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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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oder die geheimen Artikel Fehler sezen und strafen
würden, um Verwaltung dieses Erb-Amts als
des kürzesten angelegen, um hinter die Ehrlich¬
keit des seel. Testators zu kommen; aber Walt
hatte beiden stets das Unrecht entgegengesezt, den
alten gebenden Mann für einen Schelm zu hal¬
ten. Aus schönern Gründen hingegen konnt' er
jezt stimmen, wenn er wollte; diese waren die
dreifache Hofnung, er werde, da sein Stimm-Amt
vorher im Wochenblatt dem Publikum muste an¬
geboten werden, in die vornehmsten Häuser und
Zimmer kommen -- die schönsten Töchter vor¬
finden (denn Töchter und Instrumente sind nicht
weit auseinander) -- und wohl auch die köstli¬
chen Mahagony-Piano von Schiedmaier auf¬
decken, auf deren Tasten Klothar und Wina die
beringten Finger gehabt.

Walt betrieb feurig die Sache ohne alles
Rathfragen. Er zeigte seinen Willen den Testa¬
ment Exekutoren oder dem regierenden Bürgermei¬
ster Kuhnold an. Dieser eröfnete ihm, daß er
nach dem geheimen Regulier-Tarief 4 Louis aus
der Erbschaftskasse erhalte, weil der Testator ihn

oder die geheimen Artikel Fehler ſezen und ſtrafen
wuͤrden, um Verwaltung dieſes Erb-Amts als
des kuͤrzeſten angelegen, um hinter die Ehrlich¬
keit des ſeel. Teſtators zu kommen; aber Walt
hatte beiden ſtets das Unrecht entgegengeſezt, den
alten gebenden Mann fuͤr einen Schelm zu hal¬
ten. Aus ſchoͤnern Gruͤnden hingegen konnt' er
jezt ſtimmen, wenn er wollte; dieſe waren die
dreifache Hofnung, er werde, da ſein Stimm-Amt
vorher im Wochenblatt dem Publikum muſte an¬
geboten werden, in die vornehmſten Haͤuſer und
Zimmer kommen — die ſchoͤnſten Toͤchter vor¬
finden (denn Toͤchter und Inſtrumente ſind nicht
weit auseinander) — und wohl auch die koͤſtli¬
chen Mahagony-Piano von Schiedmaier auf¬
decken, auf deren Taſten Klothar und Wina die
beringten Finger gehabt.

Walt betrieb feurig die Sache ohne alles
Rathfragen. Er zeigte ſeinen Willen den Teſta¬
ment Exekutoren oder dem regierenden Buͤrgermei¬
ſter Kuhnold an. Dieſer eroͤfnete ihm, daß er
nach dem geheimen Regulier-Tarief 4 Louis aus
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[38/0046] oder die geheimen Artikel Fehler ſezen und ſtrafen wuͤrden, um Verwaltung dieſes Erb-Amts als des kuͤrzeſten angelegen, um hinter die Ehrlich¬ keit des ſeel. Teſtators zu kommen; aber Walt hatte beiden ſtets das Unrecht entgegengeſezt, den alten gebenden Mann fuͤr einen Schelm zu hal¬ ten. Aus ſchoͤnern Gruͤnden hingegen konnt' er jezt ſtimmen, wenn er wollte; dieſe waren die dreifache Hofnung, er werde, da ſein Stimm-Amt vorher im Wochenblatt dem Publikum muſte an¬ geboten werden, in die vornehmſten Haͤuſer und Zimmer kommen — die ſchoͤnſten Toͤchter vor¬ finden (denn Toͤchter und Inſtrumente ſind nicht weit auseinander) — und wohl auch die koͤſtli¬ chen Mahagony-Piano von Schiedmaier auf¬ decken, auf deren Taſten Klothar und Wina die beringten Finger gehabt. Walt betrieb feurig die Sache ohne alles Rathfragen. Er zeigte ſeinen Willen den Teſta¬ ment Exekutoren oder dem regierenden Buͤrgermei¬ ſter Kuhnold an. Dieſer eroͤfnete ihm, daß er nach dem geheimen Regulier-Tarief 4 Louis aus der Erbſchaftskaſſe erhalte, weil der Teſtator ihn

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/46>, abgerufen am 29.04.2024.