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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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mestickenzimmer, das Geiselgewölbe eines dürf¬
tigen Gelehrten. Bediente sind parasitische Men¬
schen an Menschen, Dörfer, wo auf den Brie¬
fen die nächste Poststazion angezeigt werden muß.
Doch die Zablokischen waren gut gelaunt, und
schön-betrunken vom Küchen-Jubel; -- Walt
saß unbeunruhigt da. Wo ist der Bonsoir,
Freund? fragte ein eintretender Lakai. Walt
glaubte sich gemeint und den Abendgruß ver¬
misset, nicht aber den Licht-Tödter; er versezte
frisch: bon soir, mon cher! In der That kam
es endlich dahin, daß ein Bedienter vor ihm
vorausgieng und er hinterdrein, durch Vorsäle
voll langer Kniestücke -- über glatte Zimmer
weg -- und endlich vor ein Kabinet, das der
Bediente zwar auf- aber erst zumachte, da er
hinein war, bevor ers ihm aufthat.

Der General, ein stattlicher, männlich¬
schöner, starck genährter, lächelnder Mann fragt'
ihn mit freundlicher Mine und Stimme, was
Monsieur Harnisch wünsche. "Exzellenz, ich
wünsche -- fieng er an und hielt die Wiederhoh¬
lung des Zeitworts für Welt, -- dem Hrn.

meſtickenzimmer, das Geiſelgewoͤlbe eines duͤrf¬
tigen Gelehrten. Bediente ſind paraſitiſche Men¬
ſchen an Menſchen, Doͤrfer, wo auf den Brie¬
fen die naͤchſte Poſtſtazion angezeigt werden muß.
Doch die Zablokiſchen waren gut gelaunt, und
ſchoͤn-betrunken vom Kuͤchen-Jubel; — Walt
ſaß unbeunruhigt da. Wo iſt der Bonſoir,
Freund? fragte ein eintretender Lakai. Walt
glaubte ſich gemeint und den Abendgruß ver¬
miſſet, nicht aber den Licht-Toͤdter; er verſezte
friſch: bon ſoir, mon cher! In der That kam
es endlich dahin, daß ein Bedienter vor ihm
vorausgieng und er hinterdrein, durch Vorſaͤle
voll langer Knieſtuͤcke — uͤber glatte Zimmer
weg — und endlich vor ein Kabinet, das der
Bediente zwar auf- aber erſt zumachte, da er
hinein war, bevor ers ihm aufthat.

Der General, ein ſtattlicher, maͤnnlich¬
ſchoͤner, ſtarck genaͤhrter, laͤchelnder Mann fragt'
ihn mit freundlicher Mine und Stimme, was
Monſieur Harniſch wuͤnſche. „Exzellenz, ich
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[151/0159] meſtickenzimmer, das Geiſelgewoͤlbe eines duͤrf¬ tigen Gelehrten. Bediente ſind paraſitiſche Men¬ ſchen an Menſchen, Doͤrfer, wo auf den Brie¬ fen die naͤchſte Poſtſtazion angezeigt werden muß. Doch die Zablokiſchen waren gut gelaunt, und ſchoͤn-betrunken vom Kuͤchen-Jubel; — Walt ſaß unbeunruhigt da. Wo iſt der Bonſoir, Freund? fragte ein eintretender Lakai. Walt glaubte ſich gemeint und den Abendgruß ver¬ miſſet, nicht aber den Licht-Toͤdter; er verſezte friſch: bon ſoir, mon cher! In der That kam es endlich dahin, daß ein Bedienter vor ihm vorausgieng und er hinterdrein, durch Vorſaͤle voll langer Knieſtuͤcke — uͤber glatte Zimmer weg — und endlich vor ein Kabinet, das der Bediente zwar auf- aber erſt zumachte, da er hinein war, bevor ers ihm aufthat. Der General, ein ſtattlicher, maͤnnlich¬ ſchoͤner, ſtarck genaͤhrter, laͤchelnder Mann fragt' ihn mit freundlicher Mine und Stimme, was Monſieur Harniſch wuͤnſche. „Exzellenz, ich wuͤnſche — fieng er an und hielt die Wiederhoh¬ lung des Zeitworts fuͤr Welt, — dem Hrn.

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/159>, abgerufen am 21.11.2024.