Jean Paul: Flegeljahre. Bd. 3. Tübingen, 1804.nach dem Untergang der Freundschaftssonne als Er kopierte mit gespizten Ohren, weil er So glücklich gieng die Schreibstunde, und Auf den Thurmknöpfen und Parke-Gipfeln Er kopierte den zweiten Tag, stets mit der¬ Flegeljahre III. Bd. 2
nach dem Untergang der Freundſchaftsſonne als Er kopierte mit geſpizten Ohren, weil er So gluͤcklich gieng die Schreibſtunde, und Auf den Thurmknoͤpfen und Parke-Gipfeln Er kopierte den zweiten Tag, ſtets mit der¬ Flegeljahre III. Bd. 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0025" n="17"/> nach dem Untergang der Freundſchaftsſonne als<lb/> ſtiller Liebes-Heſperus fortſchimmerte.</p><lb/> <p>Er kopierte mit geſpizten Ohren, weil er<lb/> (nicht ohne alle Hoffnung) in der Furcht daſaß,<lb/> daß Wina gar in's Kabinet und an einen oder<lb/> den andern Sekretair fliege, den hoͤlzernen oder<lb/> den lebendigen. Indes kam nichts. Er uͤberleg¬<lb/> te ſehr, ob er nicht in den Wandſchrank einbre¬<lb/> chen und das himmelblaue Kleid als den blauen<lb/> Aether der fernen Sonne leicht anruͤhren ſollte mit<lb/> Hand oder mit Mund — als der General ein¬<lb/> trat, ihn erſchreckte und das Kopieren pries und<lb/> ſchlos.</p><lb/> <p>So gluͤcklich gieng die Schreibſtunde, und<lb/> die Gefahr, Wina zu ſehen, voruͤber, und er<lb/> wankte heim mit einem Kopfe, der ſich ein wenig<lb/> im Herzen vollgetrunken hatte.</p><lb/> <p>Auf den Thurmknoͤpfen und Parke-Gipfeln<lb/> lag noch ſuͤßes rothes Sonnenlicht und wekte zu¬<lb/> gleich das Sehnen und Hoffen der Menſchen in<lb/> und außer Haslau.</p><lb/> <p>Er kopierte den zweiten Tag, ſtets mit der¬<lb/> ſelben Angſt, daß Wina die Thuͤre aufmache.<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Flegeljahre <hi rendition="#aq">III</hi>. Bd. 2<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [17/0025]
nach dem Untergang der Freundſchaftsſonne als
ſtiller Liebes-Heſperus fortſchimmerte.
Er kopierte mit geſpizten Ohren, weil er
(nicht ohne alle Hoffnung) in der Furcht daſaß,
daß Wina gar in's Kabinet und an einen oder
den andern Sekretair fliege, den hoͤlzernen oder
den lebendigen. Indes kam nichts. Er uͤberleg¬
te ſehr, ob er nicht in den Wandſchrank einbre¬
chen und das himmelblaue Kleid als den blauen
Aether der fernen Sonne leicht anruͤhren ſollte mit
Hand oder mit Mund — als der General ein¬
trat, ihn erſchreckte und das Kopieren pries und
ſchlos.
So gluͤcklich gieng die Schreibſtunde, und
die Gefahr, Wina zu ſehen, voruͤber, und er
wankte heim mit einem Kopfe, der ſich ein wenig
im Herzen vollgetrunken hatte.
Auf den Thurmknoͤpfen und Parke-Gipfeln
lag noch ſuͤßes rothes Sonnenlicht und wekte zu¬
gleich das Sehnen und Hoffen der Menſchen in
und außer Haslau.
Er kopierte den zweiten Tag, ſtets mit der¬
ſelben Angſt, daß Wina die Thuͤre aufmache.
Flegeljahre III. Bd. 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |