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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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Mädgen, ein Unglück, wogegen er lieber sich
von der zweiten Fama's-Trompete jagdgerecht
anblasen liesse, um nur das Weib zu retten; --
-- und er wuste kaum, ob er nicht aus der Stu¬
be so lange unvermerkt entflüchten sollte, bis
die Aktrize in ihre heimgegangen.

Sie hörte drei Seufzer -- fuhr um -- er
stand da -- sie entschuldigte sich sehr, (zu sei¬
ner Lust, da er gefürchtet, er habe sein eignes
Dasein zu exkusiren) daß sie in ein beseztes
Zimmer gekommen, das ihr, da es ohne Nacht¬
riegel gewesen, frei geschienen. -- Er schwur,
niemand habe weniger dawider als er; -- aber
Jakobinens Reinheit glaubte sich damit noch
nicht rein gewaschen, sie fuhr fort, und stellt'
ihm unter dem musikalischen Getöse, so laut sie
konnte, vor, wie sie denke, wie ihr Nachtmusik
in Mark und Bein fahre, an Fast- und Freitä¬
gen ganz besonders, weil da vielleicht ihr Ner¬
vensystem viel rührbarer sei, und wie dergleichen
sie nie unter dem Bette lasse, sondern wie sie
die erste beste Wasch-Serviette (sie hatte eine

Flegeljahre III. Bd. 13

Maͤdgen, ein Ungluͤck, wogegen er lieber ſich
von der zweiten Fama's-Trompete jagdgerecht
anblaſen lieſſe, um nur das Weib zu retten; —
— und er wuſte kaum, ob er nicht aus der Stu¬
be ſo lange unvermerkt entfluͤchten ſollte, bis
die Aktrize in ihre heimgegangen.

Sie hoͤrte drei Seufzer — fuhr um — er
ſtand da — ſie entſchuldigte ſich ſehr, (zu ſei¬
ner Luſt, da er gefuͤrchtet, er habe ſein eignes
Daſein zu exkuſiren) daß ſie in ein beſeztes
Zimmer gekommen, das ihr, da es ohne Nacht¬
riegel geweſen, frei geſchienen. — Er ſchwur,
niemand habe weniger dawider als er; — aber
Jakobinens Reinheit glaubte ſich damit noch
nicht rein gewaſchen, ſie fuhr fort, und ſtellt'
ihm unter dem muſikaliſchen Getoͤſe, ſo laut ſie
konnte, vor, wie ſie denke, wie ihr Nachtmuſik
in Mark und Bein fahre, an Faſt- und Freitaͤ¬
gen ganz beſonders, weil da vielleicht ihr Ner¬
venſyſtem viel ruͤhrbarer ſei, und wie dergleichen
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Flegeljahre III. Bd. 13
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[193/0201] Maͤdgen, ein Ungluͤck, wogegen er lieber ſich von der zweiten Fama's-Trompete jagdgerecht anblaſen lieſſe, um nur das Weib zu retten; — — und er wuſte kaum, ob er nicht aus der Stu¬ be ſo lange unvermerkt entfluͤchten ſollte, bis die Aktrize in ihre heimgegangen. Sie hoͤrte drei Seufzer — fuhr um — er ſtand da — ſie entſchuldigte ſich ſehr, (zu ſei¬ ner Luſt, da er gefuͤrchtet, er habe ſein eignes Daſein zu exkuſiren) daß ſie in ein beſeztes Zimmer gekommen, das ihr, da es ohne Nacht¬ riegel geweſen, frei geſchienen. — Er ſchwur, niemand habe weniger dawider als er; — aber Jakobinens Reinheit glaubte ſich damit noch nicht rein gewaſchen, ſie fuhr fort, und ſtellt' ihm unter dem muſikaliſchen Getoͤſe, ſo laut ſie konnte, vor, wie ſie denke, wie ihr Nachtmuſik in Mark und Bein fahre, an Faſt- und Freitaͤ¬ gen ganz beſonders, weil da vielleicht ihr Ner¬ venſyſtem viel ruͤhrbarer ſei, und wie dergleichen ſie nie unter dem Bette laſſe, ſondern wie ſie die erſte beſte Waſch-Serviette (ſie hatte eine Flegeljahre III. Bd. 13

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/201>, abgerufen am 21.11.2024.