Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.sich in den Abend-Glanz hinaus. "Wären Sie Die Täuschungen des Dichters. ſich in den Abend-Glanz hinaus. „Waͤren Sie Die Taͤuſchungen des Dichters. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0057" n="49"/> ſich in den Abend-Glanz hinaus. „Waͤren Sie<lb/> im Stande, ſagte Harprecht, ſo auf der Stelle<lb/> ein Gedicht in Ihrer neuen Gattung, die man<lb/> ſo lobt, auf was man will, zu machen —? Et¬<lb/> wa ein Gedicht uͤber die Dichter ſelber, z. B.,<lb/> wie ſie gluͤcklicher Weiſe ſo hoch ſtehen auf ihrer<lb/> fernen idealiſchen Welt, daß ſie von der kleinen<lb/> wirklichen wenig oder gar nichts ſehen und alſo<lb/> verſtehen?“ — Er ſann lange nach; und ſah<lb/> gen Himmel; endlich ſchlug aus dieſem der ſchoͤne<lb/> Bliz eines Gedichtes in ſein Herz. Er ſagte, er<lb/> hab' etwas; und bitt' ihn blos ſich zu deſſen Ver¬<lb/> ſtaͤndnis an die aſtronomiſche Meinung zu erinnern,<lb/> daß das, womit die Sonne leuchtet, nicht ihr<lb/> Koͤrper ſei, ſondern ihr Gewoͤlke. Er fieng an und<lb/> deklamirte in die Sonne ſchauend:</p><lb/> <p rendition="#c"><hi rendition="#g">Die Taͤuſchungen des Dichters.</hi><lb/> Schoͤn ſind und reizend die Irrthuͤmer des<lb/> Dichters alle, ſie erleuchten die Welt, die die ge¬<lb/> meinen verfinſtern. So ſteht Phoͤbus am Him¬<lb/> mel; dunkel wird die Erde unter ihrem kalten<lb/> Gewoͤlke, aber verherrlicht wird der Sonnengott<lb/> durch ſeine Wolken, ſie reichen allein das <hi rendition="#g">Licht</hi><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [49/0057]
ſich in den Abend-Glanz hinaus. „Waͤren Sie
im Stande, ſagte Harprecht, ſo auf der Stelle
ein Gedicht in Ihrer neuen Gattung, die man
ſo lobt, auf was man will, zu machen —? Et¬
wa ein Gedicht uͤber die Dichter ſelber, z. B.,
wie ſie gluͤcklicher Weiſe ſo hoch ſtehen auf ihrer
fernen idealiſchen Welt, daß ſie von der kleinen
wirklichen wenig oder gar nichts ſehen und alſo
verſtehen?“ — Er ſann lange nach; und ſah
gen Himmel; endlich ſchlug aus dieſem der ſchoͤne
Bliz eines Gedichtes in ſein Herz. Er ſagte, er
hab' etwas; und bitt' ihn blos ſich zu deſſen Ver¬
ſtaͤndnis an die aſtronomiſche Meinung zu erinnern,
daß das, womit die Sonne leuchtet, nicht ihr
Koͤrper ſei, ſondern ihr Gewoͤlke. Er fieng an und
deklamirte in die Sonne ſchauend:
Die Taͤuſchungen des Dichters.
Schoͤn ſind und reizend die Irrthuͤmer des
Dichters alle, ſie erleuchten die Welt, die die ge¬
meinen verfinſtern. So ſteht Phoͤbus am Him¬
mel; dunkel wird die Erde unter ihrem kalten
Gewoͤlke, aber verherrlicht wird der Sonnengott
durch ſeine Wolken, ſie reichen allein das Licht
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