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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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die Hand, und sagte, einen solchen jungen Mann
hätt' er längst zu finden gewünscht; und alle
giengen. "Eben jezt, sagte Harprecht unter¬
wegs, Tanz- und Klavierschule bei Knol und
alle meine Töchter."

Es wird nicht unter der Würde der Geschich¬
te sein, hier anzumerken, daß Harprecht und
Knol sich ein einziges Spinet als eine Finger-
Tenne und Palästra für ihre Jugend und deren
parzielle Gymnastik, ein passives Hammerwerk
für ihr aktives, gemeinschaftlich bestanden von
einem alten Kanzellisten, und daß das Spinet
alternirend von einem Semester zum andern in
den Häusern beider Dioskuren stand. Harprecht
hatte sogar den Curas und Meidinger aus der
Gymnasiumsbibliothek für die gallischen Stunden
seiner Töchter geborgt, und sagte, er schäme sich
dessen gar nicht.

Der kürzere Weg zum Fiskal gieng durch
grüne, rothe, blaue, bunte Gärten, denen der
Vor-Herbst schon die Früchte färbte vor den
Blättern; und Walt, dem die Vesper-Son¬
ne so warmfreundlich ins Angesicht fiel, sehnte

die Hand, und ſagte, einen ſolchen jungen Mann
haͤtt' er laͤngſt zu finden gewuͤnſcht; und alle
giengen. „Eben jezt, ſagte Harprecht unter¬
wegs, Tanz- und Klavierſchule bei Knol und
alle meine Toͤchter.“

Es wird nicht unter der Wuͤrde der Geſchich¬
te ſein, hier anzumerken, daß Harprecht und
Knol ſich ein einziges Spinet als eine Finger-
Tenne und Palaͤſtra fuͤr ihre Jugend und deren
parzielle Gymnaſtik, ein paſſives Hammerwerk
fuͤr ihr aktives, gemeinſchaftlich beſtanden von
einem alten Kanzelliſten, und daß das Spinet
alternirend von einem Semeſter zum andern in
den Haͤuſern beider Dioſkuren ſtand. Harprecht
hatte ſogar den Curas und Meidinger aus der
Gymnaſiumsbibliothek fuͤr die galliſchen Stunden
ſeiner Toͤchter geborgt, und ſagte, er ſchaͤme ſich
deſſen gar nicht.

Der kuͤrzere Weg zum Fiſkal gieng durch
gruͤne, rothe, blaue, bunte Gaͤrten, denen der
Vor-Herbſt ſchon die Fruͤchte faͤrbte vor den
Blaͤttern; und Walt, dem die Veſper-Son¬
ne ſo warmfreundlich ins Angeſicht fiel, ſehnte

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[48/0056] die Hand, und ſagte, einen ſolchen jungen Mann haͤtt' er laͤngſt zu finden gewuͤnſcht; und alle giengen. „Eben jezt, ſagte Harprecht unter¬ wegs, Tanz- und Klavierſchule bei Knol und alle meine Toͤchter.“ Es wird nicht unter der Wuͤrde der Geſchich¬ te ſein, hier anzumerken, daß Harprecht und Knol ſich ein einziges Spinet als eine Finger- Tenne und Palaͤſtra fuͤr ihre Jugend und deren parzielle Gymnaſtik, ein paſſives Hammerwerk fuͤr ihr aktives, gemeinſchaftlich beſtanden von einem alten Kanzelliſten, und daß das Spinet alternirend von einem Semeſter zum andern in den Haͤuſern beider Dioſkuren ſtand. Harprecht hatte ſogar den Curas und Meidinger aus der Gymnaſiumsbibliothek fuͤr die galliſchen Stunden ſeiner Toͤchter geborgt, und ſagte, er ſchaͤme ſich deſſen gar nicht. Der kuͤrzere Weg zum Fiſkal gieng durch gruͤne, rothe, blaue, bunte Gaͤrten, denen der Vor-Herbſt ſchon die Fruͤchte faͤrbte vor den Blaͤttern; und Walt, dem die Veſper-Son¬ ne ſo warmfreundlich ins Angeſicht fiel, ſehnte

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/56>, abgerufen am 24.11.2024.