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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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das Oberfenster auf, und fragte einige Akteurs,
ob sie ein Ei durch das Fenster zu werfen sich ge¬
traueten. "Warum?" sagte der eine, "Warum
nicht?" der andere. Die Maske machte aber
mit etwas Verstektem in der Hand einige Linien
in die Luft und versezte kalt: "jezt vielleicht kei¬
ner mehr!" Er wolle alle Eier zweifach bezah¬
len, sobald einer nur eines durchwerfe, sagt' er.
Ein Akteur nach dem andern schleuderte -- alle
Eier fuhren schief -- die Maske verdoppelte den
Preis der Aufgabe -- es war unmöglich --
Walt, der sonst auf dem Lande so oft in die
Schleudertasche gegriffen, that die Geldtasche auf
und bombardirte gleichfalls mit einem Groschen
Eier -- eben so gut hätt' er eine Bombe gewor¬
fen ohne Mörser -- Eine ganze Bruttafel und
Poularderie von Dottern floß von den Fenstern
hernieder.

"Es ist gut, sagte die, Maske; aber noch
bis morgen Abend um diese Zeit bleibt die Eier¬
feindliche Kraft im Fenster; dann kann jeder
durchwerfen" -- und so gieng er hinaus. Der
Wirth lächelte, ohne sonderlich zu bewundern

das Oberfenſter auf, und fragte einige Akteurs,
ob ſie ein Ei durch das Fenſter zu werfen ſich ge¬
traueten. „Warum?“ ſagte der eine, „Warum
nicht?“ der andere. Die Maſke machte aber
mit etwas Verſtektem in der Hand einige Linien
in die Luft und verſezte kalt: „jezt vielleicht kei¬
ner mehr!“ Er wolle alle Eier zweifach bezah¬
len, ſobald einer nur eines durchwerfe, ſagt' er.
Ein Akteur nach dem andern ſchleuderte — alle
Eier fuhren ſchief — die Maſke verdoppelte den
Preis der Aufgabe — es war unmoͤglich —
Walt, der ſonſt auf dem Lande ſo oft in die
Schleudertaſche gegriffen, that die Geldtaſche auf
und bombardirte gleichfalls mit einem Groſchen
Eier — eben ſo gut haͤtt' er eine Bombe gewor¬
fen ohne Moͤrſer — Eine ganze Bruttafel und
Poularderie von Dottern floß von den Fenſtern
hernieder.

„Es iſt gut, ſagte die, Maſke; aber noch
bis morgen Abend um dieſe Zeit bleibt die Eier¬
feindliche Kraft im Fenſter; dann kann jeder
durchwerfen“ — und ſo gieng er hinaus. Der
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[122/0130] das Oberfenſter auf, und fragte einige Akteurs, ob ſie ein Ei durch das Fenſter zu werfen ſich ge¬ traueten. „Warum?“ ſagte der eine, „Warum nicht?“ der andere. Die Maſke machte aber mit etwas Verſtektem in der Hand einige Linien in die Luft und verſezte kalt: „jezt vielleicht kei¬ ner mehr!“ Er wolle alle Eier zweifach bezah¬ len, ſobald einer nur eines durchwerfe, ſagt' er. Ein Akteur nach dem andern ſchleuderte — alle Eier fuhren ſchief — die Maſke verdoppelte den Preis der Aufgabe — es war unmoͤglich — Walt, der ſonſt auf dem Lande ſo oft in die Schleudertaſche gegriffen, that die Geldtaſche auf und bombardirte gleichfalls mit einem Groſchen Eier — eben ſo gut haͤtt' er eine Bombe gewor¬ fen ohne Moͤrſer — Eine ganze Bruttafel und Poularderie von Dottern floß von den Fenſtern hernieder. „Es iſt gut, ſagte die, Maſke; aber noch bis morgen Abend um dieſe Zeit bleibt die Eier¬ feindliche Kraft im Fenſter; dann kann jeder durchwerfen“ — und ſo gieng er hinaus. Der Wirth laͤchelte, ohne ſonderlich zu bewundern

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/130>, abgerufen am 27.11.2024.