Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.ich nicht zusammen führe, wenn man mich plöz¬ ich nicht zuſammen fuͤhre, wenn man mich ploͤz¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0180" n="172"/> ich nicht zuſammen fuͤhre, wenn man mich ploͤz¬<lb/> lich anredete. Ganz nahe an mir unter den<lb/> heiterſten Toͤnen floß ihr Auge heftig uͤber aus<lb/> Mitleid, und ſie konnt' es nicht eilig genug lich¬<lb/> ten, weil ſie mich anſchauen wollte. Warlich<lb/> ein gutes Geſchoͤpf, und ich wollt', es waͤre kei¬<lb/> ne Braut oder eine Frau! — Wie ein Roſen¬<lb/> beet bluͤhten, zumal vor der Abendſonne, alle<lb/> ihre wohlwollenden Gefuͤhle auf dem kindlichen<lb/> Geſicht; und bedenk' ich die zarten ſchwarzen<lb/> Bogen der ſchoͤnſten ſchwarzen Augen, ſo hatt'<lb/> ich Augenluſt und Augenbraunenluſt zugleich und<lb/> genug. Aber wie kann ein Mann zu einer Schoͤn¬<lb/> heit ſagen: heirathe mich meines Orts, da ja<lb/> durch die Ehe, wie durch Eva, das ganze Pa¬<lb/> radies mit allen 4 Fluͤſſen verloren geht, ausge¬<lb/> nommen den Paradiesvogel daraus, der ſchla¬<lb/> fend fliegt. Eine ſchoͤne Stimme aber zu eheli¬<lb/> chen durch Ehepakten — das iſt Vernunft; auſ¬<lb/> ſerdem, daß ſie, wie die Singvoͤgel, immer wie¬<lb/> der zuruͤckkehrt, — das Geſicht aber nicht, —<lb/> ſo hat ſie den Vorzug vor dieſem, daß ſie nicht<lb/> den ganzen Tag da ſteht, ſondern manchmal. —<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [172/0180]
ich nicht zuſammen fuͤhre, wenn man mich ploͤz¬
lich anredete. Ganz nahe an mir unter den
heiterſten Toͤnen floß ihr Auge heftig uͤber aus
Mitleid, und ſie konnt' es nicht eilig genug lich¬
ten, weil ſie mich anſchauen wollte. Warlich
ein gutes Geſchoͤpf, und ich wollt', es waͤre kei¬
ne Braut oder eine Frau! — Wie ein Roſen¬
beet bluͤhten, zumal vor der Abendſonne, alle
ihre wohlwollenden Gefuͤhle auf dem kindlichen
Geſicht; und bedenk' ich die zarten ſchwarzen
Bogen der ſchoͤnſten ſchwarzen Augen, ſo hatt'
ich Augenluſt und Augenbraunenluſt zugleich und
genug. Aber wie kann ein Mann zu einer Schoͤn¬
heit ſagen: heirathe mich meines Orts, da ja
durch die Ehe, wie durch Eva, das ganze Pa¬
radies mit allen 4 Fluͤſſen verloren geht, ausge¬
nommen den Paradiesvogel daraus, der ſchla¬
fend fliegt. Eine ſchoͤne Stimme aber zu eheli¬
chen durch Ehepakten — das iſt Vernunft; auſ¬
ſerdem, daß ſie, wie die Singvoͤgel, immer wie¬
der zuruͤckkehrt, — das Geſicht aber nicht, —
ſo hat ſie den Vorzug vor dieſem, daß ſie nicht
den ganzen Tag da ſteht, ſondern manchmal. —
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