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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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"ich wünschte -- sagt' er fein -- ich würde
nicht verwechselt, oder vielmehr (fügt' er bei,
da ihm das gerade einen zweiten ganz entgegen¬
gesezten Sinn geben wollte) ich könnt' es wer¬
den." -- Ich verstehe Sie nicht, sagte der Ge¬
neral. Walt entdeckte ihm kurz, er sei aus des¬
sen elterleinischen Territorium gebürtig und sein
Vater sei der Schulz. Jezt glaubte er an Zab¬
locki den wahren menschenliebenden Menschen-
Dulder ganz zu erkennen, als dieser sich des
Schulzen, der so oft als ein Mauerbok sich an
dessen Gerichtsstube die Hörner abgestoßen, viel¬
mehr mit den freundlichsten Minen und sogar
der van der Kabelschen Erbschaft entsann, ja
theilnehmend eine genauere Geschichte derselben
zu hören begehrte. Die lieferte Walt, gern,
nett und heiß; indeß halb schwindelte er vor
Freude, wenn er von der Höhe und Spitze in die
Dörfer hinunter sah, auf der er neben einem
Großen stand und ihn so lange anreden, und
sich gut ausdrücken durfte. Mit Freuden hätt'
er für ein so menschenliebendes Herz, das er nie
im Verband eines Ordensbandes gesucht hatte,

Flegeljahre II. Bd. II

„ich wuͤnſchte — ſagt' er fein — ich wuͤrde
nicht verwechſelt, oder vielmehr (fuͤgt' er bei,
da ihm das gerade einen zweiten ganz entgegen¬
geſezten Sinn geben wollte) ich koͤnnt' es wer¬
den.“ — Ich verſtehe Sie nicht, ſagte der Ge¬
neral. Walt entdeckte ihm kurz, er ſei aus deſ¬
ſen elterleiniſchen Territorium gebuͤrtig und ſein
Vater ſei der Schulz. Jezt glaubte er an Zab¬
locki den wahren menſchenliebenden Menſchen-
Dulder ganz zu erkennen, als dieſer ſich des
Schulzen, der ſo oft als ein Mauerbok ſich an
deſſen Gerichtsſtube die Hoͤrner abgeſtoßen, viel¬
mehr mit den freundlichſten Minen und ſogar
der van der Kabelſchen Erbſchaft entſann, ja
theilnehmend eine genauere Geſchichte derſelben
zu hoͤren begehrte. Die lieferte Walt, gern,
nett und heiß; indeß halb ſchwindelte er vor
Freude, wenn er von der Hoͤhe und Spitze in die
Doͤrfer hinunter ſah, auf der er neben einem
Großen ſtand und ihn ſo lange anreden, und
ſich gut ausdruͤcken durfte. Mit Freuden haͤtt'
er fuͤr ein ſo menſchenliebendes Herz, das er nie
im Verband eines Ordensbandes geſucht hatte,

Flegeljahre II. Bd. II
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[153/0161] „ich wuͤnſchte — ſagt' er fein — ich wuͤrde nicht verwechſelt, oder vielmehr (fuͤgt' er bei, da ihm das gerade einen zweiten ganz entgegen¬ geſezten Sinn geben wollte) ich koͤnnt' es wer¬ den.“ — Ich verſtehe Sie nicht, ſagte der Ge¬ neral. Walt entdeckte ihm kurz, er ſei aus deſ¬ ſen elterleiniſchen Territorium gebuͤrtig und ſein Vater ſei der Schulz. Jezt glaubte er an Zab¬ locki den wahren menſchenliebenden Menſchen- Dulder ganz zu erkennen, als dieſer ſich des Schulzen, der ſo oft als ein Mauerbok ſich an deſſen Gerichtsſtube die Hoͤrner abgeſtoßen, viel¬ mehr mit den freundlichſten Minen und ſogar der van der Kabelſchen Erbſchaft entſann, ja theilnehmend eine genauere Geſchichte derſelben zu hoͤren begehrte. Die lieferte Walt, gern, nett und heiß; indeß halb ſchwindelte er vor Freude, wenn er von der Hoͤhe und Spitze in die Doͤrfer hinunter ſah, auf der er neben einem Großen ſtand und ihn ſo lange anreden, und ſich gut ausdruͤcken durfte. Mit Freuden haͤtt' er fuͤr ein ſo menſchenliebendes Herz, das er nie im Verband eines Ordensbandes geſucht hatte, Flegeljahre II. Bd. II

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/161>, abgerufen am 21.11.2024.