Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.

Bild:
<< vorherige Seite

dieser sie mit andern Augen, und aus einem
viel fernern Standpunkte ansieht --

Weiter: die meisten jezigen Biographen
(worunter auch die Romanciers gehören) haben
den Spinnen wohl das Spinnen, aber nicht
das Weben abgesehen --

Ferner: die Verdauung spüren, heisset eben
keine spüren, sondern vielmehr Unverdaulich¬
keiten --

Weiter: zur zweiten bessern Welt, worauf
alle Welt aus ist und aufsieht, gehöret auch der
Höllenpfuhl sammt Teufeln --

Ferner: der Schatte und die Nacht sehen weit
mehr als Gestalten und Wirklichkeit aus, als das
Tageslicht, das doch nur allein existieret, und
jene scheinen lässet --

Und zulezt: man reiche dem Leser etwas in
einer Nus, so verlangt er's noch enger als Nus-
Oel; man breche für ihn aus der steinigen Schaa¬
le eine köstliche Mandel, so will er um diese wie¬
der eine Hülse von Zucker haben -- --

Blos diese wenigen schwachen Sätze wende
ein verehrlicher Stadtrath auf das Buch und

dieſer ſie mit andern Augen, und aus einem
viel fernern Standpunkte anſieht —

Weiter: die meiſten jezigen Biographen
(worunter auch die Romanciers gehoͤren) haben
den Spinnen wohl das Spinnen, aber nicht
das Weben abgeſehen —

Ferner: die Verdauung ſpuͤren, heiſſet eben
keine ſpuͤren, ſondern vielmehr Unverdaulich¬
keiten —

Weiter: zur zweiten beſſern Welt, worauf
alle Welt aus iſt und aufſieht, gehoͤret auch der
Hoͤllenpfuhl ſammt Teufeln —

Ferner: der Schatte und die Nacht ſehen weit
mehr als Geſtalten und Wirklichkeit aus, als das
Tageslicht, das doch nur allein exiſtieret, und
jene ſcheinen laͤſſet —

Und zulezt: man reiche dem Leſer etwas in
einer Nus, ſo verlangt er's noch enger als Nus-
Oel; man breche fuͤr ihn aus der ſteinigen Schaa¬
le eine koͤſtliche Mandel, ſo will er um dieſe wie¬
der eine Huͤlſe von Zucker haben — —

Blos dieſe wenigen ſchwachen Saͤtze wende
ein verehrlicher Stadtrath auf das Buch und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0219" n="211"/>
die&#x017F;er &#x017F;ie mit andern Augen, und aus einem<lb/>
viel fernern Standpunkte an&#x017F;ieht &#x2014;</p><lb/>
        <p>Weiter: die mei&#x017F;ten jezigen Biographen<lb/>
(worunter auch die Romanciers geho&#x0364;ren) haben<lb/>
den Spinnen wohl das <hi rendition="#g">Spinnen</hi>, aber nicht<lb/>
das <hi rendition="#g">Weben</hi> abge&#x017F;ehen &#x2014;</p><lb/>
        <p>Ferner: die Verdauung &#x017F;pu&#x0364;ren, hei&#x017F;&#x017F;et eben<lb/>
keine &#x017F;pu&#x0364;ren, &#x017F;ondern vielmehr Unverdaulich¬<lb/>
keiten &#x2014;</p><lb/>
        <p>Weiter: zur zweiten be&#x017F;&#x017F;ern Welt, worauf<lb/>
alle Welt aus i&#x017F;t und auf&#x017F;ieht, geho&#x0364;ret auch der<lb/>
Ho&#x0364;llenpfuhl &#x017F;ammt Teufeln &#x2014;</p><lb/>
        <p>Ferner: der Schatte und die Nacht &#x017F;ehen weit<lb/>
mehr als Ge&#x017F;talten und Wirklichkeit aus, als das<lb/>
Tageslicht, das doch nur allein exi&#x017F;tieret, und<lb/>
jene &#x017F;cheinen la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et &#x2014;</p><lb/>
        <p>Und zulezt: man reiche dem Le&#x017F;er etwas in<lb/>
einer Nus, &#x017F;o verlangt er's noch enger als Nus-<lb/>
Oel; man breche fu&#x0364;r ihn aus der &#x017F;teinigen Schaa¬<lb/>
le eine ko&#x0364;&#x017F;tliche Mandel, &#x017F;o will er um die&#x017F;e wie¬<lb/>
der eine Hu&#x0364;l&#x017F;e von Zucker haben &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Blos die&#x017F;e wenigen &#x017F;chwachen Sa&#x0364;tze wende<lb/>
ein verehrlicher Stadtrath auf das Buch und<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[211/0219] dieſer ſie mit andern Augen, und aus einem viel fernern Standpunkte anſieht — Weiter: die meiſten jezigen Biographen (worunter auch die Romanciers gehoͤren) haben den Spinnen wohl das Spinnen, aber nicht das Weben abgeſehen — Ferner: die Verdauung ſpuͤren, heiſſet eben keine ſpuͤren, ſondern vielmehr Unverdaulich¬ keiten — Weiter: zur zweiten beſſern Welt, worauf alle Welt aus iſt und aufſieht, gehoͤret auch der Hoͤllenpfuhl ſammt Teufeln — Ferner: der Schatte und die Nacht ſehen weit mehr als Geſtalten und Wirklichkeit aus, als das Tageslicht, das doch nur allein exiſtieret, und jene ſcheinen laͤſſet — Und zulezt: man reiche dem Leſer etwas in einer Nus, ſo verlangt er's noch enger als Nus- Oel; man breche fuͤr ihn aus der ſteinigen Schaa¬ le eine koͤſtliche Mandel, ſo will er um dieſe wie¬ der eine Huͤlſe von Zucker haben — — Blos dieſe wenigen ſchwachen Saͤtze wende ein verehrlicher Stadtrath auf das Buch und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/219
Zitationshilfe: Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/paul_flegeljahre03_1804/219>, abgerufen am 21.11.2024.