Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

war seelig und alles und redseelig und schrieb
erstlich: hier das begehrte Darlehn doppelt, was
gestern von Kabel für das Stimmen eingelaufen
-- dann schrieb er die köstlichen Hoffnungen auf
Klothar -- zugleich die Strekverse auf den Gra¬
fen -- die bisherigen Presgänge und Kesseljag¬
den nach diesem -- die Träume vom morgen¬
den Flötengetakt und von der Zukunft eines frei¬
ern Bruder-Lebens ohne Blindheit -- und den
Verlust von 32 Beeten.

Es fürchte doch immer der Mensch die in¬
nerste Entzückung, er glaube nur nie ganz toll,
es werde jemals ein so leiser sanfter Himmels-
Thau wie sie ist, auf der stürmischen Erde und
in ihren Windklüften die seltenen Windstillen fin¬
den, worinn allein er sich in feste ofne Blumen¬
kelche einsenkt, gleichsam die helle gediegne Perle
aus dem grauen Wolken-Meer. Sondern der
Mensch erwarte, daß er den zweiten Brief so¬
gleich erhalten werde, den Vult an Walt in fol¬
gender Stimmung schrieb:

Vult hatte sich nämlich seit dem gestrigen
Anblicke des Bruders mit ganz frischer Liebe für

war ſeelig und alles und redſeelig und ſchrieb
erſtlich: hier das begehrte Darlehn doppelt, was
geſtern von Kabel fuͤr das Stimmen eingelaufen
— dann ſchrieb er die koͤſtlichen Hoffnungen auf
Klothar — zugleich die Strekverſe auf den Gra¬
fen — die bisherigen Presgaͤnge und Keſſeljag¬
den nach dieſem — die Traͤume vom morgen¬
den Floͤtengetakt und von der Zukunft eines frei¬
ern Bruder-Lebens ohne Blindheit — und den
Verluſt von 32 Beeten.

Es fuͤrchte doch immer der Menſch die in¬
nerſte Entzuͤckung, er glaube nur nie ganz toll,
es werde jemals ein ſo leiſer ſanfter Himmels-
Thau wie ſie iſt, auf der ſtuͤrmiſchen Erde und
in ihren Windkluͤften die ſeltenen Windſtillen fin¬
den, worinn allein er ſich in feſte ofne Blumen¬
kelche einſenkt, gleichſam die helle gediegne Perle
aus dem grauen Wolken-Meer. Sondern der
Menſch erwarte, daß er den zweiten Brief ſo¬
gleich erhalten werde, den Vult an Walt in fol¬
gender Stimmung ſchrieb:

Vult hatte ſich naͤmlich ſeit dem geſtrigen
Anblicke des Bruders mit ganz friſcher Liebe fuͤr

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0064" n="56"/>
war &#x017F;eelig und alles und red&#x017F;eelig und &#x017F;chrieb<lb/>
er&#x017F;tlich: hier das begehrte Darlehn doppelt, was<lb/>
ge&#x017F;tern von Kabel fu&#x0364;r das Stimmen eingelaufen<lb/>
&#x2014; dann &#x017F;chrieb er die ko&#x0364;&#x017F;tlichen Hoffnungen auf<lb/>
Klothar &#x2014; zugleich die Strekver&#x017F;e auf den Gra¬<lb/>
fen &#x2014; die bisherigen Presga&#x0364;nge und Ke&#x017F;&#x017F;eljag¬<lb/>
den nach die&#x017F;em &#x2014; die Tra&#x0364;ume vom morgen¬<lb/>
den Flo&#x0364;tengetakt und von der Zukunft eines frei¬<lb/>
ern Bruder-Lebens ohne Blindheit &#x2014; und den<lb/>
Verlu&#x017F;t von 32 Beeten.</p><lb/>
        <p>Es fu&#x0364;rchte doch immer der Men&#x017F;ch die in¬<lb/>
ner&#x017F;te Entzu&#x0364;ckung, er glaube nur nie ganz toll,<lb/>
es werde jemals ein &#x017F;o lei&#x017F;er &#x017F;anfter Himmels-<lb/>
Thau wie &#x017F;ie i&#x017F;t, auf der &#x017F;tu&#x0364;rmi&#x017F;chen Erde und<lb/>
in ihren Windklu&#x0364;ften die &#x017F;eltenen Wind&#x017F;tillen fin¬<lb/>
den, worinn allein er &#x017F;ich in fe&#x017F;te ofne Blumen¬<lb/>
kelche ein&#x017F;enkt, gleich&#x017F;am die helle gediegne Perle<lb/>
aus dem grauen Wolken-Meer. Sondern der<lb/>
Men&#x017F;ch erwarte, daß er den zweiten Brief &#x017F;<lb/>
gleich erhalten werde, den Vult an Walt in fol¬<lb/>
gender Stimmung &#x017F;chrieb:</p><lb/>
        <p>Vult hatte &#x017F;ich na&#x0364;mlich &#x017F;eit dem ge&#x017F;trigen<lb/>
Anblicke des Bruders mit ganz fri&#x017F;cher Liebe fu&#x0364;r<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0064] war ſeelig und alles und redſeelig und ſchrieb erſtlich: hier das begehrte Darlehn doppelt, was geſtern von Kabel fuͤr das Stimmen eingelaufen — dann ſchrieb er die koͤſtlichen Hoffnungen auf Klothar — zugleich die Strekverſe auf den Gra¬ fen — die bisherigen Presgaͤnge und Keſſeljag¬ den nach dieſem — die Traͤume vom morgen¬ den Floͤtengetakt und von der Zukunft eines frei¬ ern Bruder-Lebens ohne Blindheit — und den Verluſt von 32 Beeten. Es fuͤrchte doch immer der Menſch die in¬ nerſte Entzuͤckung, er glaube nur nie ganz toll, es werde jemals ein ſo leiſer ſanfter Himmels- Thau wie ſie iſt, auf der ſtuͤrmiſchen Erde und in ihren Windkluͤften die ſeltenen Windſtillen fin¬ den, worinn allein er ſich in feſte ofne Blumen¬ kelche einſenkt, gleichſam die helle gediegne Perle aus dem grauen Wolken-Meer. Sondern der Menſch erwarte, daß er den zweiten Brief ſo¬ gleich erhalten werde, den Vult an Walt in fol¬ gender Stimmung ſchrieb: Vult hatte ſich naͤmlich ſeit dem geſtrigen Anblicke des Bruders mit ganz friſcher Liebe fuͤr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/64
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/64>, abgerufen am 16.05.2024.