Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.aus allen Satiren, Träumen, untergehenden Endlich sah sie mich, aber ohne zu erschre¬ aus allen Satiren, Traͤumen, untergehenden Endlich ſah ſie mich, aber ohne zu erſchre¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0179" n="171"/> aus allen Satiren, Traͤumen, untergehenden<lb/> Sonnen wegjagte ins Ohr hinein, in deſſen La¬<lb/> byrinth, wie im aͤgyptiſchen, Goͤtter begraben<lb/> liegen. Die Generals Tochter ſang; ſie hatte,<lb/> wie vornehme Maͤdgen auf ihren Ritterguͤtern<lb/> pflegen, der Sonne und der Einſamkeit — denn<lb/> horchende Bauern ſind nur ſtille Blumen und<lb/> Voͤgel in einem Hain — ein ganzes, leidendes<lb/> Herz mit Toͤnen auseinander gethan. Sie wein¬<lb/> te ſogar, aber ſanft; und da ſie ſich allein glaub¬<lb/> te, troknete ſie die Tropfen nicht ab. Sollte der<lb/> edle Klothar, dacht' ich, ſeine Braut in dunkle<lb/> Farben kleiden, weil ſie eine <hi rendition="#aq">taille fine</hi> geben? —<lb/> Das ſchwerlich!</p><lb/> <p>Endlich ſah ſie mich, aber ohne zu erſchre¬<lb/> cken, weil der blinde Konzertiſt, wofuͤr ſie mich<lb/> noch halten muſte, ja ihr naſſes Auge und An¬<lb/> geſicht nicht kennen konnte. Sie, <hi rendition="#g">die Unwiſ¬<lb/> ſende</hi>, ſah ſich nach meinem Fuͤhrer um, indeß<lb/> ſie leiſe ihr Buſenlied ertoͤnen ließ. Bekuͤmmert<lb/> um den huͤlfloſen Blinden, gieng ſie langſam<lb/> auf mich zu, begann ein fremdes frohes Lied,<lb/> um ſich mir unter Singen ſo zu naͤhern, daß<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [171/0179]
aus allen Satiren, Traͤumen, untergehenden
Sonnen wegjagte ins Ohr hinein, in deſſen La¬
byrinth, wie im aͤgyptiſchen, Goͤtter begraben
liegen. Die Generals Tochter ſang; ſie hatte,
wie vornehme Maͤdgen auf ihren Ritterguͤtern
pflegen, der Sonne und der Einſamkeit — denn
horchende Bauern ſind nur ſtille Blumen und
Voͤgel in einem Hain — ein ganzes, leidendes
Herz mit Toͤnen auseinander gethan. Sie wein¬
te ſogar, aber ſanft; und da ſie ſich allein glaub¬
te, troknete ſie die Tropfen nicht ab. Sollte der
edle Klothar, dacht' ich, ſeine Braut in dunkle
Farben kleiden, weil ſie eine taille fine geben? —
Das ſchwerlich!
Endlich ſah ſie mich, aber ohne zu erſchre¬
cken, weil der blinde Konzertiſt, wofuͤr ſie mich
noch halten muſte, ja ihr naſſes Auge und An¬
geſicht nicht kennen konnte. Sie, die Unwiſ¬
ſende, ſah ſich nach meinem Fuͤhrer um, indeß
ſie leiſe ihr Buſenlied ertoͤnen ließ. Bekuͤmmert
um den huͤlfloſen Blinden, gieng ſie langſam
auf mich zu, begann ein fremdes frohes Lied,
um ſich mir unter Singen ſo zu naͤhern, daß
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