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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804.

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wäre dieses belasteter als in der Jugend? -- Aber
ferner: der Bauer trägt eben so viele Ideen in
seinem Gedächtnis als der Gelehrte, nur ande¬
re, Sachen, Bäume, Aecker, Menschen. Ueber¬
ladung des Gedächtnisses kann also nichts heißen
als versäumte Kultur anderer Kräfte."

Glanz äusserte, man könne bei den End¬
absichten leicht sich Voltairens Spotte ausse¬
zen, daß die Nase für die Brille geschaffen sei.

Klothar versezte: "Und das ist die Nase
auch: sobald alle Kräfte einer Welt berechnet
wurden, muste auch die Kraft in Anschlag kom¬
men, Gläser zu schleifen."

Glanz äusserte: er sei ja dafür und finde in
allen seinen gedruckten Reden in der künstlichen
Weltordnung einen unendlichen Verstand.

Klothar fragte: Was soll gedachter Ver¬
stand dabei sein?

Glanz äusserte: "die Ursache."

Jener entgegnete: "jede künstliche Ordnung,
z. B. im Körperbau, erklären Sie doch jezt
aus blinden Kräften, nicht aus einer fremden
Schöpfung, diese Kräfte wieder aus blinden,

waͤre dieſes belaſteter als in der Jugend? — Aber
ferner: der Bauer traͤgt eben ſo viele Ideen in
ſeinem Gedaͤchtnis als der Gelehrte, nur ande¬
re, Sachen, Baͤume, Aecker, Menſchen. Ueber¬
ladung des Gedaͤchtniſſes kann alſo nichts heißen
als verſaͤumte Kultur anderer Kraͤfte.“

Glanz aͤuſſerte, man koͤnne bei den End¬
abſichten leicht ſich Voltairens Spotte ausſe¬
zen, daß die Naſe fuͤr die Brille geſchaffen ſei.

Klothar verſezte: „Und das iſt die Naſe
auch: ſobald alle Kraͤfte einer Welt berechnet
wurden, muſte auch die Kraft in Anſchlag kom¬
men, Glaͤſer zu ſchleifen.“

Glanz aͤuſſerte: er ſei ja dafuͤr und finde in
allen ſeinen gedruckten Reden in der kuͤnſtlichen
Weltordnung einen unendlichen Verſtand.

Klothar fragte: Was ſoll gedachter Ver¬
ſtand dabei ſein?

Glanz aͤuſſerte: „die Urſache.“

Jener entgegnete: „jede kuͤnſtliche Ordnung,
z. B. im Koͤrperbau, erklaͤren Sie doch jezt
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[81/0089] waͤre dieſes belaſteter als in der Jugend? — Aber ferner: der Bauer traͤgt eben ſo viele Ideen in ſeinem Gedaͤchtnis als der Gelehrte, nur ande¬ re, Sachen, Baͤume, Aecker, Menſchen. Ueber¬ ladung des Gedaͤchtniſſes kann alſo nichts heißen als verſaͤumte Kultur anderer Kraͤfte.“ Glanz aͤuſſerte, man koͤnne bei den End¬ abſichten leicht ſich Voltairens Spotte ausſe¬ zen, daß die Naſe fuͤr die Brille geſchaffen ſei. Klothar verſezte: „Und das iſt die Naſe auch: ſobald alle Kraͤfte einer Welt berechnet wurden, muſte auch die Kraft in Anſchlag kom¬ men, Glaͤſer zu ſchleifen.“ Glanz aͤuſſerte: er ſei ja dafuͤr und finde in allen ſeinen gedruckten Reden in der kuͤnſtlichen Weltordnung einen unendlichen Verſtand. Klothar fragte: Was ſoll gedachter Ver¬ ſtand dabei ſein? Glanz aͤuſſerte: „die Urſache.“ Jener entgegnete: „jede kuͤnſtliche Ordnung, z. B. im Koͤrperbau, erklaͤren Sie doch jezt aus blinden Kraͤften, nicht aus einer fremden Schoͤpfung, dieſe Kraͤfte wieder aus blinden,

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 2. Tübingen, 1804, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre02_1804/89>, abgerufen am 24.11.2024.