigen.“ — Man wies ihn an die Glasthuͤre der Schreibſtube. Der Agent — mehr Seide im Schlafrock tragend als die Ge¬ richtsmaͤnnin im Sonntagspuz — ſchrieb den Brief-Perioden gar aus und empfieng mit ei¬ nem Apfel-rothen und runden Geſichte den Miethsmann. Der Notarius gedachte wahrſcheinlich, mit ſeinem Rosgeruch und ſeiner Spiesgerte zu im¬ ponieren als Reiter, aber fuͤr den Agenten — den woͤchentlichen Lieferanten der groͤſten Leute und den jaͤhrlichen Glaͤubiger derſelben — war ein Schock berittener Notarien von keiner ſonder¬ lichen Importanz. Er rief ganz kurz einem Laden-Pagen her¬ riſch zu, den Herrn anzuweiſen. Der Page rief wieder auf der erſten Treppe ein bildſchoͤnes net¬ tes, ſehr verdruͤsliches Maͤdgen heraus, damit ſie den Herrn mit der Spiesgerte bis zur vierten braͤchte. Die Treppen waren breit und glaͤnzend, die Gelaͤnder figurierte Eiſen-Guirlanden, alles

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/196
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/196>, abgerufen am 28.11.2024.