zu halten, mithin jeden andern auch und so als eine nachrückende Mauer von ihr das Gedränge abzuwehren. Doch drückte er unter dem Nach¬ gange sehr innig ihre Hand im -- Brief an Klothar.
Zu Hause sezt' er im Feuer, das fortbrann¬ te, diesen Strekvers auf:
Die Unwissende.
Wie die Erde die weichen Blumen vor die Sonne trägt und ihre harten Wurzeln in ihre Brust verschließ't -- wie die Sonne den Mond bestrahlt, aber niemals seinen zarten Schein auf der Erde erblickt -- wie die Sterne die Früh¬ lingsnacht mit Thau begießen, aber früh hinun¬ terziehen, eh' er morgensonnig entbrennt: so du, du Unwissende, so trägst und giebst du die Blu¬ men und den Schimmer und den Thau, aber du sieh'st es nicht. Nur dich glaubst du zu er¬ freuen, wenn du die Welt erquickst. O fliege zu ihr, du Glücklichster, den sie liebt, und sag' es ihr, daß du der Glücklichste bist, aber nur durch sie; und glaubt sie nicht, so zeig' ihr an¬ dere Menschen, der Unwissenden.
Flegeljahre II. Bd. 9
zu halten, mithin jeden andern auch und ſo als eine nachruͤckende Mauer von ihr das Gedraͤnge abzuwehren. Doch druͤckte er unter dem Nach¬ gange ſehr innig ihre Hand im — Brief an Klothar.
Zu Hauſe ſezt' er im Feuer, das fortbrann¬ te, dieſen Strekvers auf:
Die Unwiſſende.
Wie die Erde die weichen Blumen vor die Sonne traͤgt und ihre harten Wurzeln in ihre Bruſt verſchließ't — wie die Sonne den Mond beſtrahlt, aber niemals ſeinen zarten Schein auf der Erde erblickt — wie die Sterne die Fruͤh¬ lingsnacht mit Thau begießen, aber fruͤh hinun¬ terziehen, eh' er morgenſonnig entbrennt: ſo du, du Unwiſſende, ſo traͤgſt und giebſt du die Blu¬ men und den Schimmer und den Thau, aber du ſieh'ſt es nicht. Nur dich glaubſt du zu er¬ freuen, wenn du die Welt erquickſt. O fliege zu ihr, du Gluͤcklichſter, den ſie liebt, und ſag' es ihr, daß du der Gluͤcklichſte biſt, aber nur durch ſie; und glaubt ſie nicht, ſo zeig' ihr an¬ dere Menſchen, der Unwiſſenden.
Flegeljahre II. Bd. 9
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0129"n="121"/>
zu halten, mithin jeden andern auch und ſo als<lb/>
eine nachruͤckende Mauer von ihr das Gedraͤnge<lb/>
abzuwehren. Doch druͤckte er unter dem Nach¬<lb/>
gange ſehr innig ihre Hand im — Brief an<lb/>
Klothar.</p><lb/><p>Zu Hauſe ſezt' er im Feuer, das fortbrann¬<lb/>
te, dieſen Strekvers auf:</p><lb/><prendition="#c"><hirendition="#g">Die Unwiſſende.</hi></p><lb/><p>Wie die Erde die weichen Blumen vor die<lb/>
Sonne traͤgt und ihre harten Wurzeln in ihre<lb/>
Bruſt verſchließ't — wie die Sonne den Mond<lb/>
beſtrahlt, aber niemals ſeinen zarten Schein auf<lb/>
der Erde erblickt — wie die Sterne die Fruͤh¬<lb/>
lingsnacht mit Thau begießen, aber fruͤh hinun¬<lb/>
terziehen, eh' er morgenſonnig entbrennt: ſo du,<lb/>
du Unwiſſende, ſo traͤgſt und giebſt du die Blu¬<lb/>
men und den Schimmer und den Thau, aber<lb/>
du ſieh'ſt es nicht. Nur dich glaubſt du zu er¬<lb/>
freuen, wenn du die Welt erquickſt. O fliege<lb/>
zu ihr, du Gluͤcklichſter, den ſie liebt, und ſag'<lb/>
es ihr, daß du der Gluͤcklichſte biſt, aber nur<lb/>
durch ſie; und glaubt ſie nicht, ſo zeig' ihr an¬<lb/>
dere Menſchen, der Unwiſſenden.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">Flegeljahre <hirendition="#aq">II</hi>. Bd. 9<lb/></fw></div></body></text></TEI>
[121/0129]
zu halten, mithin jeden andern auch und ſo als
eine nachruͤckende Mauer von ihr das Gedraͤnge
abzuwehren. Doch druͤckte er unter dem Nach¬
gange ſehr innig ihre Hand im — Brief an
Klothar.
Zu Hauſe ſezt' er im Feuer, das fortbrann¬
te, dieſen Strekvers auf:
Die Unwiſſende.
Wie die Erde die weichen Blumen vor die
Sonne traͤgt und ihre harten Wurzeln in ihre
Bruſt verſchließ't — wie die Sonne den Mond
beſtrahlt, aber niemals ſeinen zarten Schein auf
der Erde erblickt — wie die Sterne die Fruͤh¬
lingsnacht mit Thau begießen, aber fruͤh hinun¬
terziehen, eh' er morgenſonnig entbrennt: ſo du,
du Unwiſſende, ſo traͤgſt und giebſt du die Blu¬
men und den Schimmer und den Thau, aber
du ſieh'ſt es nicht. Nur dich glaubſt du zu er¬
freuen, wenn du die Welt erquickſt. O fliege
zu ihr, du Gluͤcklichſter, den ſie liebt, und ſag'
es ihr, daß du der Gluͤcklichſte biſt, aber nur
durch ſie; und glaubt ſie nicht, ſo zeig' ihr an¬
dere Menſchen, der Unwiſſenden.
Flegeljahre II. Bd. 9
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/129>, abgerufen am 23.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.