Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

und näherte sich dem Thürsteher höflich mur¬
melnd.

"Das hilft alles nichts -- sagte der Por¬
tier -- gegenwärtig schlafen Exzellenz, man
muß sich gedulden. ." --

-- Aber niemand braucht aus Walts Ver¬
wechslung viel zu machen, wenn man so viel
von der Welt gesehen, daß -- keine möglich ist,
-- sondern daß jeder vornehme Inhaber eines
Thürhüters selber wieder einer ist, nur an einer
höhern Thüre, entweder an einer kaiserlichen,
königlichen, fürstlichen Gnaden- oder an einer
Fallthüre, entweder als Klopfer, der das Her¬
einwollen, oder als Klingel, die das Hereinkom¬
men ansagt, und jeder wie Janus als Schwel¬
len-Gott ein anderes Gesicht gegen die Gasse
kehrend, ein anderes gegen das Haus. -- Sind
manche gute Gemüther nur Portiers an blinden
Thoren: so stecken sie doch ihren Sperrgroschen
von Proselyten des Thors so gut ein, wie die
schlimmsten, die wenigstens den Janustempel
wie eine öffentliche Bibliothek gern öffnen.

Sehr roth trat der Notar in das lustige Do¬

und naͤherte ſich dem Thuͤrſteher hoͤflich mur¬
melnd.

„Das hilft alles nichts — ſagte der Por¬
tier — gegenwaͤrtig ſchlafen Exzellenz, man
muß ſich gedulden. .“ —

— Aber niemand braucht aus Walts Ver¬
wechslung viel zu machen, wenn man ſo viel
von der Welt geſehen, daß — keine moͤglich iſt,
— ſondern daß jeder vornehme Inhaber eines
Thuͤrhuͤters ſelber wieder einer iſt, nur an einer
hoͤhern Thuͤre, entweder an einer kaiſerlichen,
koͤniglichen, fuͤrſtlichen Gnaden- oder an einer
Fallthuͤre, entweder als Klopfer, der das Her¬
einwollen, oder als Klingel, die das Hereinkom¬
men anſagt, und jeder wie Janus als Schwel¬
len-Gott ein anderes Geſicht gegen die Gaſſe
kehrend, ein anderes gegen das Haus. — Sind
manche gute Gemuͤther nur Portiers an blinden
Thoren: ſo ſtecken ſie doch ihren Sperrgroſchen
von Proſelyten des Thors ſo gut ein, wie die
ſchlimmſten, die wenigſtens den Janustempel
wie eine oͤffentliche Bibliothek gern oͤffnen.

Sehr roth trat der Notar in das luſtige Do¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0158" n="150"/>
und na&#x0364;herte &#x017F;ich dem Thu&#x0364;r&#x017F;teher ho&#x0364;flich mur¬<lb/>
melnd.</p><lb/>
        <p>&#x201E;Das hilft alles nichts &#x2014; &#x017F;agte der Por¬<lb/>
tier &#x2014; gegenwa&#x0364;rtig &#x017F;chlafen Exzellenz, man<lb/>
muß &#x017F;ich gedulden. .&#x201C; &#x2014;</p><lb/>
        <p>&#x2014; Aber niemand braucht aus Walts Ver¬<lb/>
wechslung viel zu machen, wenn man &#x017F;o viel<lb/>
von der Welt ge&#x017F;ehen, daß &#x2014; keine mo&#x0364;glich i&#x017F;t,<lb/>
&#x2014; &#x017F;ondern daß jeder vornehme Inhaber eines<lb/>
Thu&#x0364;rhu&#x0364;ters &#x017F;elber wieder einer i&#x017F;t, nur an einer<lb/>
ho&#x0364;hern Thu&#x0364;re, entweder an einer kai&#x017F;erlichen,<lb/>
ko&#x0364;niglichen, fu&#x0364;r&#x017F;tlichen Gnaden- oder an einer<lb/>
Fallthu&#x0364;re, entweder als Klopfer, der das Her¬<lb/>
einwollen, oder als Klingel, die das Hereinkom¬<lb/>
men an&#x017F;agt, und jeder wie Janus als Schwel¬<lb/>
len-Gott ein anderes Ge&#x017F;icht gegen die Ga&#x017F;&#x017F;e<lb/>
kehrend, ein anderes gegen das Haus. &#x2014; Sind<lb/>
manche gute Gemu&#x0364;ther nur Portiers an blinden<lb/>
Thoren: &#x017F;o &#x017F;tecken &#x017F;ie doch ihren Sperrgro&#x017F;chen<lb/>
von Pro&#x017F;elyten des Thors &#x017F;o gut ein, wie die<lb/>
&#x017F;chlimm&#x017F;ten, die wenig&#x017F;tens den Janustempel<lb/>
wie eine o&#x0364;ffentliche Bibliothek gern o&#x0364;ffnen.</p><lb/>
        <p>Sehr roth trat der Notar in das lu&#x017F;tige Do¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[150/0158] und naͤherte ſich dem Thuͤrſteher hoͤflich mur¬ melnd. „Das hilft alles nichts — ſagte der Por¬ tier — gegenwaͤrtig ſchlafen Exzellenz, man muß ſich gedulden. .“ — — Aber niemand braucht aus Walts Ver¬ wechslung viel zu machen, wenn man ſo viel von der Welt geſehen, daß — keine moͤglich iſt, — ſondern daß jeder vornehme Inhaber eines Thuͤrhuͤters ſelber wieder einer iſt, nur an einer hoͤhern Thuͤre, entweder an einer kaiſerlichen, koͤniglichen, fuͤrſtlichen Gnaden- oder an einer Fallthuͤre, entweder als Klopfer, der das Her¬ einwollen, oder als Klingel, die das Hereinkom¬ men anſagt, und jeder wie Janus als Schwel¬ len-Gott ein anderes Geſicht gegen die Gaſſe kehrend, ein anderes gegen das Haus. — Sind manche gute Gemuͤther nur Portiers an blinden Thoren: ſo ſtecken ſie doch ihren Sperrgroſchen von Proſelyten des Thors ſo gut ein, wie die ſchlimmſten, die wenigſtens den Janustempel wie eine oͤffentliche Bibliothek gern oͤffnen. Sehr roth trat der Notar in das luſtige Do¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/158
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/158>, abgerufen am 16.05.2024.