Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

Ende ist doch alles, was nicht Gedanke ist, Ze¬
remonie. Geb' ich Eine auf, so weiß ich nicht,
warum ich noch irgend eine bewahre. Halten
Sie ja, wie ich, vor meinem Vater Ihre scharfe
Foderung des Abfalls geheim, ich weiß, wie es
ihn kränken müste. -- Ach lieber Jonathan, was
könnt' ich noch sagen; jene Stille, die Sie oft
rügen, ist nicht Laune noch Kälte, sondern die
Trauer über meine Ungleichheit gegen Ihren
großen Werth. O Freund, ist dieser Anfang
unsers Bundes wohl der rechte? Mein Herz ist
nur fest, aber wund.

Wina.

Er beschloß im ersten Feuer, das Schrei¬
ben ihr selber im Konzerte zuzustellen. Jezt
übrigens, da er ein wenig seine heutige schwelge¬
rische Lage überschlug -- Diner Mittags --
Konzert Abends -- Sonntag den ganzen Tag --:
so konnt' er sich weiter nicht bergen, wie sehr er
sich gleich einem Großen, schwindelnd auf dem
Glücksrad umschwinge, oder eine wahre Nacht
der Ergözlichkeiten durchträume, in der ein
Sternbild voll freudiger Strahlen aufgeht, wenn

Ende iſt doch alles, was nicht Gedanke iſt, Ze¬
remonie. Geb' ich Eine auf, ſo weiß ich nicht,
warum ich noch irgend eine bewahre. Halten
Sie ja, wie ich, vor meinem Vater Ihre ſcharfe
Foderung des Abfalls geheim, ich weiß, wie es
ihn kraͤnken muͤſte. — Ach lieber Jonathan, was
koͤnnt' ich noch ſagen; jene Stille, die Sie oft
ruͤgen, iſt nicht Laune noch Kaͤlte, ſondern die
Trauer uͤber meine Ungleichheit gegen Ihren
großen Werth. O Freund, iſt dieſer Anfang
unſers Bundes wohl der rechte? Mein Herz iſt
nur feſt, aber wund.

Wina.

Er beſchloß im erſten Feuer, das Schrei¬
ben ihr ſelber im Konzerte zuzuſtellen. Jezt
uͤbrigens, da er ein wenig ſeine heutige ſchwelge¬
riſche Lage uͤberſchlug — Diner Mittags —
Konzert Abends — Sonntag den ganzen Tag —:
ſo konnt' er ſich weiter nicht bergen, wie ſehr er
ſich gleich einem Großen, ſchwindelnd auf dem
Gluͤcksrad umſchwinge, oder eine wahre Nacht
der Ergoͤzlichkeiten durchtraͤume, in der ein
Sternbild voll freudiger Strahlen aufgeht, wenn

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0111" n="103"/>
Ende i&#x017F;t doch alles, was nicht Gedanke i&#x017F;t, Ze¬<lb/>
remonie. Geb' ich Eine auf, &#x017F;o weiß ich nicht,<lb/>
warum ich noch irgend eine bewahre. Halten<lb/>
Sie ja, wie ich, vor meinem Vater Ihre &#x017F;charfe<lb/>
Foderung des Abfalls geheim, ich weiß, wie es<lb/>
ihn kra&#x0364;nken mu&#x0364;&#x017F;te. &#x2014; Ach lieber Jonathan, was<lb/>
ko&#x0364;nnt' ich noch &#x017F;agen; jene Stille, die Sie oft<lb/>
ru&#x0364;gen, i&#x017F;t nicht Laune noch Ka&#x0364;lte, &#x017F;ondern die<lb/>
Trauer u&#x0364;ber meine Ungleichheit gegen Ihren<lb/>
großen Werth. O Freund, i&#x017F;t die&#x017F;er Anfang<lb/>
un&#x017F;ers Bundes wohl der rechte? Mein Herz i&#x017F;t<lb/>
nur fe&#x017F;t, aber wund.</p><lb/>
        <p rendition="#right"> <hi rendition="#aq">Wina.</hi> </p><lb/>
        <p>Er be&#x017F;chloß im er&#x017F;ten Feuer, das Schrei¬<lb/>
ben ihr &#x017F;elber im Konzerte zuzu&#x017F;tellen. Jezt<lb/>
u&#x0364;brigens, da er ein wenig &#x017F;eine heutige &#x017F;chwelge¬<lb/>
ri&#x017F;che Lage u&#x0364;ber&#x017F;chlug &#x2014; Diner Mittags &#x2014;<lb/>
Konzert Abends &#x2014; Sonntag den ganzen Tag &#x2014;:<lb/>
&#x017F;o konnt' er &#x017F;ich weiter nicht bergen, wie &#x017F;ehr er<lb/>
&#x017F;ich gleich einem Großen, &#x017F;chwindelnd auf dem<lb/>
Glu&#x0364;cksrad um&#x017F;chwinge, oder eine wahre Nacht<lb/>
der Ergo&#x0364;zlichkeiten durchtra&#x0364;ume, in der ein<lb/>
Sternbild voll freudiger Strahlen aufgeht, wenn<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[103/0111] Ende iſt doch alles, was nicht Gedanke iſt, Ze¬ remonie. Geb' ich Eine auf, ſo weiß ich nicht, warum ich noch irgend eine bewahre. Halten Sie ja, wie ich, vor meinem Vater Ihre ſcharfe Foderung des Abfalls geheim, ich weiß, wie es ihn kraͤnken muͤſte. — Ach lieber Jonathan, was koͤnnt' ich noch ſagen; jene Stille, die Sie oft ruͤgen, iſt nicht Laune noch Kaͤlte, ſondern die Trauer uͤber meine Ungleichheit gegen Ihren großen Werth. O Freund, iſt dieſer Anfang unſers Bundes wohl der rechte? Mein Herz iſt nur feſt, aber wund. Wina. Er beſchloß im erſten Feuer, das Schrei¬ ben ihr ſelber im Konzerte zuzuſtellen. Jezt uͤbrigens, da er ein wenig ſeine heutige ſchwelge¬ riſche Lage uͤberſchlug — Diner Mittags — Konzert Abends — Sonntag den ganzen Tag —: ſo konnt' er ſich weiter nicht bergen, wie ſehr er ſich gleich einem Großen, ſchwindelnd auf dem Gluͤcksrad umſchwinge, oder eine wahre Nacht der Ergoͤzlichkeiten durchtraͤume, in der ein Sternbild voll freudiger Strahlen aufgeht, wenn

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/111
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/111>, abgerufen am 16.05.2024.