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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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Stube seinen beständigen Hin- und Herweg, wie
durch ein Kornfeld, streifte oft an Chemisen vor¬
bei, stand vor manchen Gruppen still, und lä¬
chelte kühn genug in fremdes Gespräch hinein.
Izt trat die Blauäugige, welche keine Manns¬
handschuhe gekauft, in's Zimmer. Der Direkteur
der Truppe schnaubte öffentlich Winen (so ver¬
kürzt' er Jako-bine) hart an, weil sie ihm zu
theuere Handschuhe mitgebracht. Mit Vergnü¬
gen entschuldigte Walt innerlich ihren Handels¬
geist mit der alten Theater-Einrichtung solcher
Truppen, daß sie nichts übrig haben, und daß
aller Goldstaub nur Geigenharzpulver ist, das
man in ihr Feuer wirft. Das Mädgen heftete,
während der rohe Direkteur um sie donnerte, die
heitersten Blicke auf den Notarius, und sagte
endlich, der Herr da möge doch den Ausspruch
thun und zeugen. Er thats und zeugte stark.

Aber der Donnerer wurde wenig erschüttert.
Da trat die Maske wieder ein. Walt scheuete
seinen bösen Genius. Sie schien ihn wenig zu
bemerken, aber desto mehr den geizigen Prinzipal.
Endlich brachte sie es durch leises Disputiren da¬

Stube ſeinen beſtaͤndigen Hin- und Herweg, wie
durch ein Kornfeld, ſtreifte oft an Chemiſen vor¬
bei, ſtand vor manchen Gruppen ſtill, und laͤ¬
chelte kuͤhn genug in fremdes Geſpraͤch hinein.
Izt trat die Blauaͤugige, welche keine Manns¬
handſchuhe gekauft, in's Zimmer. Der Direkteur
der Truppe ſchnaubte oͤffentlich Winen (ſo ver¬
kuͤrzt' er Jako-bine) hart an, weil ſie ihm zu
theuere Handſchuhe mitgebracht. Mit Vergnuͤ¬
gen entſchuldigte Walt innerlich ihren Handels¬
geiſt mit der alten Theater-Einrichtung ſolcher
Truppen, daß ſie nichts uͤbrig haben, und daß
aller Goldſtaub nur Geigenharzpulver iſt, das
man in ihr Feuer wirft. Das Maͤdgen heftete,
waͤhrend der rohe Direkteur um ſie donnerte, die
heiterſten Blicke auf den Notarius, und ſagte
endlich, der Herr da moͤge doch den Ausſpruch
thun und zeugen. Er thats und zeugte ſtark.

Aber der Donnerer wurde wenig erſchuͤttert.
Da trat die Maske wieder ein. Walt ſcheuete
ſeinen boͤſen Genius. Sie ſchien ihn wenig zu
bemerken, aber deſto mehr den geizigen Prinzipal.
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[140/0148] Stube ſeinen beſtaͤndigen Hin- und Herweg, wie durch ein Kornfeld, ſtreifte oft an Chemiſen vor¬ bei, ſtand vor manchen Gruppen ſtill, und laͤ¬ chelte kuͤhn genug in fremdes Geſpraͤch hinein. Izt trat die Blauaͤugige, welche keine Manns¬ handſchuhe gekauft, in's Zimmer. Der Direkteur der Truppe ſchnaubte oͤffentlich Winen (ſo ver¬ kuͤrzt' er Jako-bine) hart an, weil ſie ihm zu theuere Handſchuhe mitgebracht. Mit Vergnuͤ¬ gen entſchuldigte Walt innerlich ihren Handels¬ geiſt mit der alten Theater-Einrichtung ſolcher Truppen, daß ſie nichts uͤbrig haben, und daß aller Goldſtaub nur Geigenharzpulver iſt, das man in ihr Feuer wirft. Das Maͤdgen heftete, waͤhrend der rohe Direkteur um ſie donnerte, die heiterſten Blicke auf den Notarius, und ſagte endlich, der Herr da moͤge doch den Ausſpruch thun und zeugen. Er thats und zeugte ſtark. Aber der Donnerer wurde wenig erſchuͤttert. Da trat die Maske wieder ein. Walt ſcheuete ſeinen boͤſen Genius. Sie ſchien ihn wenig zu bemerken, aber deſto mehr den geizigen Prinzipal. Endlich brachte ſie es durch leiſes Diſputiren da¬

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/148>, abgerufen am 27.11.2024.