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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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de nach England übersezten, um es einmü¬
thig zu besehen und zu erheben. Klothar lobte
die Brittische Ungeselligkeit: "zu gewissen Feh¬
lern gehören Vorzüge" sagte er. "Nur Blu¬
men schlafen, nicht Gras," sagte Walt, der
durch Poesie und Uebersicht leicht die fremde
Meinung in seine übersezte und umgekehrt. Wer
immer nur die Morgen- und Sonnenseite sucht,
findet leicht überall Wärme und Licht. Klothar
behauptete, daß die Freundschaft keinen Stand
kenne, wie die Seele kein Geschlecht. Walt tour¬
nirte seine Antwort dergestalt, daß sie so klang:
"auch im Bestreben, die Ungleichheit zu verges¬
sen, müssen beide Freunde gleich sein" aber seine
Aussprache war ein wenig bäuerisch, und sein
Auge blickte nicht fein, sondern es strömte klar
über von Liebesfeuer. Der Graf stand ruhig
auf und sagte, er entferne sich nur einen Augen¬
blick, um die Abreise eine halbe Stunde später
anzuordnen, und er gestehe, er sei selten so leicht
verstanden worden als diesen Abend.

Mit unsäglicher Entzückung sagte Walt
leise zu Vult: "habe Dank, habe Dank, mein

de nach England uͤberſezten, um es einmuͤ¬
thig zu beſehen und zu erheben. Klothar lobte
die Brittiſche Ungeſelligkeit: „zu gewiſſen Feh¬
lern gehoͤren Vorzuͤge“ ſagte er. „Nur Blu¬
men ſchlafen, nicht Gras,“ ſagte Walt, der
durch Poeſie und Ueberſicht leicht die fremde
Meinung in ſeine uͤberſezte und umgekehrt. Wer
immer nur die Morgen- und Sonnenſeite ſucht,
findet leicht uͤberall Waͤrme und Licht. Klothar
behauptete, daß die Freundſchaft keinen Stand
kenne, wie die Seele kein Geſchlecht. Walt tour¬
nirte ſeine Antwort dergeſtalt, daß ſie ſo klang:
„auch im Beſtreben, die Ungleichheit zu vergeſ¬
ſen, muͤſſen beide Freunde gleich ſein“ aber ſeine
Ausſprache war ein wenig baͤueriſch, und ſein
Auge blickte nicht fein, ſondern es ſtroͤmte klar
uͤber von Liebesfeuer. Der Graf ſtand ruhig
auf und ſagte, er entferne ſich nur einen Augen¬
blick, um die Abreiſe eine halbe Stunde ſpaͤter
anzuordnen, und er geſtehe, er ſei ſelten ſo leicht
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[211/0219] de nach England uͤberſezten, um es einmuͤ¬ thig zu beſehen und zu erheben. Klothar lobte die Brittiſche Ungeſelligkeit: „zu gewiſſen Feh¬ lern gehoͤren Vorzuͤge“ ſagte er. „Nur Blu¬ men ſchlafen, nicht Gras,“ ſagte Walt, der durch Poeſie und Ueberſicht leicht die fremde Meinung in ſeine uͤberſezte und umgekehrt. Wer immer nur die Morgen- und Sonnenſeite ſucht, findet leicht uͤberall Waͤrme und Licht. Klothar behauptete, daß die Freundſchaft keinen Stand kenne, wie die Seele kein Geſchlecht. Walt tour¬ nirte ſeine Antwort dergeſtalt, daß ſie ſo klang: „auch im Beſtreben, die Ungleichheit zu vergeſ¬ ſen, muͤſſen beide Freunde gleich ſein“ aber ſeine Ausſprache war ein wenig baͤueriſch, und ſein Auge blickte nicht fein, ſondern es ſtroͤmte klar uͤber von Liebesfeuer. Der Graf ſtand ruhig auf und ſagte, er entferne ſich nur einen Augen¬ blick, um die Abreiſe eine halbe Stunde ſpaͤter anzuordnen, und er geſtehe, er ſei ſelten ſo leicht verſtanden worden als dieſen Abend. Mit unſaͤglicher Entzuͤckung ſagte Walt leiſe zu Vult: „habe Dank, habe Dank, mein

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/219>, abgerufen am 21.11.2024.