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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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denselben versorgt, und sich besonders heimlich
mit ihm befreunden wollen durch die Bitte, ihm
vorzuschießen -- er hatte sich gute Plane voll
jauchzender Hoffnungen auf die Zeit nach dem
Sonn- und Konzert-Tag entworfen und sich
gesagt: "sobald ich nur sehe, was ich gleich nach
dem Konzerte thue, so fallen lauter Bundes-
Feste des Zusammenlebens und -schreibens vor
und mein versiegelter Brief an ihn wird täglich
dümmer" -- er war, wie oft, aus seinem eig¬
nen Himmels- sein Höllenstürmer gewor¬
den -- er hatt' es recht tapfer gefühlt, daß ei¬
nige fliegende Winter des Herzens, den fliegenden
Sommern so ähnlich, dessen freudige Wärme
nicht mehr wegnehmen als Eisstücke an den
Ufern den Lenz.

So bekam er Walts obiges Freudengeschrei
und Schreiben an einen Bruder, der so lange als
blinder Mann zu Hause gesessen -- gegen dessen
Unsichtbarkeit der andere sich noch so wenig ge¬
sträubt -- auf welchen dieser noch kein einziges
Strek-Gedicht gemacht, obwohl auf den frem¬
den Narren zwei oder drei -- kurz an einen

Flegeljahre II. Bd. 5

denſelben verſorgt, und ſich beſonders heimlich
mit ihm befreunden wollen durch die Bitte, ihm
vorzuſchießen — er hatte ſich gute Plane voll
jauchzender Hoffnungen auf die Zeit nach dem
Sonn- und Konzert-Tag entworfen und ſich
geſagt: „ſobald ich nur ſehe, was ich gleich nach
dem Konzerte thue, ſo fallen lauter Bundes-
Feſte des Zuſammenlebens und -ſchreibens vor
und mein verſiegelter Brief an ihn wird taͤglich
duͤmmer“ — er war, wie oft, aus ſeinem eig¬
nen Himmels- ſein Hoͤllenſtuͤrmer gewor¬
den — er hatt' es recht tapfer gefuͤhlt, daß ei¬
nige fliegende Winter des Herzens, den fliegenden
Sommern ſo aͤhnlich, deſſen freudige Waͤrme
nicht mehr wegnehmen als Eisſtuͤcke an den
Ufern den Lenz.

So bekam er Walts obiges Freudengeſchrei
und Schreiben an einen Bruder, der ſo lange als
blinder Mann zu Hauſe geſeſſen — gegen deſſen
Unſichtbarkeit der andere ſich noch ſo wenig ge¬
ſtraͤubt — auf welchen dieſer noch kein einziges
Strek-Gedicht gemacht, obwohl auf den frem¬
den Narren zwei oder drei — kurz an einen

Flegeljahre II. Bd. 5
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[57/0065] denſelben verſorgt, und ſich beſonders heimlich mit ihm befreunden wollen durch die Bitte, ihm vorzuſchießen — er hatte ſich gute Plane voll jauchzender Hoffnungen auf die Zeit nach dem Sonn- und Konzert-Tag entworfen und ſich geſagt: „ſobald ich nur ſehe, was ich gleich nach dem Konzerte thue, ſo fallen lauter Bundes- Feſte des Zuſammenlebens und -ſchreibens vor und mein verſiegelter Brief an ihn wird taͤglich duͤmmer“ — er war, wie oft, aus ſeinem eig¬ nen Himmels- ſein Hoͤllenſtuͤrmer gewor¬ den — er hatt' es recht tapfer gefuͤhlt, daß ei¬ nige fliegende Winter des Herzens, den fliegenden Sommern ſo aͤhnlich, deſſen freudige Waͤrme nicht mehr wegnehmen als Eisſtuͤcke an den Ufern den Lenz. So bekam er Walts obiges Freudengeſchrei und Schreiben an einen Bruder, der ſo lange als blinder Mann zu Hauſe geſeſſen — gegen deſſen Unſichtbarkeit der andere ſich noch ſo wenig ge¬ ſtraͤubt — auf welchen dieſer noch kein einziges Strek-Gedicht gemacht, obwohl auf den frem¬ den Narren zwei oder drei — kurz an einen Flegeljahre II. Bd. 5

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/65>, abgerufen am 21.11.2024.