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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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Nro. 32. Heller im Straußenmagen.

Menschenhaß und Reue.

Personen, die Vults alten noch versiegelten
Brief an Walt gedruckt gelesen, durchschauen am
ersten alle geheime Zwecke bei seiner Einkleidung
des reinen Notars, und finden deren nicht weni¬
ger als zwei. Der erste geheime Zweck Vults
ist wahrscheinlich der, sich mehr zu ärgern als
bisher, und dadurch -- indem er der brüderlichen
Freundschaft gegen den Grafen zusieht oder gar
der Erwiederung derselben -- sich zu jenem zor¬
nigen Ausbruch aufzutreiben, ohne welchen, sei¬
ner bekannten Meinung nach, an Versöhnungen
gar nicht zu denken ist, ausser an schlechte. Freund¬
schaftliche Eifersucht ist viel stärker als liebende,
schon weil sie nicht, wie diese, ihren Gegenstand
zu verachten vermag. -- Die zweite Absicht
Vults bei dem Verkleiden kann sich nur auf den
Wechsel- oder Hornschluß gründen, daß der
Graf den Notar -- wenn dieser den adelichen
Pfauenschwanz fallen lassen -- als nakte Nota¬
riats-Krähe entweder wild aus Herz und Gar¬

Nro. 32. Heller im Straußenmagen.

Menſchenhaß und Reue.

Perſonen, die Vults alten noch verſiegelten
Brief an Walt gedruckt geleſen, durchſchauen am
erſten alle geheime Zwecke bei ſeiner Einkleidung
des reinen Notars, und finden deren nicht weni¬
ger als zwei. Der erſte geheime Zweck Vults
iſt wahrſcheinlich der, ſich mehr zu aͤrgern als
bisher, und dadurch — indem er der bruͤderlichen
Freundſchaft gegen den Grafen zuſieht oder gar
der Erwiederung derſelben — ſich zu jenem zor¬
nigen Ausbruch aufzutreiben, ohne welchen, ſei¬
ner bekannten Meinung nach, an Verſoͤhnungen
gar nicht zu denken iſt, auſſer an ſchlechte. Freund¬
ſchaftliche Eiferſucht iſt viel ſtaͤrker als liebende,
ſchon weil ſie nicht, wie dieſe, ihren Gegenſtand
zu verachten vermag. — Die zweite Abſicht
Vults bei dem Verkleiden kann ſich nur auf den
Wechſel- oder Hornſchluß gruͤnden, daß der
Graf den Notar — wenn dieſer den adelichen
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[204/0212] Nro. 32. Heller im Straußenmagen. Menſchenhaß und Reue. Perſonen, die Vults alten noch verſiegelten Brief an Walt gedruckt geleſen, durchſchauen am erſten alle geheime Zwecke bei ſeiner Einkleidung des reinen Notars, und finden deren nicht weni¬ ger als zwei. Der erſte geheime Zweck Vults iſt wahrſcheinlich der, ſich mehr zu aͤrgern als bisher, und dadurch — indem er der bruͤderlichen Freundſchaft gegen den Grafen zuſieht oder gar der Erwiederung derſelben — ſich zu jenem zor¬ nigen Ausbruch aufzutreiben, ohne welchen, ſei¬ ner bekannten Meinung nach, an Verſoͤhnungen gar nicht zu denken iſt, auſſer an ſchlechte. Freund¬ ſchaftliche Eiferſucht iſt viel ſtaͤrker als liebende, ſchon weil ſie nicht, wie dieſe, ihren Gegenſtand zu verachten vermag. — Die zweite Abſicht Vults bei dem Verkleiden kann ſich nur auf den Wechſel- oder Hornſchluß gruͤnden, daß der Graf den Notar — wenn dieſer den adelichen Pfauenſchwanz fallen laſſen — als nakte Nota¬ riats-Kraͤhe entweder wild aus Herz und Gar¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/212>, abgerufen am 24.11.2024.