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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804.

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daß er mein Schüler, und hinlänglich, erstlich,
daß er so ädel ist, zweitens, daß er trefliche Ge¬
dichte, nach einem neuen Metrum, machet, so
er den Strekvers nennet, ich einen Polymeter."

Bei diesen Worten fieng der Flöten-Virtuose
van der Harnisch der bisher kalt die Runde um
die Stube gemacht, plözlich Feuer. Wie andere
Virtuosen hatt' er aus großen Städten die Ver¬
achtung kleiner mitgebracht, -- ein Dorf schäzen
sie wieder -- weil in kleinen das Rathhaus kein
Odeum, die Privathäuser keine Bilderkabinette,
die Kirchen keine Antiken-Tempel sind. Er bat
verbindlich den Kandidaten um Ausführlichkeit.
"Fodert meine Pflicht schon" versezte dieser, daß
ich morgen, bei der Heimkunft, dem Erben sel¬
ber, die Eröfnung eines Vermächtnisses noch nicht
eröffne, weil es erst die Obrigkeit, am Sonnabend,
thuet, wie vielmehr, daß ich die ganze Geschichte
eines lebenden Menschen, nie ohne seine Erlaub¬
nis, kund thue, wie vielmehr -- Aber Gott,
wer von uns wird die Leiche seyn!" sezt er dazu,
da er die Stundengloke ins Gebetläuten tönen hör¬
te; und grif sogleich zu einer darneben liegenden

daß er mein Schuͤler, und hinlaͤnglich, erſtlich,
daß er ſo aͤdel iſt, zweitens, daß er trefliche Ge¬
dichte, nach einem neuen Metrum, machet, ſo
er den Strekvers nennet, ich einen Polymeter.“

Bei dieſen Worten fieng der Floͤten-Virtuoſe
van der Harniſch der bisher kalt die Runde um
die Stube gemacht, ploͤzlich Feuer. Wie andere
Virtuoſen hatt' er aus großen Staͤdten die Ver¬
achtung kleiner mitgebracht, — ein Dorf ſchaͤzen
ſie wieder — weil in kleinen das Rathhaus kein
Odeum, die Privathaͤuſer keine Bilderkabinette,
die Kirchen keine Antiken-Tempel ſind. Er bat
verbindlich den Kandidaten um Ausfuͤhrlichkeit.
„Fodert meine Pflicht ſchon“ verſezte dieſer, daß
ich morgen, bei der Heimkunft, dem Erben ſel¬
ber, die Eroͤfnung eines Vermaͤchtniſſes noch nicht
eroͤffne, weil es erſt die Obrigkeit, am Sonnabend,
thuet, wie vielmehr, daß ich die ganze Geſchichte
eines lebenden Menſchen, nie ohne ſeine Erlaub¬
nis, kund thue, wie vielmehr — Aber Gott,
wer von uns wird die Leiche ſeyn!“ ſezt er dazu,
da er die Stundengloke ins Gebetlaͤuten toͤnen hoͤr¬
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[48/0058] daß er mein Schuͤler, und hinlaͤnglich, erſtlich, daß er ſo aͤdel iſt, zweitens, daß er trefliche Ge¬ dichte, nach einem neuen Metrum, machet, ſo er den Strekvers nennet, ich einen Polymeter.“ Bei dieſen Worten fieng der Floͤten-Virtuoſe van der Harniſch der bisher kalt die Runde um die Stube gemacht, ploͤzlich Feuer. Wie andere Virtuoſen hatt' er aus großen Staͤdten die Ver¬ achtung kleiner mitgebracht, — ein Dorf ſchaͤzen ſie wieder — weil in kleinen das Rathhaus kein Odeum, die Privathaͤuſer keine Bilderkabinette, die Kirchen keine Antiken-Tempel ſind. Er bat verbindlich den Kandidaten um Ausfuͤhrlichkeit. „Fodert meine Pflicht ſchon“ verſezte dieſer, daß ich morgen, bei der Heimkunft, dem Erben ſel¬ ber, die Eroͤfnung eines Vermaͤchtniſſes noch nicht eroͤffne, weil es erſt die Obrigkeit, am Sonnabend, thuet, wie vielmehr, daß ich die ganze Geſchichte eines lebenden Menſchen, nie ohne ſeine Erlaub¬ nis, kund thue, wie vielmehr — Aber Gott, wer von uns wird die Leiche ſeyn!“ ſezt er dazu, da er die Stundengloke ins Gebetlaͤuten toͤnen hoͤr¬ te; und grif ſogleich zu einer darneben liegenden

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 1. Tübingen, 1804, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre01_1804/58>, abgerufen am 21.11.2024.