Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

der Bühne Jünglingen begegnet, die Fait von
Menschen-Verachtung machen, weil ein Mäd¬
gen sie ein wenig verachtet hatte -- Tröpfe, bei
denen der misanthropische Tollwurm nur, wie
bei Hunden, im Zungenbande besteht und
denen er, wie Kindern der Wurm, abgienge,
wenn man sie stärkte -- Walt, unterstehst
du dich auch und hassest die Menschen?" --
"Nicht Einen, auch nicht einen unglücklichen
Menschenfeind (sagt' er unendlich sanft), aber du
fragst doch sehr hart?" -- "Vergieb, versezte Vult,
ich fahr' schon seit zehn Jahren auf und los, wenn
ich nur etwas vom Theater rieche und wär's
nur ein Soufleur, oder der Soufleur des Souf¬
leurs, der Poet, ja ein bloßer Hofrath, -- da
doch die meisten Theater-Helden wie in Dorpat
die Professoren, H fraths-Rang --;
denn, das Schauspielervolk ausgenommen, zeigt
nichts eine so ekle Gemeinheit als das Bühnen¬
schreibervolk; Spieler und Schreiber verkörpern
und beseelen sich wechselseitig; und bekielen sich
mit Lanierschwänzen" -- "Lanierschweife?" frag¬
te Walt.

der Buͤhne Juͤnglingen begegnet, die Fait von
Menſchen-Verachtung machen, weil ein Maͤd¬
gen ſie ein wenig verachtet hatte — Troͤpfe, bei
denen der miſanthropiſche Tollwurm nur, wie
bei Hunden, im Zungenbande beſteht und
denen er, wie Kindern der Wurm, abgienge,
wenn man ſie ſtaͤrkte — Walt, unterſtehſt
du dich auch und haſſeſt die Menſchen?“ —
„Nicht Einen, auch nicht einen ungluͤcklichen
Menſchenfeind (ſagt' er unendlich ſanft), aber du
fragſt doch ſehr hart?“ — „Vergieb, verſezte Vult,
ich fahr' ſchon ſeit zehn Jahren auf und los, wenn
ich nur etwas vom Theater rieche und waͤr's
nur ein Soufleur, oder der Soufleur des Souf¬
leurs, der Poet, ja ein bloßer Hofrath, — da
doch die meiſten Theater-Helden wie in Dorpat
die Profeſſoren, H fraths-Rang —;
denn, das Schauſpielervolk ausgenommen, zeigt
nichts eine ſo ekle Gemeinheit als das Buͤhnen¬
ſchreibervolk; Spieler und Schreiber verkoͤrpern
und beſeelen ſich wechſelſeitig; und bekielen ſich
mit Lanierſchwaͤnzen“ — „Lanierſchweife?“ frag¬
te Walt.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0215" n="207"/>
der Bu&#x0364;hne Ju&#x0364;nglingen begegnet, die Fait von<lb/>
Men&#x017F;chen-Verachtung machen, weil ein Ma&#x0364;<lb/>
gen &#x017F;ie ein wenig verachtet hatte &#x2014; Tro&#x0364;pfe, bei<lb/>
denen der mi&#x017F;anthropi&#x017F;che Tollwurm nur, wie<lb/>
bei Hunden, im <hi rendition="#g">Zungenbande</hi> be&#x017F;teht und<lb/>
denen er, wie Kindern der Wurm, abgienge,<lb/>
wenn man &#x017F;ie <hi rendition="#g">&#x017F;ta&#x0364;rkte</hi> &#x2014; Walt, unter&#x017F;teh&#x017F;t<lb/>
du dich auch und ha&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t die Men&#x017F;chen?&#x201C; &#x2014;<lb/>
&#x201E;Nicht Einen, auch nicht einen unglu&#x0364;cklichen<lb/>
Men&#x017F;chenfeind (&#x017F;agt' er unendlich &#x017F;anft), aber du<lb/>
frag&#x017F;t doch &#x017F;ehr hart?&#x201C; &#x2014; &#x201E;Vergieb, ver&#x017F;ezte Vult,<lb/>
ich fahr' &#x017F;chon &#x017F;eit zehn Jahren auf und los, wenn<lb/>
ich nur etwas vom Theater rieche und wa&#x0364;r's<lb/>
nur ein Soufleur, oder der Soufleur des Souf¬<lb/>
leurs, der Poet, ja ein bloßer Hofrath, &#x2014; da<lb/>
doch die mei&#x017F;ten Theater-Helden wie in Dorpat<lb/>
die Profe&#x017F;&#x017F;oren, H fraths-Rang &#x2014;;<lb/>
denn, das Schau&#x017F;pielervolk ausgenommen, zeigt<lb/>
nichts eine &#x017F;o ekle Gemeinheit als das Bu&#x0364;hnen¬<lb/>
&#x017F;chreibervolk; Spieler und Schreiber verko&#x0364;rpern<lb/>
und be&#x017F;eelen &#x017F;ich wech&#x017F;el&#x017F;eitig; und bekielen &#x017F;ich<lb/>
mit Lanier&#x017F;chwa&#x0364;nzen&#x201C; &#x2014; &#x201E;Lanier&#x017F;chweife?&#x201C; frag¬<lb/>
te Walt.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[207/0215] der Buͤhne Juͤnglingen begegnet, die Fait von Menſchen-Verachtung machen, weil ein Maͤd¬ gen ſie ein wenig verachtet hatte — Troͤpfe, bei denen der miſanthropiſche Tollwurm nur, wie bei Hunden, im Zungenbande beſteht und denen er, wie Kindern der Wurm, abgienge, wenn man ſie ſtaͤrkte — Walt, unterſtehſt du dich auch und haſſeſt die Menſchen?“ — „Nicht Einen, auch nicht einen ungluͤcklichen Menſchenfeind (ſagt' er unendlich ſanft), aber du fragſt doch ſehr hart?“ — „Vergieb, verſezte Vult, ich fahr' ſchon ſeit zehn Jahren auf und los, wenn ich nur etwas vom Theater rieche und waͤr's nur ein Soufleur, oder der Soufleur des Souf¬ leurs, der Poet, ja ein bloßer Hofrath, — da doch die meiſten Theater-Helden wie in Dorpat die Profeſſoren, H fraths-Rang —; denn, das Schauſpielervolk ausgenommen, zeigt nichts eine ſo ekle Gemeinheit als das Buͤhnen¬ ſchreibervolk; Spieler und Schreiber verkoͤrpern und beſeelen ſich wechſelſeitig; und bekielen ſich mit Lanierſchwaͤnzen“ — „Lanierſchweife?“ frag¬ te Walt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/215
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/215>, abgerufen am 16.05.2024.