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Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

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diesem Briefe, der eine Art Vor- und Nachrede
vorstellen soll. Von dem geschickten Schön- und
Geschwindschreiber Halter, bisherigen Infan¬
teristen beim Regiment Churprinz -- der zum
Glücke des elend geschriebenen Manuskripts ge¬
rade in diesem Monat aus Bregenz mit freund¬
lichem Abschied und gesunder Schreib-Hand nach
Hause an das Schreibpult kam, nachdem er
über 4 Jahre sich auf mehreren Schlachtfeldern
mit den Franzosen gemessen und geschlagen --
von diesem sind, darf ich hoffen, sowohl die 3
Bände als dieser Brief so gut geschrieben, daß
sie sich lesen lassen; folglich setzen und rezensieren
ohnehin.

Will ich mich über das Werk hier bis zu
einem gewissem Grade äussern: so müssen eini¬
ge allgemeine Sentenzen und Gnomen voraus¬
gehen:

Nicht nur zu einer Perüke, auch zu einem
Kopfe gehören mehrere Köpfe --

Ferner: Jedem muß seine Nase in seinen
Augen viel grösser und verklärter, ja durchsich¬
tiger erscheinen als seinem Nebenmenschen, weil

dieſem Briefe, der eine Art Vor- und Nachrede
vorſtellen ſoll. Von dem geſchickten Schoͤn- und
Geſchwindſchreiber Halter, bisherigen Infan¬
teriſten beim Regiment Churprinz — der zum
Gluͤcke des elend geſchriebenen Manuſkripts ge¬
rade in dieſem Monat aus Bregenz mit freund¬
lichem Abſchied und geſunder Schreib-Hand nach
Hauſe an das Schreibpult kam, nachdem er
uͤber 4 Jahre ſich auf mehreren Schlachtfeldern
mit den Franzoſen gemeſſen und geſchlagen —
von dieſem ſind, darf ich hoffen, ſowohl die 3
Baͤnde als dieſer Brief ſo gut geſchrieben, daß
ſie ſich leſen laſſen; folglich ſetzen und rezenſieren
ohnehin.

Will ich mich uͤber das Werk hier bis zu
einem gewiſſem Grade aͤuſſern: ſo muͤſſen eini¬
ge allgemeine Sentenzen und Gnomen voraus¬
gehen:

Nicht nur zu einer Peruͤke, auch zu einem
Kopfe gehoͤren mehrere Koͤpfe —

Ferner: Jedem muß ſeine Naſe in ſeinen
Augen viel groͤſſer und verklaͤrter, ja durchſich¬
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[210/0218] dieſem Briefe, der eine Art Vor- und Nachrede vorſtellen ſoll. Von dem geſchickten Schoͤn- und Geſchwindſchreiber Halter, bisherigen Infan¬ teriſten beim Regiment Churprinz — der zum Gluͤcke des elend geſchriebenen Manuſkripts ge¬ rade in dieſem Monat aus Bregenz mit freund¬ lichem Abſchied und geſunder Schreib-Hand nach Hauſe an das Schreibpult kam, nachdem er uͤber 4 Jahre ſich auf mehreren Schlachtfeldern mit den Franzoſen gemeſſen und geſchlagen — von dieſem ſind, darf ich hoffen, ſowohl die 3 Baͤnde als dieſer Brief ſo gut geſchrieben, daß ſie ſich leſen laſſen; folglich ſetzen und rezenſieren ohnehin. Will ich mich uͤber das Werk hier bis zu einem gewiſſem Grade aͤuſſern: ſo muͤſſen eini¬ ge allgemeine Sentenzen und Gnomen voraus¬ gehen: Nicht nur zu einer Peruͤke, auch zu einem Kopfe gehoͤren mehrere Koͤpfe — Ferner: Jedem muß ſeine Naſe in ſeinen Augen viel groͤſſer und verklaͤrter, ja durchſich¬ tiger erſcheinen als ſeinem Nebenmenſchen, weil

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Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/218>, abgerufen am 21.11.2024.