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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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Geister, wo die Sphinxe und Masken liegen
und gehen, und nicht einmal sich selber erblicken,
schien mit der Larve herausgetreten zu sein ins
Sommerlicht des Lebens."

Da es acht Uhr schlug, gieng die Larve
hinaus -- Walt gieng zitternd-kühn ihr nach
-- im Garten des Wirthshauses war ein Kegel¬
schub und der Notar sah (wobei er mäßig zu er¬
starren anfieng) wirklich die Larve einen Stab
in einen Maulwurfshügel stecken. Kaum war
sie zurück und weg, so nahm er den Stab als
ein Streichholz und rahmte so zu sagen den Hü¬
gel wie Milch ab -- -- Die Sahne einiger ver¬
rosteten Friedrichsd'or konnt' er wirklich einschöp¬
fen mit dem Löffel.

Die wenigen haltbaren Gründe, warum der
Notar nicht auf die Stelle fiel, und in Ohn¬
macht, bringt er selber bei im Tagebuch, wo
man sie weitläuftiger nachlesen kann; obgleich
zwei schon viel erklären; -- nämlich der, daß
er ein Strom war, der gegen die stärkste Gegen¬
wart heftig anschlug, indeß ihn blos der auflö¬
sende Luft-Himmel der Zukunft dünn und ver¬

Geiſter, wo die Sphinxe und Maſken liegen
und gehen, und nicht einmal ſich ſelber erblicken,
ſchien mit der Larve herausgetreten zu ſein ins
Sommerlicht des Lebens.“

Da es acht Uhr ſchlug, gieng die Larve
hinaus — Walt gieng zitternd-kuͤhn ihr nach
— im Garten des Wirthshauſes war ein Kegel¬
ſchub und der Notar ſah (wobei er maͤßig zu er¬
ſtarren anfieng) wirklich die Larve einen Stab
in einen Maulwurfshuͤgel ſtecken. Kaum war
ſie zuruͤck und weg, ſo nahm er den Stab als
ein Streichholz und rahmte ſo zu ſagen den Huͤ¬
gel wie Milch ab — — Die Sahne einiger ver¬
roſteten Friedrichsd'or konnt' er wirklich einſchoͤp¬
fen mit dem Loͤffel.

Die wenigen haltbaren Gruͤnde, warum der
Notar nicht auf die Stelle fiel, und in Ohn¬
macht, bringt er ſelber bei im Tagebuch, wo
man ſie weitlaͤuftiger nachleſen kann; obgleich
zwei ſchon viel erklaͤren; — naͤmlich der, daß
er ein Strom war, der gegen die ſtaͤrkſte Gegen¬
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[131/0139] Geiſter, wo die Sphinxe und Maſken liegen und gehen, und nicht einmal ſich ſelber erblicken, ſchien mit der Larve herausgetreten zu ſein ins Sommerlicht des Lebens.“ Da es acht Uhr ſchlug, gieng die Larve hinaus — Walt gieng zitternd-kuͤhn ihr nach — im Garten des Wirthshauſes war ein Kegel¬ ſchub und der Notar ſah (wobei er maͤßig zu er¬ ſtarren anfieng) wirklich die Larve einen Stab in einen Maulwurfshuͤgel ſtecken. Kaum war ſie zuruͤck und weg, ſo nahm er den Stab als ein Streichholz und rahmte ſo zu ſagen den Huͤ¬ gel wie Milch ab — — Die Sahne einiger ver¬ roſteten Friedrichsd'or konnt' er wirklich einſchoͤp¬ fen mit dem Loͤffel. Die wenigen haltbaren Gruͤnde, warum der Notar nicht auf die Stelle fiel, und in Ohn¬ macht, bringt er ſelber bei im Tagebuch, wo man ſie weitlaͤuftiger nachleſen kann; obgleich zwei ſchon viel erklaͤren; — naͤmlich der, daß er ein Strom war, der gegen die ſtaͤrkſte Gegen¬ wart heftig anſchlug, indeß ihn blos der aufloͤ¬ ſende Luft-Himmel der Zukunft duͤnn und ver¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/139>, abgerufen am 27.11.2024.