Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

herab und wärmen die kalten Welten; und ohne
Wolken ist er auch Erde.


"Hübsch und spizig genug" sagte der In¬
spektor mit aufrichtigem Lob einer Ironie, die er
im Strekvers fand, die aber nicht der Dichter, son¬
dern das Schiksal hineingelegt. -- In solcher
Eile -- versezte Walt -- kann man zwar wohl
den Gedanken schaffen -- denn jeder Gedanke
des Menschen ist doch ein Impromptü -- aber
gar zu schwer den rechten Versbau; ich gäbe ein
solches Gedicht nie öffentlich.

Sie traten ins laute Knollische Zimmer ein,
wo ausser dem Kompagnie-Spinet und dem Com¬
pagnie-Musik- und Tanzmeisterlein noch der Zu¬
sammenwurf beider Nester war, die mit Füssen
und mit Händen sausen und brausen wollten --
lauter hagere, schmalleibige, hänghäutige,
mokante, scharfe Mädgen-Figuren von jedem
Alter, worunter zwei Knaben mit turnirten.
Sämmtliche Tanzschule harrete auf ihre Klavier¬
schule, die wieder auf das Stimmen des Spiners
wartete.

herab und waͤrmen die kalten Welten; und ohne
Wolken iſt er auch Erde.


„Huͤbſch und ſpizig genug“ ſagte der In¬
ſpektor mit aufrichtigem Lob einer Ironie, die er
im Strekvers fand, die aber nicht der Dichter, ſon¬
dern das Schikſal hineingelegt. — In ſolcher
Eile — verſezte Walt — kann man zwar wohl
den Gedanken ſchaffen — denn jeder Gedanke
des Menſchen iſt doch ein Impromptuͤ — aber
gar zu ſchwer den rechten Versbau; ich gaͤbe ein
ſolches Gedicht nie oͤffentlich.

Sie traten ins laute Knolliſche Zimmer ein,
wo auſſer dem Kompagnie-Spinet und dem Com¬
pagnie-Muſik- und Tanzmeiſterlein noch der Zu¬
ſammenwurf beider Neſter war, die mit Fuͤſſen
und mit Haͤnden ſauſen und brauſen wollten —
lauter hagere, ſchmalleibige, haͤnghaͤutige,
mokante, ſcharfe Maͤdgen-Figuren von jedem
Alter, worunter zwei Knaben mit turnirten.
Saͤmmtliche Tanzſchule harrete auf ihre Klavier¬
ſchule, die wieder auf das Stimmen des Spiners
wartete.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p rendition="#c"><pb facs="#f0058" n="50"/>
herab <hi rendition="#g">und</hi> wa&#x0364;rmen die kalten Welten; und ohne<lb/>
Wolken i&#x017F;t er auch Erde.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p>&#x201E;Hu&#x0364;b&#x017F;ch und &#x017F;pizig genug&#x201C; &#x017F;agte der In¬<lb/>
&#x017F;pektor mit aufrichtigem Lob einer Ironie, die er<lb/>
im Strekvers fand, die aber nicht der Dichter, &#x017F;on¬<lb/>
dern das Schik&#x017F;al hineingelegt. &#x2014; In &#x017F;olcher<lb/>
Eile &#x2014; ver&#x017F;ezte Walt &#x2014; kann man zwar wohl<lb/>
den Gedanken &#x017F;chaffen &#x2014; denn jeder Gedanke<lb/>
des Men&#x017F;chen i&#x017F;t doch ein Impromptu&#x0364; &#x2014; aber<lb/>
gar zu &#x017F;chwer den rechten Versbau; ich ga&#x0364;be ein<lb/>
&#x017F;olches Gedicht nie o&#x0364;ffentlich.</p><lb/>
        <p>Sie traten ins laute Knolli&#x017F;che Zimmer ein,<lb/>
wo au&#x017F;&#x017F;er dem Kompagnie-Spinet und dem Com¬<lb/>
pagnie-Mu&#x017F;ik- und Tanzmei&#x017F;terlein noch der Zu¬<lb/>
&#x017F;ammenwurf beider Ne&#x017F;ter war, die mit Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
und mit Ha&#x0364;nden &#x017F;au&#x017F;en und brau&#x017F;en wollten &#x2014;<lb/>
lauter hagere, &#x017F;chmalleibige, ha&#x0364;ngha&#x0364;utige,<lb/>
mokante, &#x017F;charfe Ma&#x0364;dgen-Figuren von jedem<lb/>
Alter, worunter zwei Knaben mit turnirten.<lb/>
Sa&#x0364;mmtliche Tanz&#x017F;chule harrete auf ihre Klavier¬<lb/>
&#x017F;chule, die wieder auf das Stimmen des Spiners<lb/>
wartete.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[50/0058] herab und waͤrmen die kalten Welten; und ohne Wolken iſt er auch Erde. „Huͤbſch und ſpizig genug“ ſagte der In¬ ſpektor mit aufrichtigem Lob einer Ironie, die er im Strekvers fand, die aber nicht der Dichter, ſon¬ dern das Schikſal hineingelegt. — In ſolcher Eile — verſezte Walt — kann man zwar wohl den Gedanken ſchaffen — denn jeder Gedanke des Menſchen iſt doch ein Impromptuͤ — aber gar zu ſchwer den rechten Versbau; ich gaͤbe ein ſolches Gedicht nie oͤffentlich. Sie traten ins laute Knolliſche Zimmer ein, wo auſſer dem Kompagnie-Spinet und dem Com¬ pagnie-Muſik- und Tanzmeiſterlein noch der Zu¬ ſammenwurf beider Neſter war, die mit Fuͤſſen und mit Haͤnden ſauſen und brauſen wollten — lauter hagere, ſchmalleibige, haͤnghaͤutige, mokante, ſcharfe Maͤdgen-Figuren von jedem Alter, worunter zwei Knaben mit turnirten. Saͤmmtliche Tanzſchule harrete auf ihre Klavier¬ ſchule, die wieder auf das Stimmen des Spiners wartete.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/58
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/58>, abgerufen am 21.11.2024.