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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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Grafen von Klothar einen verlornen Brief zu
übergeben, da ich ihn hier zu finden hoffe.
"Wen" fragte Zablocki. "Den H. Grafen
von Klothar" versezte Walt. "Wollen Sie mir
"den Brief vertrauen, so kann ich ihn sogleich
"übergeben?" sagte Zablocki. Der Notar hatte
sich viel schönere Entwicklungen versprochen; jezt
lief alles fast auf nichts hinaus; dem Vater
must' er den Brief der Tochter abstehen und
lassen. Er thats, da der Umschlag entsiegelt
war, mit den feinen Worten, "er bring ihn so
offen als er ihn gefunden." Er wollte damit
vielerlei leise andeuten, -- seine eigene Recht¬
schaffenheit, ihn nicht gelesen zu haben, sein
Erwarten der Nachahmung und noch allerhand
Gefühle. Der General stekte ihn nach einem
leichten Entzifferungsblik auf die Ueberschrift,
gleichgültig ein und sagte, er habe soviel Schö¬
nes über seine Flöte gehört, er wünsche sie selber
einmal zu hören. -- Große sind eben so verge߬
lich als neugierig; doch konnt' es Zablocki auch
thun, um reden zu hören.

Walten wars angenehm, zu berichtigen:

Grafen von Klothar einen verlornen Brief zu
uͤbergeben, da ich ihn hier zu finden hoffe.
Wen“ fragte Zablocki. „Den H. Grafen
von Klothar“ verſezte Walt. „Wollen Sie mir
„den Brief vertrauen, ſo kann ich ihn ſogleich
„uͤbergeben?“ ſagte Zablocki. Der Notar hatte
ſich viel ſchoͤnere Entwicklungen verſprochen; jezt
lief alles faſt auf nichts hinaus; dem Vater
muſt' er den Brief der Tochter abſtehen und
laſſen. Er thats, da der Umſchlag entſiegelt
war, mit den feinen Worten, „er bring ihn ſo
offen als er ihn gefunden.“ Er wollte damit
vielerlei leiſe andeuten, — ſeine eigene Recht¬
ſchaffenheit, ihn nicht geleſen zu haben, ſein
Erwarten der Nachahmung und noch allerhand
Gefuͤhle. Der General ſtekte ihn nach einem
leichten Entzifferungsblik auf die Ueberſchrift,
gleichguͤltig ein und ſagte, er habe ſoviel Schoͤ¬
nes uͤber ſeine Floͤte gehoͤrt, er wuͤnſche ſie ſelber
einmal zu hoͤren. — Große ſind eben ſo verge߬
lich als neugierig; doch konnt' es Zablocki auch
thun, um reden zu hoͤren.

Walten wars angenehm, zu berichtigen:

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[152/0160] Grafen von Klothar einen verlornen Brief zu uͤbergeben, da ich ihn hier zu finden hoffe. „Wen“ fragte Zablocki. „Den H. Grafen von Klothar“ verſezte Walt. „Wollen Sie mir „den Brief vertrauen, ſo kann ich ihn ſogleich „uͤbergeben?“ ſagte Zablocki. Der Notar hatte ſich viel ſchoͤnere Entwicklungen verſprochen; jezt lief alles faſt auf nichts hinaus; dem Vater muſt' er den Brief der Tochter abſtehen und laſſen. Er thats, da der Umſchlag entſiegelt war, mit den feinen Worten, „er bring ihn ſo offen als er ihn gefunden.“ Er wollte damit vielerlei leiſe andeuten, — ſeine eigene Recht¬ ſchaffenheit, ihn nicht geleſen zu haben, ſein Erwarten der Nachahmung und noch allerhand Gefuͤhle. Der General ſtekte ihn nach einem leichten Entzifferungsblik auf die Ueberſchrift, gleichguͤltig ein und ſagte, er habe ſoviel Schoͤ¬ nes uͤber ſeine Floͤte gehoͤrt, er wuͤnſche ſie ſelber einmal zu hoͤren. — Große ſind eben ſo verge߬ lich als neugierig; doch konnt' es Zablocki auch thun, um reden zu hoͤren. Walten wars angenehm, zu berichtigen:

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/160>, abgerufen am 16.05.2024.